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MPreis – Tiroler Befreiungskampf

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MPreis ist stolz auf die Architektur seiner Filialen, von denen zuletzt aber auch einige zusperren mussten.

MPreis ist stolz auf die Architektur seiner Filialen, von denen zuletzt aber auch einige zusperren mussten.

©Kathrin Auer
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Die Tiroler Supermarktkette MPreis kämpft mit stagnierenden Umsätzen und Verlusten. Nun sollen externe Manager die Kastanien für das Familienunternehmen aus dem Feuer holen und MPreis wieder zur Nummer eins in Tirol machen

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Gefühlt ganz Tirol stand diesen Sommer Kopf, als die Arbeiterkammer anprangerte, dass bei der Supermarkt-Kette MPreis kein Bargeld mehr akzeptiert werde. Tatsächlich gab es dazu bereits seit der Coronapandemie in einer MPreis-Filiale einen Pilotversuch, aber bei Filiale zwei war das Fass für die Konsumentenschützer offenbar voll und sie drohten mit Klage. Der öffentliche Druck veranlasste die Tiroler Lebensmittelhändler schließlich zu einer reumütigen Umkehr. Pilotversuch gescheitert, das Bargeld ist wieder zurück in den Filialen.

Dieses Beispiel steht symptomatisch dafür, dass in den letzten drei Jahren bei MPreis einiges unrund läuft. Das von Therese Mölk im Jahr 1920 gegründete Familienunternehmen kannte 100 Jahre eigentlich nur eine Richtung: Wachstum, Expansion, Erfolg. Doch vor rund drei Jahren begannen die Probleme. Corona und die steigenden Energiekosten setzten dem Unternehmen mehr als der Konkurrenz zu. MPreis rutschte in die roten Zahlen und verlor seine Position als Nummer eins am Tiroler Markt an den Konkurrenten Spar. Dazu kamen häufige Wechsel im Management und Managementfehler. Mit externen Experten will die Familie die Talfahrt nun beenden. Wie das gehen soll, hat der trend in der MPreis- Zentrale in Völs recherchiert.

Next Generation

2016 übernahm die vierte Generation der Familie Mölk das Ruder im Unternehmen. David, Peter Paul und Sebastian Mölk, die Urenkel der Gründerin, folgten nach dem Abgang ihrer Väter, die rund 40 Jahre die Geschicke von MPreis erfolgreich lenkten. Die Junioren übernahmen ein Unternehmen, das damals mit 5.600 Mitarbeitern an 250 Standorten, vorwiegend in Westösterreich, und einem Umsatz von 800 Millionen Euro zu den größten des Landes zählte. Österreichweit war MPreis mit vier Prozent Markanteil die Nummer fünf am Markt, in Tirol freilich die klare Nummer eins. Dazu hatte sich das Unternehmen den Ruf erwirtschaftet, nicht nur besonders expansiv, sondern auch innovativ und nachhaltig zu sein. Doch dann kam Corona, und die Talfahrt bei MPreis begann. "Der Komplettausfall des Tourismus hat uns in Tirol besonders hart getroffen", berichtet David Mölk.

Filialen in Tourismusgegenden werfen normalerweise den zehnfachen Umsatz ab. Das fiel damals natürlich weg. Auch die "Baguette-Cafés", die man in jedem größeren MPreis findet, rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigen und zehn Prozent zum Konzernumsatz beitragen, mussten schließen. Anders als andere Unternehmen fiel MPreis aber weitgehend um Corona-Förderungen um, weil: "Die Gastro und der Handel sind bei uns in einem Betrieb. Und weil der Handel geöffnet war, bekamen wir keine Fixkostenförderungen", so Mölk. Dazu legte sich auch noch die Gewerkschaft bei der Kurzarbeit quer, weil sie den Handel zu den Krisengewinnern zählte. Nur galt das aber für MPreis nicht, weil eben der Großteil der Filialen in Tourimusgegenden liegt, was dem Unternehmen enorme Umsatzeinbußen bescherte.

Der Komplettausfall des Tourismus hat uns in Tirol besonders hart getroffen.

David MölkGeschäftsführer MPreis

Um diese Zeit fingen auch die Managementwechsel im Unternehmen statt. Von drei Familienmitgliedern an der MPreis-Spitze blieb letztlich nur David in der Geschäftsführung. Die Familie Mölk entschloss sich, nach 100 Jahren erstmals auch externe Manager zu beschäftigen. Die erste war Martina Dutzler, die lange Jahre bei Aldi Süd tätig war und 2022 geholt wurde. Kurz danach folgte die Ex-Rewe-Managerin Kerstin Neumayer, die aber nur wenige Monate blieb. Seit diesem Sommer ist nun der Deutsche Ingo Panknin für den Einkauf zuständig. Auch er kommt von Aldi Süd.

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Führungstrio bei MPreis. David Mölk (l.), Martina Dutzler (M.), Ingo Panknin (r.)

 © Die Fotografen

"Der Auftrag an mich lautete, ich solle die Ertragslage von MPreis nachhaltig verbessern. Nach Corona und der Energiekrise war schnell klar, wir brauchen dafür eine größere Umstrukturierung", erzählt Dutzler. 2021 schrieb das Unternehmen erstmals in seiner Geschichte rote Zahlen. Auch 2022 fiel negativ aus, heuer soll es nicht viel besser werden. Nächstes Jahr, so Dutzler, will man dann aber wieder Gewinne schreiben. Wie das gelingen soll? "Durch Hunderte Maßnahmen in vielen Bereichen", bleibt Dutzler vage. Jedenfalls sollen Organisation und Struktur vereinfacht werden wie zuletzt bei der Zusammenlegung der Lebensmittelerzeugung der Fall.

Kampf gegen rote Zahlen

Bei diesen Maßnahmen setzte das Traditionsunternehmen aber nicht immer die feine Klinge ein. So wurde im Frühjahr ein Brief von MPreis an seine Lieferanten bekannt, in dem der Handelsriese um ein "Investment" bat, das manche Lieferanten aber als Drohung verstanden. "Vergleicht man die Margen der Händler mit jenen der Hersteller in den letzten eineinhalb Jahren, dann haben die Händler sicher schlechter performt", erläutert Panknin. Man habe jedenfalls großes Interesse, langjährig gewachsene, regionale Lieferantenbeziehungen aufrecht zu erhalten, so Panknin. Aber punktuelle Auslistungen will er nicht ausschließen. "Natürlich könnten wir uns auch dazu entschließen, wie andere multinationale Handelsunternehmen europäisch und nicht regional einzukaufen. Das würde sicher zu Kostenvorteilen führen. Aber genau das wollen wir ja nicht." Man habe sich jetzt einmal mit den Lieferanten, von denen allein 250 aus Tirol kommen, arrangiert.

Aber nicht nur der Ertrag schwächelt, vor allem aufgrund der verdreifachten Energiekosten, auch der Umsatz konnte zuletzt kaum zulegen. 2023 wird der Umsatz mit etwas mehr als einer Milliarde Euro kaum höher als 2022 ausfallen, so das Management. Die höheren Kosten könne man nur in geringem Ausmaß an die Kunden weitergeben, sagt die Geschäftsführerin und: "Der Handel leidet aktuell generell an niedrigerem Absatz. Zusätzlich gab es im Zuge der Standortoptimierungen neben Eröffnungen auch ein paar Schließungen", erläutert Dutzler das mäßige Wachstum, das auch dazu geführt hat das der österreichweite Marktanteil inzwischen nur noch bei 3,4 Prozent liegt. Insgesamt wurden 2022 und 2023 16 MPreis-Filialen, der Großteil in Kärnten, geschlossen. Weitere Schließungen sind möglich. Dutzler: "Eine Bereinigung des Portfolios ist normal. Aber eine Schließungswelle wird es sicher nicht geben."

Wir sind Tiroler für Tirol.

Martina DutzlerGeschäftsführerin MPreis

Dafür hat MPreis kürzlich angekündigt, in Südtirol expandieren zu wollen. Zu den 25 Filialen sollen in den nächsten fünf Jahren weitere zehn dazukommen. Ziel ist es, die Nummer eins im Alpenraum zu werden. Doch dazu müsste man erst einmal das Heimatland Tirol zurückerobern. "Wir sind in Tirol zwar fast in jedem Ort vertreten, aber aufgrund der Raumordnung ist es für uns schwierig zu expandieren", beklagt Mölk. Der Mitbewerb hingegen vergrößert seine bestehenden Flächen sukzessive. So wurde MPreis von Spar von der Nummer eins im heiligen Land auf Nummer zwei verdrängt. "Unsere Mitbewerber haben einen guten Job gemacht und sehr viel investiert", ergänzt Dutzler. Die zu Spar gewechselten Kunden will MPreis jetzt aber wieder zurückerobern. "Man muss den Kunden klarmachen: Wir sind Tiroler für Tirol", sagt Dutzler und: "Wir müssen den Kunden wieder einen eindeutigen Grund geben, weswegen sie zu uns kommen sollen." Nachhaltigkeit, Regionalität, Bio-Produkte und die Baguette-Cafés als Orte der Begegnung sollen als Rückeroberungsargumente dienen.

Der Preis ist heiß

Zu regionalen und operativen Schwierigkeiten bei MPreis macht auch noch die Politik dem Lebensmittelhändler das Leben schwer. Das Unternehmen, das jahrelang auf "Du und Du" mit der Tiroler Politik stand und auch Politiker im Aufsichtsrat hatte, übt nun Kritik. "Wir haben die Energiekostenzuschüsse noch nicht bekommen", sagt Mölk. Gerade in der etwas angespannten Situtation wäre das aber wichtig. Auch die nach dem Lebensmittelgipfel angekündigte Transparenzinitiative der Regierung sieht man in Völs kritisch: "Den Preis als Allheilmittel jetzt in den Fokus zu stellen, halte ich für falsch. Damit erzieht man den Kunden ja dahingehend, dass der Preis das Wichtigste ist. Wo bleibt bei all dem die Qualität aus Österreich?", fragt Panknin. Kommt es tatsächlich zu dem Preisportal, befürchtet er Verschiebungen in der Lieferantenstrukur. "Wir haben viele Jahre gebraucht, um das Qualitätsniveau bei den Produzenten aufzubauen. Das sollte nicht verloren gehen", so der MPreis-Manager.

Die Nummer fünf im LEH: MPreis in Zahlen

Umsatz 2022:

1,05 Milliarden Euro

Jahresergebnis 2022:

-11,7 Millionen Euro

Mitarbeiter:

ca. 6.000, davon 5.500 in Österreich

Filialen:

aktuell 279, davon mehr als 220 in Tirol

Zahl der Produkte:

11.000, davon 1.500 aus Tirol

Artikel aus trend. PREMUM vom 27. 10. 2023

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