Große Muskeln zum Diskonttarif: Das ist nach Corona die Maxime der Fitnessfreunde, die sich in den Fitnessturnhallen in Schwung halten wollen.
©iStockphotoDie FITNESSBRANCHE ist im Umbruch und strukturiert sich gerade neu. Dabei sind vor allem Ketten-und Diskont-Anbieter am Vormarsch.
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Lange ging es den Betreiberinnen und Betreibern von Fitnesscentern in Österreich gut. Die Zahl der Studios nahm beständig zu, detto auch die Ausdauer und Muskelkraft bei der wachsenden Kundenschar. "Die Branche ist eigentlich seit dem Jahr 2000 immer gewachsen", resümiert Christian Hörl, Branchensprecher der österreichischen Fitnessbetriebe im Fachverband Freizeit- und Sportbetriebe der WKO.
Er muss es wissen. Hörl leitet gemeinsam mit seiner Frau die Salzburger myvita-Gruppe, zu der unter anderem insgesamt 19 Standorte der Fitnesscentermarken Mygym und Mygym Prime gehören. Wenig überraschend brachte die Coronapandemie einen Umsatzeinbruch. Die Mitglieder blieben aus. "Mittlerweile sind die Gäste wieder zurück", wie Hörl erzählt. "Wir befinden uns, was den Stand der Mitgliederzahl betrifft beinahe wieder auf Vor-Corona-Niveau."
Exaktes Zahlenmaterial gibt es dazu noch nicht. Aktuell läuft gerade eine Umfrage der WKO in Kooperation mit Deloitte, deren Ergebnisse im Frühjahr 2024 veröffentlicht werden.
Ganz im Dunkeln tappt man dennoch nicht. Im Durchschnitt hat ein Studio 800 Mitglieder und ein Kunde sorgt für einen Umsatz von 500 Euro.
Neues Studio zum Diskonttarif
Eine rezente Erhebung gibt es allerdings für den deutschen Markt, der dem österreichischen nicht ganz unähnlich ist. "Man kann die wirtschaftlichen Entwicklungen, die sich im Fitnesssegment im D-A-CH-Raum abzeichnen, sehr gut miteinander vergleichen", erklärt Hörl. Tut man dies, fällt auf, dass das Gesundheitsbewusstsein nach wie vor da ist und nach Corona wieder in den Studios trainiert wird. Allerdings nicht mehr zwingend dort, wo man vor der Pandemie pumpte.
In Deutschland haben Fitnessketten, vor allem Diskontanbieter, an Marktanteilen gewonnen. Kettenbetriebe wie clever fit, Fit/One oder McFit bieten kostengünstige Mitgliedschaften an und machen - so die Deloitte-Studie - mittlerweile 44,9 Prozent am Markt aus. Ein Plus von vier Prozent. "Ein ähnliches Ergebnis lässt sich so auch für den österreichischen Markt erwarten. Ich gehe davon aus, dass Fitnessketten mittlerweile 50 Prozent Marktanteil haben."
Starke Ketten
Also gut die Hälfte des heimischen Marktes wird mittlerweile von Ketten und Diskontern bedient. Auf der Strecke bleiben dabei alteingesessene, eigentümergeführte Fitnessstudios. Für kleinere Unternehmen wird es schwieriger, sich zu behaupten.
Das wurde heuer vor allem in Ballungszentren sichtbar. "In diesem Jahr mussten in Wien bereits 22 Studios schließen", fasst etwa Martin Becker die Lage in der Bundeshauptstadt zusammen. Der Geschäftsführer des Fitnessstudios WorkOut ist Branchensprecher der Wiener Fitnessbetriebe in der Wirtschaftskammer Wien.
Er hat einen guten Überblick, was gerade in der Branche los ist. Bekannte Muckibuden wie Styriatraining, Top Gym oder die Shinergy-Franchisekette schlitterten heuer in die Insolvenz. Bodystyle gab eine von zwei Filialen auf, und auch Holmes Place sperrte einen Standort zu. Die vor Coronazeiten stark gehypte Franchisemarke CrossFit hat sich ebenfalls stark dezimiert. Es sind also vor allem das Einzelsegment und Mikrostudios, darunter subsumiert man Studios, die weniger als 200 Quadratmeter Trainingsfläche aufweisen, für den Rückgang an Studioanlagen am Gesamtmarkt verantwortlich.
Die Gründe, warum man zusperrt, sind schnell gefunden. Es sind vor allem die steigenden Mietpreise und Energiekosten. Viele Betreiber können da nicht mehr mit. Im Gegenzug sperren Ketten wie der österreichische Marktleader Fitinn, der mittlerweile 47 Standorte betreibt, oder die deutsche RSG Group, zu der die Diskontmarke McFit, aber auch die Premiumbrand John Reed zählt, regelmäßig neue Studios auf.
Die deutsche Kette, die weltweit 4,5 Millionen Mitglieder zählt, hat einen eigenen Markteindruck: "Österreich zählt zu unseren Kernländern. Hier wollen wir weiter gezielt expandieren und uns weiter etablieren. Die Zahlen zeigen, dass sich mit Fitness mehr Geld im Discountbereich verdienen lässt. Nichtsdestotrotz sehen wir es als spannendes Feld an, auch das Premiumsegment weiterhin zu berücksichtigen", heißt es aus dem Konzern.
Vor allem junges Publikum schreibt sich bei Diskontern mit ihrer niedrigeren Preisstruktur ein. Allerdings erhielten die Expansionstriebe so mancher Günstig-Anbieter dieses Jahr recht medienwirksam einen Dämpfer. Einer Klage der AK wegen unrechtmäßig eingehobener Zusatzgebühren und unsportlicher Knebelvertragsklauseln wurde am Obersten Gerichtshof recht gegeben (siehe unten). Nahezu alle Diskonter müssen zu viel eingehobenes Geld nun zurückzahlen.
An Neuankömmlingen mangelt es dennoch nicht, denn Fitnessketten profitieren auch davon, dass es so etwas wie einen Paradigmenwechsel gegeben hat, wenn es um Muskelaufbau geht: "Es wird mittlerweile vorwiegend an Maschinen trainiert. Anbieter, die sich aufs Kerngeschäft konzentrieren - das heißt in einem Fitnesscenter eben Trainieren von Fitness an Geräten -, haben momentan einen Vorteil. Muskeln sind aktuell der Treiber", analysiert Hörl die Stimmungslage beim Körperkult.
Sixpack und Bizeps sind dabei hoch im Kurs. Das heißt auch, dass Studios, die ein sehr umfangreiches Kursangebot haben, wo unter Anleitung trainiert wird, momentan einen schweren Stand haben.
Was tun, damit der Überlebenskampf gegen die großen Ketten nicht in einem Bad aus Schweiß und Tränen endet? "Den Fokus auf das Kerngeschäft legen und sich auf die eigenen Stärken und den erarbeiteten Expertenstatus konzentrieren", rät Hörl und ergänzt: "Denn was Betreuung, Beratung und Trainingsbegleitung angeht, sind eigentümergeführte und eingesessene Studios im Vorteil."
Die AK klagte FITNESSKETTEN
Zusatzentgelte ohne werthaltige Gegenleistung sind verboten.
KICK-BACK-ZAHLUNG. Im Vorjahr klagte die Arbeiterkammer in Österreich tätige Fitnessketten. Zuerst das deutsche Franchiseunternehmen clever fit, danach die Mitbewerber im Diskontsegment: Fit/One, GetUFit, Fitinn, Fit Fabrik und McFit.
Der Grund: Die Unternehmen hoben zum Mitgliedsbeitrag Zusatzentgelte wie Service-, Hygieneoder Vertragspauschalen, Chipgebühren, Anmeldegebühren und Verwaltungskosten ein, aus denen nicht ersichtlich war, wofür diese eigentlich eingehoben wurden. In der Regel gab es nämlich keine, zumindest aber keine werthaltigen Gegenleistungen. Ziel hinter den Knebelklauseln in den AGB: Man hielt so das Grundentgelt möglichst niedrig, um mit einem günstigen Mitgliedsbeitrag zu werben. Unterm Strich kommt man aber mit den verrechneten Kosten auf deutlich höhere monatliche Beträge. Die Verschleierungstaktik ist eindeutig rechtswidrig, stellte der Oberste Gerichtshof fest und verdonnerte zunächst clever fit zu Rückzahlungen.
Im Laufe des Jahres folgten dann eindeutige Rechtssprüche für die Mitbewerber am Sektor. Insgesamt wurden so für Kundinnen und Kunden 900.000 Euro zurückgeholt, heißt es aus der AK.
Aktuell ist noch ein Verfahren gegen den deutschen Branchenriesen McFit anhängig, allerdings ist demnächst mit einem Urteil zu rechnen. Darauf angesprochen heißt es aus dem Konzern: "Wir möchten betonen, dass es für uns Priorität hat, dass unsere Verträge und Vorgänge rechtskonform gestaltet sind, und prüfen daher fortlaufend all unsere Maßnahmen auf Richtigkeit." Das wird mehr oder weniger gut versteckt auch auf der Website kommuniziert. Verträge neueren Datums sind bereits frei von diesen umstrittenen Klauseln.
Festzuhalten ist, dass das OGH-Urteil nicht automatisch für alle Fitnessbetriebe in Österreich gilt, sondern ausschließlich für die beklagten Unternehmen. Es sind Einzelfallentscheidungen, die nicht zu Lasten einer gesamten Berufsgruppe ausgelegt werden dürfen, wird betont.
Der Artikel ist aus trend. PREMIUM vom 7.12.2023.