©Richard Tanzer/Wirtschaftsblatt
Testsieger: Fielmann gewinnt im Optikerketten-Test vor Hartlauer und Pearle. Beratung und Service: Sehtests entsprechen den höchsten Standards, Preisinformationen sind teils mangelhaft. Preise am Tiefpunkt: Die jahrelang währende Rabattschlacht der Optikerketten ist vorüber.
Fast jeder zweite Österreicher ist Brillenträger und damit potenzieller Kunde der über 1.100 Optikgeschäfte, die quer über das Bundesgebiet verstreut sind. In Summe setzt die Branche landesweit jährlich rund 1,5 Millionen Brillen ab und erzielt damit zirka 500 Millionen Euro Umsatz. Bereits rund 40 Prozent davon entfallen auf die großen Optikerketten, die in ganz Österreich über ein dichtes Filialnetz verfügen. Im Fall des Anbieters Hartlauer sind es mehr als 160 Geschäfte, die Franchising-Kette Pearle kommt auf über 100 Standorte.
Pearle zählt als Mitglied der Vision Group, die in 40 Ländern mit rund 4.000 Optikergeschäften vertreten ist, zu den größten Playern der Branche. Ganz vorne mischt auch die Optikerkette Fielmann mit, die in Deutschland an 582 und in Österreich an 34 Standorten ihre Leistungen offeriert. Und die Marktbearbeitung ist damit noch nicht abgeschlossen.
Günther Fielmann, Vorstandsvorsitzender der an der deutschen Börse notierten Fielmann AG, will weiter expandieren: "Wir eröffnen im März eine weitere Filiale in Salzburg. Mittelfristig soll es in Österreich 40 Niederlassungen geben." Ins gleiche Horn stößt Robert Hartlauer, Chef der gleichnamigen Optik-und Fotokette, der ebenfalls noch ausweitet: "Wir haben in den vergangenen vier Jahren 30 Millionen Euro in die Erneuerung der bestehenden Geschäftsstruktur investiert. Im Vorjahr wurde drei neue Geschäfte eröffnet. Weitere werden folgen." Stellt sich die Frage, ob die Kunden vom harten Wettbewerb in der Optikerbranche profitieren und welche Ketten für Brillenkäufer das beste Gesamtangebot schnüren. Antworten darauf liefert die "Studie Optikerketten 2015", die ÖGVS, die Gesellschaft für Verbraucherstudien, exklusiv für FORMAT im Dezember 2014 durchgeführt hat. Im Rahmen der Studie wurde mittels Mystery-Shopping in jeweils fünf Filialen der hierzulande tätigen Ketten erhoben, welches Qualitätsniveau in den Kategorien Beratung, Service und Sehtest sowie beim Erscheinungsbild von Mitarbeitern und Filialen erreicht wird. Die Leistungen wurden anhand von 49 Kriterien gemessen, wobei Beratung im Gesamturteil mit 50 Prozent am höchsten gewichtet ist. Mit je 20 Prozent gehen Service und Sehtest in die Bewertung ein, das Erscheinungsbild wird zu zehn Prozent berücksichtigt.
Testsieger Fielmann
Der Gesamtsieg geht laut der ÖGVS-Studie an die Optikerkette Fielmann, die mit der Note 1,3 die Mitbewerber Hartlauer und Pearle auf die Plätze verweist. Fielmann gelingt zudem das Kunststück, in allen vier getesteten Kategorien die jeweils beste Bewertung zu erzielen.
Dass die Konkurrenz aber nicht schläft, zeigen die Detailergebnisse des Kriteriums Service, bei denen Hartlauer ebenso wie Fielmann die Ansprüche der ÖGVS-Tester zu 100 Prozent erfüllt. Bei der Beurteilung des Erscheinungsbildes von Filialen und Mitarbeitern kann Pearle dem Testsieger Paroli bieten.
Die Qualität der Sehtests
ÖGVS-Projektleiterin Katja Likowski: "Die Qualität der Leistungen der getesteten Optikerketten ist durchwegs erstaunlich hoch. Fielmann ging bereits bei einer für den deutschen Markt erstellten Studie als Sieger hervor und kann das Ergebnis in Österreich bestätigen."
Für den Testsieger wie für die anderen auf den Prüfstand gestellten Filialisten gilt gleichermaßen, dass besonderes Augenmerk auf die Qualität des Sehtests gelegt wird. Christoph Gruber, Österreich-Geschäftsführer von Pearle: "Die Bestimmung der Sehstärke, die Anpassung von Gleitsichtbrillen und Kontaktlinsen müssen den modernsten Ansprüchen genügen."
Dieses Versprechen wird in der Praxis überwiegend eingelöst . Likowski: "Die Sehtests werden stets kompetent und korrekt durchgeführt. Die Sehstärke der Testkunden wurde mittels eines Autorefraktometers sowie mittels Zahlen- bzw. Buchstabenreihen, die identifiziert werden müssen, festgestellt. Außerdem wurde stets auch ein Test auf Hornhautverkrümmung vorgenommen."
Dabei gehört es etwa bei Fielmann und Pearle zum Service, dass Sehtests gratis sind. Expertin Likowski: "Mit dem besten Sehtest überzeugte Fielmann, dicht gefolgt von Hartlauer Optik und Pearle. Einige der besuchten Optiker ließen jedoch die Frage nach der Einnahme von Medikamenten, die das Ergebnis eines Sehtests verfälschen kann, offen. Darüberhinaus wurden nur selten Erklärungen zum Ablauf des Sehtests gegeben, nur in 60 Prozent der Fälle wurde dem Kunden das Ergebnis eines Sehtests schriftlich ausgehändigt." Das ist ein Manko, das sich leicht beheben lässt.
Bei der Beratung zu einem konkreten Brillengestell, zu dessen Preis und den dazugehörigen Gläsern zeigte sich laut ÖGVS-Studie bei einigen Anbietern Verbesserungspotenzial. Während Fragen nach Design-Vorlieben sehr häufig gestellt werden, wird auf die Ermittlung der Nutzungsgewohnheiten und der Preisvorstellungen des Kunden bisweilen verzichtet.
Auch bei Beratungsqualität bezüglich der Brillengläser besteht Luft nach oben. Hier wurden die ÖGVS-Tester nicht immer nach ihren Vorstellungen gefragt. Teils wurde nur eine Sorte Gläser vorgestellt, ohne preislich günstigere Alternativen zu offerieren. Likowski: "Einwandfrei waren hingegen Freundlichkeit und Kompetenz bei der Behandlung von Einwänden und der Beantwortung von Fragen der Testkunden."
Ende der Rabattschlacht
Im Durchschnitt geben Kunden in Österreich etwa 300 Euro für eine neue Brille aus. Geht es nach den Branchenschätzungen, wird das Preisniveau nach der jahrelangen Rabattschlacht in der Optikbranche nicht mehr weiter sinken. Es sei denn, dass der Vertrieb abseits von Fachgeschäften oder im Onlinehandel weiter zunimmt.
Darin sieht Robert Hartlauer jedoch keine Gefahr für das künftige Geschäft. Hartlauer: "Bereits jetzt werden rund 60 Prozent der günstigen Sonnenbrillen oder Lesehilfen in Nicht-Optik-Kanälen wie Tankstellen oder Kaufhäusern bezogen. Dazu kommt, dass bei niedrigpreisigen Produkten, die über den Onlinehandel gehen, die Portokosten verhältnismäßig hoch sind. Das Risiko von Umsatzrückgängen in Filialen ist daher nicht sehr hoch."
Dass dem Onlinehandel mit Brillen Grenzen gesetzt sind, glaubt auch Günther Fielmann: "Eine Brille ist so individuell wie die Augen eines Menschen. Größtmöglicher Sehkomfort setzt eine optimale Zentrierung der Gläser voraus. Die Zentrierung über einen Internetshop ist ein reines Zufallsprodukt."
Die ÖGVS-Studie
Die ausführlichen Ergebnisse der "Studie Optikerketten 2015" sind gegen eine Schutzgebühr von 1.250 Euro zuzüglich Umsatzsteuer bei der Gesellschaft für Verbraucherstudien ÖGVS ( info@qualitätstest.at) erhältlich.
Dieser Artikel stammt aus FORMAT Nr. 1-2/2015
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