Wolfgang Peschorn, Präsident der Österreichischen Finanzprokuratur
©APA/Roland SchlagerWolfgang Peschorn, Präsident der Österreichischen Finanzprokuratur, drängt in der Causa Signa auf Aufklärung. Er hält den Sanierungsplan der Signa Holding für undurchsichtig und falsch. Ein Konkurs wäre seiner Einschätzung nach die bessere Lösung gewesen.
Der Sanierungsplan bei der insolventen Signa-Gruppe des Tiroler Ex-Milliardärs René Benko ist nach Überzeugung der Österreichischen Finanzprokurator der falsche Weg. Die versprochene Quote von 30 Prozent für die Gläubiger sei nur erreichbar, wenn es zu einer "eklatanten Markterholung" bei Immobilien komme, sagte der Präsident der Behörde, Wolfgang Peschorn, dem Verband der Auslandspresse in Wien.
Peschorn hält daran fest, dass ein Konkurs die sauberere Lösung gewesen wäre. Eine Zerschlagung unter der Regie eines Insolvenzverwalters hätte ebenfalls das Ziel einer bestmöglichen Verwertung des vorhandenen Vermögens gehabt und obendrein garantiert, dass bisherige Verantwortliche für die desaströse Entwicklung bei der Signa-Gruppe definitiv kein Sagen mehr hätten.
Peschorn, der als Präsident der Österreichischen Finanzprokurator die rechtlichen Interessen der Republik Österreich vertritt, beklagte einen sehr überschaubaren Aufklärungswillen auf fast allen Seiten. "Es herrscht eine nicht ganz ausgeprägte Begeisterung bei der Aufarbeitung der Umstände." Es sei zu hinterfragen, aufgrund welcher konkreten Überlegungen einem Sanierungsplan zugestimmt worden sei, bei dem zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht einmal Geld für das Gehalt des Insolvenzverwalters vorhanden gewesen sei, sagte Peschorn. Auch der jüngst versprochene Massekredit für die Signa über Dutzende Millionen Euro ändere nichts Grundlegendes bei der Abwicklung der größten Wirtschaftspleite in der Geschichte Österreichs.
Für Signa-Gründer Benko könnte es nach Ansicht von Peschorn juristisch eng werden. "Ich würde sehr unruhig schlafen", sagte der "Anwalt der Republik" mit Blick auf den einstigen Immobilien-Tycoon. Aktuell gebe es rund um den spektakulären Niedergang der Signa-Gruppe "zahlreiche Hinweise auf strafrechtliche Vergehen". Aus dem Kreis der Investoren sei Benko als "faktischer Geschäftsführer" beschrieben worden und sei daher vermutlich die treibende Kraft hinter den Geschäften gewesen.
Eine Aufarbeitung des Falls samt dem kritischen Hinterfragen der Rolle von Aufsichtsräten wäre für Österreich und auch für Deutschland sehr wichtig - schon um einen Beitrag zur Hygiene zu leisten, sagte Peschorn. "Wenn das nicht aufgearbeitet wird, muss man sich die Frage stellen, was geht denn noch alles, und warum haben wir gesetzlich geregelte Verantwortlichkeiten?"
Zur Person
Steckbrief
Wolfgang Peschorn
Universität Wien (Mag. iur. 1989; Dr. iur. 2005); seit 1991 in der Finanzprokuratur; Rechtsanwaltsprüfung (1995) und Prokuraturprüfung (1997); Vorträge und Publikationen zu den Themen Insolvenz-, Abgabenverfahrens- und Amtshaftungsrecht sowie zu staatlichem Verwaltungshandeln
Wolfgang Peschorn ist seit Mai 2006 Präsident der Österreichischen Finanzprokuratur, der Anwaltskanzlei der Republik Österreich. Von Juni 2019 bis Jänner 2020 gehörte er als Bundesminister für Inneres der Bundesregierung unter Interims-Bundeskanzlerin Dr. Bierlein an.
Zu den Aufgaben der Finanzprokuratur zählt auch die Geltendmachung von Forderungen der Republik. Peschorns Spezialgebiete sind Wirtschafts- und Insolvenzrecht, Vertragsrecht, Verwaltungs- und Unternehmensorganisation, Amtshaftungsrecht.