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Post-Chef Georg Pölzl über "Nachhaltigkeit zum Anfassen"

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9 min

Post-General Georg Pölzl will die Selbstbedienungsservices weiter ausbauen.

©Post AG / Sabine Klimpt
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Post-Generaldirektor Georg Pölzl über den zunehmenden Trend zum Selbstbedienungsservice, den Einsatz biobasierter Rohstoffe bei Sprit und Verpackungen und warum das Unternehmen aktuell einen eigenen "Hausschlapfen-Radius" ausmisst.

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Wenn man die Pläne der Post und die Berichterstattung darüber so verfolgte, hat man heuer öfter den nicht unspannenden Begriff "Hausschlapfen-Radius" vernommen. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Georg Pölzl

Wir wollen unsere Selbstbedienungslösungen flächendeckend ausbauen und in Ballungsräumen alle paar Hundert Meter anbieten. Die Idee dahinter ist ganz einfach: Die nächste SB-Station soll so nah bei unseren Kunden und Kundinnen sein, dass jeder und jede nur eine so kurze Entfernung zurücklegen muss, um Pakete jederzeit abzuholen, die man auch in Hausschlapfen bewältigen kann. Und nicht nur das: Je nach Gerät kann man Pakete, die bereits mit Retourenlabel oder Paketmarken frankiert sind, auch rund um die Uhr aufgeben und versenden. Sie würden nicht glauben, wie viele Pakete auf diese Weise sonntags aufgegeben werden.

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Mehr Selbstbedienung klingt auf den ersten Blick nach dem Abbau von Arbeitsplätzen und Standorten. Das ist nicht nur für Mitarbeiter beunruhigend, auch Ihre Kunden könnten sich Sorgen machen, dass es in Zukunft weniger Postfilialen und Post Partner geben wird.

Georg Pölzl

Nein, im Gegenteil, niemand braucht Angst zu haben: Wir bieten unsere neuesten Post-Stationen in verschiedenen Größen und Varianten an. Damit sind wir nun in der Lage, auch in kleineren Gemeinden im ländlichen Raum unsere Services anzubieten, in denen es bisher weder einen Post Partner noch eine Postfiliale gab.

Gerade am Land ist das eine enorme Erleichterung. Plötzlich kann man seine Onlinebestellung jederzeit abholen und muss nicht mehr in den Nachbarort fahren, auch Retouren kann ich damit rund um die Uhr versenden.

Derzeit testen wir im niederösterreichischen Bezirk Gänserndorf diese Art der SB-Lösungen. Im Zuge dessen haben wir 16 neue SB-Standorte errichtet und sind damit noch näher an den Kundinnen und Kunden. Wenn der Test gut verläuft, und danach sieht es momentan aus, wollen wir dieses dichte Netz an SB-Stationen auf ganz Österreich ausdehnen. Im Endeffekt steigt die Anzahl unserer Standorte damit sogar.

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Ein spannendes Detail: Man hat mehrmals gehört, dass Sie im Zuge einer Kooperation alte Telefonzellen von der Telekom übernehmen wollen. Wie weit ist der Plan gediehen und wozu brauchen Sie die überhaupt?

Georg Pölzl

Wir haben die Vereinbarung, rund 1.000 Telefonzellen von A1 zu übernehmen. Dabei geht es uns um die Standorte, nicht um die Telefonzelle selbst. Sie befinden sich in der Regel an stark frequentierten Plätzen und verfügen über Strom- und Telekommunikationsanschlüsse - also genau die Voraussetzungen, die wir für die Installation einer SB-Station benötigen. Wir haben bereits Prototypen entwickelt und wissen, wie die neuen SB-Stationen aussehen werden. Im Frühjahr wollen wir den ersten größeren Pilotversuch in Linz starten und damit beginnen, Telefonzellen durch neue Post-Stationen zur Abholung von Paketen zu ersetzen.

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Nehmen Ihre Kundinnen und Kunden die Selbstbedienungslösungen überhaupt an?

Georg Pölzl

Ja, und wie! Wir haben schon seit Jahren SB-Lösungen im Einsatz, die wir ständig ausbauen und weiterentwickeln. Wir haben zum Beispiel eine Versandstation entwickelt, bei der Pakete oder Briefe automatisch gewogen werden und sofort der passende Tarif angezeigt wird. Man bezahlt, klebt das Label auf und gibt die Sendung ab - und das rund um die Uhr.

Vor fünf Jahren haben wir rund 8,7 Millionen Sendungen über unsere SB-Lösungen abgewickelt, heuer rechnen wir mit über 20 Millionen. Das unterstreicht deutlich, wie sehr die Österreicherinnen und Österreicher unsere Services nützen und schätzen. In der Weihnachtszeit müssen wir sogar Sondertouren am Wochenende machen, um besonders stark frequentierte Standorte zu entleeren.

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Da wir schon bei Innovationen sind: Die Post wirbt seit Jahren mit einer grünen Zustellung. Was haben Sie da heuer an grünen Innovationen umgesetzt?

Georg Pölzl

Wir werben nicht nur mit einer grünen Zustellung, wir setzen sie auch um. Seit 2011 werden alle Briefe, Pakete, Werbesendungen und Printmedien CO2-neutral zugestellt, bis 2030 wird uns das sogar völlig CO2-frei gelingen. Wir sind also heute schon da, wo unsere Mitbewerber erst hinwollen. 2023 konnten wir unsere E-Flotte - mit rund 4.000 Fahrzeugen schon heute die größte des Landes - weiter aufstocken. Das gelingt uns durch langfristige Kooperationsvereinbarungen mit großen Automobilherstellern, die mitunter nur über begrenzte Kontingente von E-Fahrzeugen verfügen. Hier sind wir auch als Partnerin bekannt, die die bestellten E-Fahrzeuge zuverlässig abnimmt und mit der entsprechenden Ladeinfrastruktur sofort in die Fläche bringt. Pro Jahr schaffen wir nun knapp 1.000 neue E-Fahrzeuge an, spätestens 2030 wird unsere komplette Zustellflotte umgestellt sein.

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Etwas herausfordernder ist die Situation im Schwerverkehr.

Georg Pölzl

So ist es, da werden wir nächstes Jahr die ersten Elektro- und Wasserstoff-Lkw testen. Zur Überbrückung haben wir heuer die ersten sechs Post-Lkw mit HVO (Hydrotreated Vegetable Oils, Anm.) betankt. Das sind im Wesentlichen Pflanzenreste und Pflanzenöle, die laut Herstellerangaben bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen freisetzen als normaler Dieseltreibstoff.

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Biobasierte Rohstoffe gibt es auch in anderen Bereichen.

Georg Pölzl

Ja, zum Beispiel beim Post Loop. Da haben wir unser Pilotprojekt der "grünen Verpackung" in einen Regelservice für unsere Versandkundinnen und Versandkunden überführt. Spezielle Taschen aus Holzfaserstoff können bis zu 30 Mal verschickt und somit wiederverwendet werden. Der oder die Empfänger oder Empfängerin entnimmt das bestellte Produkt, faltet die Verpackung zusammen und retourniert sie ganz einfach als Brief. Schon ab dem zweiten Versandzyklus können Versender und Empfänger beitragen, Emissionen und Verpackungsmüll einzusparen. Das ist Nachhaltigkeit zum Anfassen.

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Wo sehen Sie die Herausforderungen bei der Umsetzung, Stichwort: Regulierung?

Georg Pölzl

Da sind einige Branchen unzufrieden, von E-Wirtschaft über Landwirtschaft bis zum Gesundheitsbereich. Wir könnten in Österreich in vielen Bereichen sicher schon einen Schritt weiter sein, siehe etwa autonomes Fahren oder grüner Wasserstoff. Verglichen mit anderen Weltregionen ist der regulatorische Rahmen in Europa eher innovationshemmend.

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Rund um Weihnachten: Wie schläft man da als Post-Generaldirektor? Werden Sie unruhig bei dem Gedanken, wie viel es vor und nach dem 24. Dezember noch zu tun gibt?

Georg Pölzl

Ganz und gar nicht. Weihnachten bedeutet für die Post jedes Jahr Hochsaison, auf die wir uns seit dem Sommer generalstabsmäßig vorbereiten. Wir haben genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Fahrzeuge und Sortieranlagen im Einsatz, um auch Spitzentage mit mehr als einer Million Paketen in der Qualität zu bewältigen, die sich unsere Kundinnen und Kunden zu Recht von der Österreichischen Post erwarten. Dazu hat auch unser Kapazitätsausbau der vergangenen Jahre beigetragen. Natürlich haben alle Postlerinnen und Postler rund um den 24. Dezember alle Hände voll zu tun, aber wir haben ein gutes Team und sind bestens aufgestellt. Die Weihnachtszeit kann kommen.

Zur Person

GEORG PÖLZL [geb. 1957] promovierte an der Montanuniversität Leoben. Er war Unternehmensberater bei McKinsey, Vorstand des Maschinen- und Anlagenbauers Binder & Co AG. Er leitete T-Mobile Austria in Wien und war dann Sprecher der Geschäftsführung von T-Mobile Deutschland.

Seit 2009 ist er Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Post AG.

Das Interview ist aus trend. edition+ vom Dezember 2023.
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