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Die Österreich-Pläne des deutschen Biobauernverbands Naturland

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Österreichs größtem Biobauernverband Bio Austria schwimmen die Felle davon: Weniger Mitglieder, mehr Nachfrage im Handel und die Expansion der deutschen Kollegen auf der Suche nach Rohstoffen sorgen für Irritation am Markt.

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Die heimische Biolandwirtschaft ist hoch alarmiert, ist doch der größte deutsche Biobauernverband, Naturland, drauf und dran, nach Österreich zu expandieren und hier Wurzeln zu schlagen. Immerhin über 2.300 Landwirte haben bereits gewechselt oder sich doppelt registriert, viele davon aus der Milchwirtschaft. Eine kleine Revolution, denn bisher reklamierte Bauernverband und Platzhirsch Bio Austria (rund 12.000 Mitglieder) eine Art Vertretungsanspruch für die Branche. Josef Brunnbauer, deutscher Biobauer und neuer Naturland-Chef für Österreich, soll den Verband hier sichtbar machen und das alte System aufbrechen. Seine Ansage: „Wir wollen nicht nur Vermarktungsalternative mit gleichen Standards, aber besserem Marktzugang sein, sondern auch Heimat für viele Biobauern und -bäuerinnen.“ Was er in Wirklichkeit anbietet: Den Zugang auch zum deutschen Markt.

Bio-Paradox

Das könnte klappen. Viele Biolandwirten stehen in Österreich vor einer paradoxen Situation: Die lokalen Erlöse sind angesichts immer höherer Kosten für Energie, Personal oder Betriebssmittel wenig befriedigend, obwohl die Nachfrage nach Bioqualität im Handel anzieht und die Zahl der Biobetriebe gleichzeitig abnimmt. Zudem fühlen sich die Biobauern auch von anderer Seiten in die Mangel genommen. Die EU etwa verlangt immer bürokratischere Regeln wie Flächenstilllegungen, um die Artenvielfalt am Acker sicherzustellen. Was für konventionelle Kollegen noch Sinn macht, ist für Biolandwirte unverständlich, die schon ihrer Bio-Wirtschaftsweise wegen strengste Diversitätsrichtlinien einhalten.

In der Situation kann Naturland ein durchaus attraktives Angebot machen: Der Knappheitseffekt für Bioware schlägt am deutschen Markt bereits in höhere Preise für den landwirtschaftlichen Rohstoff durch. Und Aldi, Rewe & Co. versuchen aktiv, Mengen aus Österreich für den deutschen Markt zu gewinnen, zumal man weitere Verknappungen erwartet, speziell im Milchbereich.

Gespräche mit Hofer

Doch die Attraktivität des deutschen Verbands für österreichische Landwirte hat noch einen weiteren Grund – sie hoffen auf eine bessere Basis für die Verhandlungen mit den Supermärkten. Anders als in Österreich, wo die Handelsketten selbst jeweils ihre eigenen Biowelten erschufen – von Ja!Natürlich (Rewe) über Natur Plus (Spar) bis Zurück Zum Ursprung (Hofer), sind die deutschen Bauernverbände selbst die Eintrittskarte in die Regalschluchten. Aldi Süd etwa hat die Mitgliedschaft bei Naturland zur Voraussetzung für eine Listung gemacht.

Das System hat Vorteile, schwärmt etwa Hermann Huber, Biogetreidebauer aus Oberösterreich, der sich neben seiner Bio-Austria-Mitgliedschaft jüngst auch als Delegierter für das neue Naturland-Österreich aufstellen ließ: „Naturland hat mir sofort eine Mühle vermittelt, zu der ich mein Getreide liefern konnte, und innerhalb zweier Wochen hatte ich die Menge verkauft, alles kein Problem.“

Naturland ist neben Mitgliederakquise und Warenbeschaffung tatsächlich bemüht, die starke Position der deutschen Verbände auch in Österreich durchzusetzen. Naturland-Chef Brunnbauer bestätigt Gespräche mit der Aldi-Tochter Hofer, um seine Zertifizierung als Biostandard festzulegen.

Entmachtung

Der heimischen Agrarbürokratie gefällt dieser Beginn einer Entmachtung weniger. Bio Austria Obfrau Barbara Riegler fürchtet eine Zersplitterung: „Nur wenn die Bio-Branche gemeinsam mit starker Stimme spricht, kann sie langfristig erfolgreich sein. Parallel existierende Systeme verursachen Kosten und zusätzliche Bürokratie, die weder im Sinne der Landwirte und Landwirtinnen noch der anderen Markteilnehmer und Marktteilnehmerinnen sein können.“

Der Einwand ist nicht ganz falsch, doch auch Bio Austria selbst spricht lange nicht für die gesamte Branche. Vor allem viele Biobauern, die sich zwar an die Vorschriften des EU-Biosiegels halten („Kodex-Bauern“), aber keinem der Bauernverbände beitreten wollen, fühlen sich ignoriert, argumentiert Naturland-Neodelegierter Huber: „Die Stimmung steht derzeit auf Wechsel. Bei meinen Gesprächen wollen 20 bis 30 Prozent der Bauern zu Naturland. Wir haben echt zwei schwierige Jahre hinter uns.“

Leicht möglich also, dass sich die Irritationen bei Biowaren noch ausweiten wird. Erst vor wenigen Tagen etwa wechselte mit Zeno Piatti ein durchaus prominenter Biobauer die Fronten und ließ sich gar in den Vorstand der neuen Naturland Österreich wählen. Piatti war langjähriger Verbandsfunktionär von Bio Austria und bis vor einem halben Jahr immerhin einer der Stellvertreter von Vereinsobfrau Barbara Riegler.

Lesen Sie den Artikel in ganzer Länge in der trend.EDITION vom 25. April 2025.

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