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Revolte im Bioland

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Querelen im Biobauernverband Bio-Austria: Wurden interne Regeln verletzt?

©Elke Mayr
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Österreichs größter Biobauernverband, Bio Austria, wird von internen Querelen erschüttert. Ausgerechnet die eigene Vermarktungstochter soll ihre Mitglieder über regelwidrig importiertes Getreide etwa aus der Ukraine getäuscht haben, so der Vorwurf wütender Biobauern.

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Eigentlich will man sich um den stagnierenden Biokonsum kümmern. Stattdessen quälen derzeit interne Probleme Österreichs größten Biobauernverband, Bio Austria (BA, 13.000 Mitglieder). Ausgerechnet die Tochter Bio Austria Marketing GesmbH habe Großhändlern in den vergangenen Jahren ermöglicht, Tausende Tonnen Getreide aus der EU und aus Drittstaaten wie der Ukraine in den heimischen Biomarkt einzuschleusen, klagt eine neu gegründete Gruppe von BA-Mitgliedern unter dem Namen Bio Fair Play.

Die betroffenen Biobauern kritisieren einerseits das System an sich: Die Importe werden offiziell als österreichische Ware umdeklariert und gelangen als teure 100-Prozent-Bio-Austria-Ware in den Biokreislauf, offiziell als Futtermittel. Auch die Landwirte wissen nicht genau, woher das Getreide eigentlich stammt, kritisiert Kartoffelbauer und Rebellen-Sprecher Wilfried Gehringer. Das Gesundheitsministerium, das für den rechtlichen Rahmen der Bioimporte zuständig ist, erklärt auf trend-Anfrage, keine Handhabe dagegen zu haben, da die EU-Bioverordnung nicht greife, weil der Verband Bio Austria selbst keine Handelsaktivitäten setzt, sondern nur Importlizenzen vergibt.

Darüber hinaus stört die Biobauern, dass dabei interne Regeln verletzt worden sein sollen. Nur bei Mangel an heimischer Ware darf die BA-Marketing Importlizenzen vergeben. Doch die Bestandsabfrage soll lückenhaft bis gar nicht erfolgt sein, heißt es. Statt Datenbanken zu führen, hätte man sich auf den unstrukturierten Versand von Mails beschränkt. Importlizenzen seien teilweise bereits während der Ernte erteilt worden, klagen andere Beteiligte, die nicht genannt werden wollen. Speziell hinterfragt wird in diesem Zusammenhang der Geschäftsführer der BA-Marketing, Hermann Mittermayr, der vieles im Alleingang entscheide.

120.000 Tonnen importiert

Die Folgen sollen ein Überangebot und fallende Preise gewesen sein. Interne Unterlagen zeigen, dass seit dem Jahr 2016 insgesamt 120.000 Tonnen (Getreide- und Eiweißfuttermittel) importiert wurden, nach dem umstrittenen Erntejahr 2021 waren es über 25.000 Tonnen. In der Branche wird über Schadensersatzklagen in Millionenhöhe gegen Bio Austria gesprochen, zumal die Praxis nicht an die große Glocke gehängt wurde. Gehringer: „Wir befinden uns in einem dunklen Raum, und nur hin und wieder leuchten ein paar Informationen auf.“

Eine Frist der Fair-Play-Gruppe gegen ihre eigene Verbandsführung bis Ende Juli verlief ergebnislos, jüngste Rechtfertigungen seien eine „Riesenenttäuschung“. Man verlangt mehr Transparenz auch deswegen, weil Importe aus Nicht-EU-Staaten nicht nur für Händler lukrativ seien, auch die Marketinggesellschaft erhalte dafür Management Fees – ein Körberlgeld für den Dachverband, so lautet der Vorwurf. Dort beobachten die Rebellen inzwischen eine Abwanderungsbewegung. Rund 2.000 Mitglieder hätten bereits bei der deutschen Naturland angeklopft, damit würden künftig Mitgliedsbeiträge entfallen.

Mittlerweile dürfte das Klima intern ziemlich belastet sein. Zeno Piatti, einer der Stellvertreter von Verbandsobfrau Barbara Riegler, ist vor wenigen Tagen zurückgetreten; der Obmann des Landesverbands Niederösterreich, Otto Gasselich, verlor vor drei Wochen sein Amt. Gegen eine externe Prüfung der Vorgänge hatte sich die Verbandspitze bislang gewehrt. Gehringer: „Da gehört so etwas her wie der Rechnungshof, der das Gebaren der BA-Marketing unabhängig überprüft.“

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Barbara Riegler ist seit einem Jahr Verbandsobfrau von Bio-Austria. Sie gerät unter Beschuss von Mitgliedern, die mehr Transparenz bei der Geschäftsgebarung verlangen.

© BIOAUSTRIA

"Funktionierendes System"

Zu all dem Stellung nehmen wollten weder Obfrau Riegler noch BA-Marketing-Chef Mittermayr. Man schickte Norbert Köck vor, den kaufmännischen Geschäftsführer des Dachverbands, der keine grundsätzlichen Probleme sieht – schon gar keine Transparenzmängel. Einzelne Genehmigungen wären fehlerhaft gewesen, gesteht er dennoch, auch wenn Importe nur einen geringen Prozentsatz des Marktes betreffen und keinerlei Preisauswirkung haben.

Mit einzelnen Beschwerdeführern will man sich gütlich geeinigt haben. Der Verband erhalte jedenfalls keine Querfinanzierung durch die Marketingtochter. Und dass es sich bei den Importen um Lebensmittel gehandelt habe, schloss Köck aus.

Doch er gelobt Besserung: „Grundsätzlich funktioniert unser System, aber wenn es etwas zu verbessern gibt, werden wir das natürlich tun.“

Der Artikel ist der trend. Edition+ vom August 2024 entnommen.
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