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Radikaler Sanierungs- und Kapitalschnitt bei Varta AG

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Bei Varta steht es Spitz auf Knopf. Für die Sanierung des Unternehmens sind ein Kapitalschnitt und ein Zuschuss von rund 100 Millionen Euro nötig.

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Der mehrheitlich zur Unternehmensgruppe von Michael Tojner gehörende Batteriehersteller Varta will mit einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren aus der Schuldenkrise kommen. Rund 100 Millionen Euro frisches Kapital sind für die Sanierung nötig. Es steht ein Kapitalschnitt an, bei dem alle Aktionäre ihre Investments verlieren.

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Der Aufsichtsrat der der mehrheitlich zur Unternehmensgruppe des österreichischen Investors Michael Tojner gehörenden Varta AG hat am Sonntag (21. Juli ) beschlossen, beim Amtsgericht Stuttgart ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren anzumelden.

Das geplante StaRUG-Verfahren (Restrukturierungsvorhabens nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) ist Teil des laufenden aktualisierten Restrukturierungskonzepts des angeschlagenen Batterieherstellers mit Sitz in Ellwangen (Baden-Würtemberg). Im Rahmen des Verfahrens stehen verschiedene Konstellationen möglicher Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen zur Diskussion. Das StaRUG-Verfahren soll dem Unternehmen die Möglichkeit eines finanziellen Neustarts geben, um nachhaltig wieder wettbewerbsfähig zu werden.

„Wir sind zuversichtlich, dass unser Restrukturierungskonzept eine solide Basis für die zukünftige Stabilität und Perspektive der Varta schafft“, erklärt Varta-CEO Michael Ostermann. „Unser engagiertes Team und unsere Partner arbeiten unermüdlich daran, die bestmögliche Lösung zu finden.“

Schulden- und Kapitalschnitt im StaRUG-Verfahren

Mit der Anzeige des StaRUG-Verfahrens soll eine mögliche Insolvenz des Unternehmens abgewendet werden. Die Umsetzung des Restrukturierungskonzepts im StaRUG-Verfahren sichert dem Unternehmen zufolge Arbeitsplätze und schützt Gläubigerinteressen besser als mögliche Alternativszenarien.

Für Varta steht dabei die Reduzierung der aktuellen Schulden im Fokus. Dem Unternehmen fehlen rund 500 Millionen Euro. Für die Fortführung des Unternehmens sind mindestens rund 100 Millionen Euro notwendig.

Ausgelöst wurde die Krise des Unternehmens durch in den Jahren 2021 und 2022 getätigte Investitionen in große Lithium-Ionen-Batterien und Mini-Akkus für Kopfhörer, die sich aufgrund von Auftragsstornierungen und falsch eingeschätzter Marktentwicklungen zur Belastung für das Unternehmen wurden. Der Plan zur Errichtung einer einer Fabrik für große Lithium-Ionen-Batterien wurde auf Eis gelegt. Zudem wurde das Unternehmen im Februar 2024 schwer von einem Cyber-Angriff getroffen. Alle fünf Produktionsstandorte sowie die Verwaltung des Unternehmens mussten in der Folge stillgelegt werden.

Schuldenschnitt als Reißleine

"Ich bin angetreten, die Varta zu retten. Das ist mir eine Herzensangelegenheit." Ohne eine Reduzierung der Schulden könne Varta nicht angemessen investieren, erklärte Ostermann. "Ziel ist ein Schuldenschnitt." Doch dabei müssen die Banken und die Hedgefonds mitspielen, die sich in einen Konsortialkredit über 235 Millionen Euro eingekauft haben. 250 Millionen Euro hat sich Varta mit Schuldscheindarlehen geliehen.

„Varta wird die Schulden mit Hilfe des StaRUG Verfahrens auf eine angemessene Größenordnung bringen müssen, um wieder Schritte nach vorne machen zu können“, sagt CRO Michael Giesswein. „Die aktuelle Schuldensituation verbaut der VARTA-Gruppe absehbar die Chancen auf ein positive Geschäftsentwicklung. Ohne die Reduzierung unserer Schulden können wir notwendige Investitionen nicht tätigen.“

Als Folge der Schuldenlast, in die das vormalige Vorzeigeunternehmen geschlittert ist, könnten Marktpotentiale können nicht erschlossen und Umsatzchancen nicht genutzt werden. Die Position von Varta im Markt würde so von Jahr zu Jahr schlechter werden.

Ein Schuldenschnitt im Rahmen des StaRUG-Verfahrens wird daher als Ausweg gesehen. Dieser ist eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern, die einen Teil der Schulden erlassen, um die finanzielle Stabilität des Unternehmens wiederherzustellen. Zu diesem Schritt wären die Gläubiger der allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nur bereit, wenn ein Kapitalschnitt auf null erfolgt, also das bestehende Grundkapital auf null herabgesetzt wird und frisches, für die Restrukturierung benötigtes Kapital (Fremdkapital oder Eigen- und Fremdkapital), eingebracht wird.

Aktionäre verlieren ihre Investments

Durch den Kapitalschnitt auf null werden sämtliche der bestehenden Aktien ihren Wert verlieren und es wird ein Delisting von der Börse erfolgen. Die Börsennotierung soll dauerhaft eingestellt werden. Am Freitag dem 19. Juli 2024 waren die Anteile der Aktionäre noch 440 Millionen Euro wert.

Varta bezeichnet dieses Vorgehen als notwendig, um die weitere Sanierung und den Neuanfang des Unternehmens zu finanzieren. Nach Bekanntgabe der Absichten des Unternehmens rasselte der Aktienkurs in den Keller. Zum Börsenstart am Montag hatten die Papiere bereits nahezu 80 Prozent ihres Werts verloren.

Varta Sanierungsplan

Der Umsatz der Varta AG lag zuletzt bei rund 800 Millionen Euro. CFO Mark Hundsdorf betonte, dass Varta Geschäftsbeziehungen zu mehr als 3.000 Zulieferern sowie über 10.000 Handelspartnern, Fachhandwerksbetrieben und Kunden in über 100 Ländern hält, die erhalten werden sollen.

Für eine nachhaltige Perspektive sind jedoch in allen Geschäftsfeldern weitere Schritte nötig, um das Unternehmen wieder marktgerecht und wettbewerbsfähig aufzustellen. Dabei geht es auch um strategische Investitionen: „Wir müssen investieren, um unsere Chancen zu maximieren: Wir wollen von Wachstumsbereichen profitieren und unsere Marktposition nachhaltig stärken“, ordnet Michael Ostermann ein.

Teil dieser Zukunftsvision ist das Geschäftsfeld Energy Storage, in dem die Varta langfristig positiv am wachsenden Heimspeichermarkt partizipieren will. CTO Rainer Hald weist darauf hin, dass das Unternehmen mit der Sicherung der Schlüsseltechnologie „Batterie“ am Standort Deutschland auch einen Beitrag zur wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit Europas leistet. "Unser Ziel ist, dem Unternehmen mit dem Restrukturierungskonzept eine Zukunft zu schaffen, um genau dies auch weiterhin tun zu können“, betont Hald.

Suche nach neuen Investoren

Um den Neustart erfolgreich stemmen zu können sollen auch Finanzgläubiger und Investoren an dem Unternehmen beteiligt werden und so einen Beitrag zur Restrukturierung von Varta zu leisten. Varta beziffert diesen Beitrag der Gläubiger und Investoren mit einem "hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich".

Rund um diese Beteiligungen laufen bereits Verhandlungen mit unterschiedlichen Investoren. Darunter mit einer dem Mehrheitseigentümer Michael Tojner gehörenden Gesellschaft und dem Sportwagenhersteller Porsche, der zu den Varta-Kunden gehört. Tojner hält rund 50 Prozent der Unternehmensanteile. Er würde rund die Hälfte des benötigten Kapitals beisteuern. Der Rest könnte von Porsche kommen. Damit wäre Varta bis 2027 durchfinanziert.

"Wir können bestätigen, dass Porsche in Verhandlungen (mit Varta) steht", erklärte ein Sprecher des Sportwagenbauers. Der Volkswagen-Tochter geht es vor allem um die großen Lithium-Ionen-Batteriezellen, die im nächsten Porsche 911 GTS verwendet werden sollen. "Das Ziel unseres Engagements wäre, diese Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland zu erhalten." Porsche hatte signalisiert, die Mehrheit an der Varta-Tochter V4Drive zu übernehmen, die die Auto-Batterien herstellt. Doch das allein reicht offenbar nicht aus. "Unter bestimmten Umständen könnten wir uns daher vorstellen, uns auch an einer finanziellen Neuaufstellung der Varta AG insgesamt zu beteiligen", erklärte der Porsche. Die Gespräche dazu liefen aber noch.

Der Varta-Vorstand hofft diesbezüglich auf eine rasche Einigung und entsprechende Vereinbarungen, um die folgenden Restrukturierungsschritte einleiten zu können. Das Ziel des Unternehmens ist, über das StaRUG-Verfahren und das Sanierungskonzept Arbeitsplätze und Wertschöpfung nachhaltig zu sichern und die Batterieherstellung als Schlüsseltechnologie der Energietransformation in Deutschland zu erhalten.

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