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Außergewöhnliche Rahmenbedingungen führ ten zu einem PV-Boom im Vorjahr. Doch die UMGESTALTUNG DER FÖRDERUNGEN und rasant sinkende Einspeisetarife holen Anlagenbetreiber nun auf den Boden der Realität zurück.
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Es war nicht die Frage, ob, sondern nur noch, wann. So gut wie jeder mit ein paar übrigen Quadratmetern auf Acker, Dach oder Balkongeländer überlegte sich im Vorjahr, eine Photovoltaikanlage anzuschaffen. Das Ergebnis war ein Rekord an neuen Kapazitäten – mit zusätzlich 2,25 Gigawatt-Peak (GWp, gesamt nun 6,1) mehr als das Doppelte des Vorjahreszuwachses und etwa die Gesamtmenge, die bis 2020 in Österreich errichtet wurde.
Mittlerweile allerdings fallen erste Schatten auf das Sonnenparadies. Strom selbst zu erzeugen erscheint lange nicht mehr so attraktiv wie noch vor einem Jahr. Zum einen sind die Strompreise wieder nahezu auf Vorkrisenniveau gesunken, genauso die Einspeisetarife. Vor allem aber hat die Regierung bei den Bundesförderungen die Luft rausgelassen, was den überhitzten Markt deutlich abkühlen wird, sagt Cornelia Daniel, Pionierin, Gründerin des PV-Beraters Dachgold und Initiatorin der Aktion „Tausendundein Dach“: „Ich dachte, mein Job wäre getan. Doch jetzt muss ich die Vorteile von Sonnenstrom wieder mühsam erklären, als wäre der Boom nie passiert. Wir sind zurück im Jahr 2017.“
Speziell bei den kleineren Anlagen für Gewerbe- oder Industriedächer sind die Investitionsförderungen des Bundes auf durchaus bescheidenem Niveau angelangt. Für Projekte bis zehn Kilowatt-Peak (kWp) gibt es seit Jahresbeginn um 31,5 Prozent weniger Zuschuss (195 statt 285 Euro je kWp), für jene bis 20 kWp um 26 Prozent weniger (185 statt 250 Euro).
Bei Anlagen höherer Leistung gibt es noch weniger – und das nicht fix. Denn die genaue Förderhöhe wird durch Auktionen ermittelt. Nur die Betreiber, die die geringsten Summen verlangen, bekommen einen Zuschlag, nach oben gedeckelt, bei 70 bis 95 Euro je kWp etwa für Anlagen über 100 kWp.
Dementsprechend enttäuscht ist der Lobbyingverband Photovoltaik Austria. Vorstand Herbert Paierl: „Wir sind vorsichtig zurückhaltend, ob die gesenkten Fördersätze ausreichen, um die Entwicklung neuer Projekte anzureizen.“
Das Auktionssystem sorgt zudem dafür, dass die ausbezahlten Förderhöhen im Laufe der Auktionen eines Jahres schwanken und in Wirklichkeit nicht einmal den Deckel erreichen, sagt PV-Beraterin Daniel: „Es ist unschwer erkennbar, dass der genehmigte Betrag bei jedem Fördercall im Jahresverlauf sinkt. Wenn man also um Förderungen pokern will, sollte man das am Anfang des Jahres machen. Am Ende des Jahres muss man eher tiefstapeln, wenn man unbedingt eine Förderzusage braucht.“
Verfall der Einspeistarife
Wenig erfreulich ist auch die Entwicklung auf der Ertragsseite. Die Marktpreise für Strom sind beinahe wieder auf dem Vorkrisenniveau angekommen. Was zwar den Leidensdruck für Stromkonsumenten lindert, aber die Motivation schwächt, selbst Stromproduzent zu werden.
Für diejenigen, die dabei den erzeugten Strom selbst verbrauchen, sinkt rechnerisch jener Betrag, den sie bisher als Ersparnis gegenüber dem herkömmlichen Netzbezug in eine Rentabilitätsrechnung einbringen konnten. Zum anderen sinkt aber auch das, was sie für den eingespeisten Strom bekommen.
Im Vorjahr waren da noch über 50 Cent je Kilowattstunde an Einspeisetarifen zu haben, was bei gleichbleibenden Tarifen eine Investition innerhalb weniger Jahre rentabel gemacht hätte. Nun sind die Vergütungen aber auf weit unter zehn Cent je kWh gerutscht (siehe Grafik, u.). Im Sommer und bei ordentlichem Überangebot an Sonnenstrom wird der Betrag noch weiter nachgeben, erwartet die Branche. Somit verlängern sich die Rentabilitätshorizonte wieder auf die früher üblichen, aber wenig attraktiven 15 bis 20 Jahre.
PV-Beraterin Daniel versucht sich dennoch im positiven Denken: „Vergangenes Jahr gab es sicher einige Mitnahmeeffekte, daher ist es jetzt auch ganz gut, dass der ungesunde Boom vorbei ist. Die Goldgräber verabschieden sich aus dem Markt. Und jene, die sauber kalkulieren, können immer noch mit ausreichenden Vorteilen rechnen.“
Ihr Optimismus gilt vor allem für die privaten Kleinanlagen bis 35 Kilowatt-Peak (kWp), die auf oder in der Nähe von Wohnhäusern errichtet werden. Wobei „klein“ dabei relativ ist, immerhin bedeutet die Obergrenze das Fünf- bis Zehnfache dessen, was ein normales Einfamilienhaus braucht.
Zwar werden durch die gesunkenen Einspeisetarife gerade in diesem Bereich die Neuerrichtungen zurückgehen. Doch durch die Umstellung der Fördersystematik mit Jahresbeginn fällt immerhin mühsame Förderbürokratie weg, stattdessen wurde die Umsatzsteuer gestrichen.
Erste Angebote im Markt, wie etwa die aktuelle Joulie-Aktion (ein Markenname des Landesversorgers EVN), zeigen, dass dies einer Förderung von über 600 Euro je installiertem kWp entspricht – etwa das Zehnfache dessen, was der Bund noch für gewerbliche und industrielle Anlagen bereitstellt. Das bedeutet zumindest keine Verschlechterung für Häuslbauer und ist politisch auch sonst kein schlechter Schachzug von Klimaministerin Leonore Gewessler. Denn ab nun geht die Förderung als Steuerentfall zu Lasten des Finanzministeriums, nicht des PV-Fördertopfs des Klimaministeriums.
Mit Sicherheitsnetz
Professionelle Stromerzeuger mit ihren Großanlagen wiederum können erstmals auf die Absicherung nach einem älteren Fördergesetz hoffen (EAG, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz aus dem Jahr 2021), das den Preisverfall auf den Märkten nun erstmals und planmäßig abdämpft.
Energieunternehmen bauen Kraftwerke nämlich auf eigene Rechnung und vermarkten den Strom an den Handelsplätzen. Als Absicherung für dieses nicht ganz unriskante Unterfangen bekommen sie dann aber die Differenz ausbezahlt, wenn der Strommarktpreis wie jetzt unter ein vorher festgelegtes Mindestniveau fällt („gleitende Marktprämie“). Dieses wird ebenfalls durch Auktionen ermittelt und sichert immerhin eine langfristige Finanzierung durch Banken ab.
Was alle Anlagenbetreiber jedenfalls eint: In Zukunft werden Landesförderungen wohl stärker Beachtung finden. Besonders Wien mit seinem hohen fossilen Energieanteil in der Fernwärme versucht aktuell, den Förderausfall des Bundes bewusst zu kompensieren. Man entwickelt Zuckerl für bestimmte Anlagenstandorte oder neue Kombinationen von Förderungsarten, die sich bisher gegenseitig ausschlossen, freut sich Daniel: „Wien entwickelt sich zum Schlaraffenland für PV-Anlagenbetreiber.“
Der Artikel ist trend. PREMIUM vom 12. April 2024 entnommen.
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