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Signa verstehen: linke Tasche, rechte Tasche

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Das „Goldene Quartier“ in der Wiener Innestadt - eine Geldmaschine für das Signa-Rech von René Benko.

©APA/GEORG HOCHMUTH;
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Der Finanzmanager Nikolaj Schmolcke beschäftigt sich in seinem neuen Bilanzlese-Verstehbuch nicht nur mit Wirecard & Co., sondern macht im trend-Gespräch auch spannende Anmerkungen zu den Signa-Bilanzen.

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Greift man irgendeine der Tausenden, oft nachgereichten Bilanzen aus dem Signa-Reich heraus, wird man schnell fündig. Beispiel: der Jahresabschluss 2021 der Tuchlauben Immobilien GmbH in Wien, dem „Goldenen Quartier“. Nachträglich wurde Mitte 2022, nachdem der Abschluss schon testiert war, die Auflösung einer Kapitalrücklage in Höhe von 35 Millionen Euro beschlossen. So wurde aus einem Verlust von 4,8 Millionen Euro ein Bilanzgewinn von 30,8 Millionen Euro, von denen 23,9 Millionen an die Gesellschafter ausgeschüttet worden.

Der Druck der Benko-Geldgeber auf Auszahlungen muss also schon groß gewesen sein. Denn 2021 gab das operative Geschäft längst nicht mehr solche üppige Dividenden her.

Obwohl in der Signa Prime Selection AG, der Großmutter der Tuchlauben GmbH, die kurzfristigen Verbindlichkeiten das kurzfristige Vermögen um knapp 1,4 Milliarden Euro überstiegen, wurden im Jahr 2021 fast 225 Millionen an die Gesellschafter ausgeschüttet. „Da muss eine alte Frau lange für stricken“, kommentiert mit Süffisanz der in Hamburg lebende Bilanzexperte Nikolaj Schmolcke.

Nach Aufklärung schreit seiner Meinung nach das Linke-Tasche-rechte-Tasche-Prinzip, das dem Signa-Geschäftsmodell zugrunde liegt. Die jahrelange Aufwertung der Immobilien im Teilkonzern Prime – und damit die Kredit- und Dividendenfähigkeit – basierte auf exorbitanten Mieten vor allem der deutschen Retail-Immobilien.

Für das Münchner Luxuskaufhaus Oberpollinger fielen laut Schmolcke etwa Mieten in Höhe von 63,5 Euro pro Quadratmeter pro Monat an – was die Eigentümer der Immobilie jubeln ließ, die Signa-Retail-Sparte aber verzweifeln. Weil es keine konsolidierte Bilanz des Gesamtkonzerns gab, wurde das nirgendwo kompakt sichtbar.

Die in der Schweiz geparkte Bilanz der Signa Retail ist noch immer eine Art Blackbox. Als einige der vermögenden Investoren misstrauisch wurden und eine solche Gesamtbilanz einforderten, gelang es nach Medienberichten Benko, sie hinzuhalten.

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Nikolaj Schmolcke: „Offene Geheimnisse“

Über die Leichtigkeit, Bilanzen zu lesen und im Geschäftsbericht Überraschungen zu finden. Und über Analyse von Jahresabschlüssen und das Verstehen von Geschäftsmodellen.

Schmolcke hat sich im Zuge der Recherche für sein Buch unter anderem auch das Zahlenwerk von René Benkos Signa-Imperium angeschaut. Und beschrieben.

Econ-Verlag — 288 Seiten

Preis: 21,50 Euro

Der Artikel ist trend. PREMIUM vom 12. April 2024 entnommen.
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Signa-Gruppe: Der Zerfall des Immobilien- und Kaufhaus-Konzerns

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