NACH 22 ERFOLGREICHEN JAHREN bei Schoeller Bleckmann durfte sich Gerald Grohmann zum Abschied über mehr als fünf Millionen Euro extra zum Gehalt freuen. Mit insgesamt 9,49 Millionen Euro hat er das höchste Jahresgehalt aller ATX-CEOs kassiert.
©trend / Wolfgang WolakEin Blick auf die TOP-MANAGERGEHÄLTER in Österreich bietet kein einheitliches Bild: Manche mussten 2023 Einschnitte hinnehmen, andere freuten sich über hübsche Gehaltssteigerungen. Im Schnitt stagnierten die Vergütungen.
- Vorstandsvergütungen im Visier kritischer Aktionäre
- Die Millionäre unter den CEOs
- ATX-Vorstände verdienen das 75-Fache der Beschäftigten
- Aufsichtsratsentschädigungen liegen im Vergleich zurück
- Internationale Gigantonomie: Elon Musks Kampf um Milliarden
- Das haben die CEOs im ATX Prime im Jahr 2023 verdient
- Die Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden im ATX Prime im Jahr 2023
- Internationale Topverdiener: Bezüge ausgewählter CEOs (2023)
Da wären wohl viele falsch gelegen. Die Frage, wer 2023 der teuerste CEO eines börsennotierten Unternehmens in Österreich war, hätte die überwiegende Mehrheit bestimmt mit Bawag-Chef Anas Abuzaakouk beantwortet. Und unter normalen Umständen würde der Banker mit seinen mehr als neun Millionen Euro Vergütung tatsächlich wieder das Ranking der Bestverdiener im ATX anführen.
Aber ganz normal waren die Umstände im abgelaufenen Jahr nicht. Denn Gerald Grohmann, der mehr als 22 Jahre die Geschicke von Schoeller Bleckmann Oilfield (SBO) äußerst erfolgreich leitete, zog sich zu Jahresende in den wohlverdienten Ruhestand zurück – und bekam zum Abschied ein hübsches Abfindungspaket im Ausmaß von mehr als fünf Millionen Euro mit auf den Weg. Zusammen mit seinem Jahresgehalt von 4,4 Millionen Euro hat es Grohmann mit der außertourlichen Zahlung geschafft, Abuzaakouk im Vergütungsranking knapp zu schlagen.
Vorstandsvergütungen im Visier kritischer Aktionäre
Auch wenn nicht alle Aktionäre auf der Hauptversammlung von SBO mit dieser Rekordvergütung einverstanden waren – 6,4 Millionen Stimmen dafür, 3,4 Millionen dagegen, ging die Abstimmung doch gut für Grohmann aus.
Anders bei der Bawag, wo der Gesamt-Vorstand mit mehr als 36 Millionen Euro der mit Abstand teuerste an der Wiener Börse ist. Hier stimmte eine Mehrheit von 27,6 Millionen Stimmen gegen die Megagehälter. Mit der Konsequenz, dass die Bank ihre Vergütungskriterien erneut überarbeiten wird müssen. Und das, obwohl sich die vorwiegend aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Manager 2023 ohnehin mit einer kleinen Reduktion ihres Einkommens abfinden mussten: Statt 38,3 Millionen Euro im Vorjahr waren es 2023 „nur“ mehr 36,6.
„Das Thema Vergütung ist DAS Thema der Hauptversammlungssaison“, berichtet Florian Beckermann vom Interessenverband für Anleger. Dabei richtet sich die Kritik der Kleinanleger und der immer präsenter werdenden internationalen Proxy Advisors wie ISS und Glass Lewis nicht nur gegen die absolute Höhe der Vergütung, sondern auch deren Relation zur Größe des Unternehmens des heimischen Kapitalmarkts.
Während sich ein Willi Cernko als Chef der Erste Group und somit der größten heimischen Bank mit 2,9 Millionen Euro begnügt, kassiert Abuzaakouk mehr als das Dreifache. Sogar Andrea Orcel, Chef der UniCredit, und Christian Sewing von der Deutschen Bank hängt der Bawag-Boss locker ab. Befragt, wieso denn das so sei, meinte Bawag-Präsident Egbert Fleischer auf der Hauptversammlung dazu nur knapp: „Pacta sunt servanda.“
Das lässt Beckermann so aber nicht stehen, denn: „Hier liegt der Ball ganz klar beim Aufsichtsrat“, schließlich hat dieser die Verträge ja auch ausgehandelt.
Gern verweist man in der Bawag auch auf die wirtschaftlichen Erfolge, die ihre Manager erzielt haben: So konnte die Dividende in den letzten vier Jahren von 230 auf 393 Millionen Euro deutlich erhöht werden. Das gesteht auch Beckermann neidlos zu: „Die Bawag-Manager erzielen für die Aktionäre eine Megarendite.“ Was aber nichts daran ändere, dass deren Gehälter in Beckermanns Augen unangemessen hoch sind.
Die Millionäre unter den CEOs
Während auf den Aufsichtsrat der Bawag also noch einiges an Arbeit zukommen dürfte, offenbart das trend-Vergütungsranking der CEOs der wichtigsten Unternehmen an der heimischen Börse, dass die überwiegende Mehrheit der Bosse – exakt 21 von 29 – inzwischen über eine Million Euro jährlich verdient. Die einzige Frau in der Rangliste, Radka Doehring, kommt in ihrer Doppelrolle als Chefin der Immofinanz und der S Immo immerhin auf insgesamt 1,45 Millionen Euro. Das Durchschnittsgehalt im ATX Prime lag 2023 bei 2,47 Millionen Euro und damit nahezu gleich hoch wie im Jahr davor. Gehaltsexperte Conrad Pramböck gibt allerdings zu bedenken: „Nur die Crème de la Crème verdient mehr als eine Million. Die meisten Geschäftsführer sind von solchen Beträgen Lichtjahre entfernt.“
Ein genauerer Blick auf die Gehaltsentwicklung gegenüber 2022 zeigt, dass diese recht uneinheitlich ist: Während 17 der untersuchten Konzerne ihren Chefs 2023 mehr bezahlten, kam es in zwölf Unternehmen zu teils massiven Gehaltseinschnitten. So verdiente Mayr-Melnhof-CEO Peter Oswald nahezu um zwei Millionen Euro weniger als im Rekordjahr 2022. Genau umgekehrt verlief es am Flughafen, wo deren Chefs Günther Ofner und Julian Jäger auch dank der nach der Pandemie wieder erstarkten Reisetätigkeit ihre Vergütung nahezu verdoppeln konnten. Der Grund für diese massiven Schwankungen liegt darin, dass der variable Gehaltsbestandteil der Manager im Schnitt bereits deutlich über 50 Prozent liegt. Sprich: Läuft das Geschäft schlechter, spüren die Firmenlenker das auch in ihrer eigenen Geldtasche.
Gehaltsexperte Conrad Pramböck zeichnet ebenfalls ein sehr uneinheitliches Bild: „Die letzten Jahre waren für die meisten CEOs keine leichten.“ Prozentuell seinen deren Gehälter, so sein Hinweis, „dennoch großteils nicht so stark gestiegen wie jene der einfachen Mitarbeiter.“ Auf der anderen Seite gäbe es aber auch Konzerne, bei denen man den Eindruck hat, Geld sei abgeschafft, räumt Pramböck ein.
ATX-Vorstände verdienen das 75-Fache der Beschäftigten
Ungewöhnlich leise verhält sich diesmal auch die Arbeiterkammer – offenbar angesichts der in vielen Branchen sehr üppigen Kollektivvertragserhöhungen des heurigen Jahres. Eine Anfrage des trend ließ man unbeantwortet. Lediglich vor den KV-Verhandlungen forderte die AK anlässlich des „Fat Cat Day“ am 8. Jänner ein angemessenes Verhältnis zwischen den Gehältern der Firmenchefs und den Einkommen der Belegschaft. Diese Relation, so hat es die Arbeiterkammer jedenfalls für 2022 ausgerechnet, liege bei 75. Sprich: Die Vorstände im ATX verdienen durchschnittlich das 75-Fache des Mediangehalts eines österreichischen Beschäftigten.
Pramböck meint: „In den letzten Jahren ist das Geld eher bei den einfachen Mitarbeitern gelandet und nicht beim Management. Aber derartige Gehaltssteigerungen gehen sich irgendwann nicht mehr aus.“
Aber auch hier bildet die Bawag die große Ausnahme: Ist das Durchschnittsgehalt eines Mitarbeiters seit 2019 gerade einmal um 11,3 Prozent auf zuletzt 70.865 Euro angestiegen, sind die Zuwendungen an den Gesamtvorstand im gleichen Zeitraum um satte 85 Prozent angehoben worden. Der Vorstand verdient damit das 516-Fache eines Bawag-Mitarbeiters.
Aufsichtsratsentschädigungen liegen im Vergleich zurück
Während sich die Topgehälter in Österreich – auch dank der Bawag – mittlerweile internationalen Standards allmählich angenähert haben, hinken die Vergütungen der Aufsichtsräte nach wie vor überwiegend hinten nach. So verdiente Norbert Reithofer, BMW-Aufsichtsratsvorsitzender und damit der teuerste Kontrollor im DAX, zuletzt 610.000 Euro, während sich Bawag-Präsident Egbert Fleischer mit 379.000 Euro „begnügte“.
Aber auch hier kommt langsam Bewegung rein: So hat sich die Erste Group diese Woche auf der Hauptversammlung von den Aktionären eine kräftige Erhöhung der Aufsichtsratsvergütungen genehmigen lassen. Langzeitpräsident Friedrich Rödler soll statt der bisherigen 180.000 Euro Grundvergütung künftig 240.000 Euro erhalten. Auch die Honorierung für die Tätigkeit in Ausschüssen wurde entsprechend angehoben. Es scheint sich also auch hierzulande herumzusprechen, dass gute Aufsichtsratstätigkeit nicht nur Zeit kosten darf.
Internationale Gigantonomie: Elon Musks Kampf um Milliarden
Apropos etwas kosten: Es wäre nicht Elon Musk, würde er nicht auch das Vergütungsthema auf die Spitze treiben. Der Tesla-Chef will sich ein – zuvor von einem Gericht als unverhältnismäßig und unfair abgeschmettertes – Kompensationspaket im Ausmaß von 56 Milliarden US-Dollar absegnen lassen. Für die letzten fünf Jahre – was aber immer noch einer Jahresgage von mehr als zehn Milliarden Dollar gleichkommt.
Während Musk auf seinem Social-Media-Kanal „X“ kräftig Werbung für das Paket macht und seine Aufsichtsräte durch das Land schickt, um dafür Stimmung zu machen, haben sich zuletzt größere Aktionärsgruppen dagegen ausgesprochen. Auch Musks kürzliche Ankündigung, jeden zehnten Mitarbeiter kündigen zu wollen, hat das Verständnis für seine exorbitanten Gehaltswünsche nicht unbedingt vergrößert. Sollte die Abstimmung nicht im Sinne von Musk ausfallen, hat er bereits angedroht, den Tesla-Firmensitz von Delaware nach Texas verlegen zu wollen, um missliebigen Gerichten zu entfliehen.
Auch abgesehen von Musks Gigantomanie können sich die Vergütungen in den USA sehen lassen: Wie das Wall Street Journal vor wenigen Tagen auswertete, konnte jeder vierte CEO 2023 eine Gehaltserhöhung von 25 Prozent für sich verbuchen.
Spitzenreiter unter den Wall-Street-Bossen war vergangenes Jahr Hock E. Tan, Chef des Halbleiterunternehmens Broadcom, mit umgerechnet 150 Millionen Euro. Auffällig bei den US-Gehaltsgiganten ist, dass die Tech-Stars und die Medienmogule 2023 die Nase vorne hatten.
Lediglich fünf der 25 Bestverdiener kamen aus dem Finanzbereich. Diese Relation war vor der Finanzkrise noch eine ganz andere. Blackstone-CEO Steven Schwarzman ist mit 120 Millionen Dollar der Spitzenreiter unter den Bankern. Davon ist auch Bawag-Mann Abuzaakouk noch ein Stück weit entfernt.
Das haben die CEOs im ATX Prime im Jahr 2023 verdient
Die Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden im ATX Prime im Jahr 2023
Internationale Topverdiener: Bezüge ausgewählter CEOs (2023)
Der Artikel ist trend. PREMIUM vom 24. Mai 2024 entnommen.
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