Patricia Neumann, CEO Siemens Österreich
©LUKAS ILGNERDer Schlüsselmoment für die Zukunft von Siemens wird sein, so Österreich-CEO Patricia Neumann, ob es gelingt, „die digitale Welt mit der realen zu verknüpfen“. Zugleich sei das industrielle Metaverse auch Europas große Chance.
Für den Technologieriesen Siemens hat Patricia Neumann, Chefin von Siemens Österreich, einen klaren „Moment of Truth“ vor Augen: „die digitale Welt mit der realen zu verknüpfen“. Was Meta-Gründer Mark Zuckerberg für digitale Konsumenten als Vision skizziert hat, will das 176 Jahre alte Technologieunternehmen im Industriebereich schaffen: „Das industrielle Metaverse wird kommen.“
Was bedeutet das? In einer Vielzahl von Bereichen von der Produktentwicklung über den Vertrieb bis zum Recyclingplan mit digitalen Zwillingen zu arbeiten, bevor die analoge Welt ins Spiel kommt. Neumann: „Wir haben eine reale Welt, die nicht weggeht, und eine digitale, die es schon gibt und die immer wichtiger wird. Die beiden Welten gilt es zu verknüpfen.“ Mit dem Chipriesen Nvidia wird kooperiert, um mithilfe von KI die fotorealistische Visualisierung solcher Digital Twins zu beschleunigen.
Industrie sichert die Zukunft
Entscheidend ist dabei, dass es die zwei Welten in der notwendigen Stärke gibt. Und daher zieht Neumann, die in Alpbach zum Thema Wettbewerbsfähigkeit diskutieren wird, einen konkreten industriepolitischen Schluss. 580 Forscherinnen und Entwickler arbeiten bei Siemens Österreich, das eines von elf globalen Technologiefeldern des Konzerns steuert. Um diese PS auch auf die Straße zu bringen, braucht es aber auch industrielle Kunden im Umfeld. „Wir achten darauf, dass das, was wir tun, auch anwendbar wird. Dazu brauche ich aber auch den Industriekunden, der Verwendung dafür hat.“ Nachsatz: „Es ist wichtig für Österreich, dass wir auch in Zukunft einen Industrieanteil von 25 Prozent haben.“ Siemens ist von Industriekunden abhängig, daher sind solche Entwicklungen entscheidend für die Frage, wo künftig investiert wird.
Der Vergleich macht sicher. Siemens Österreich befindet sich in einem Verbund mit 25 anderen Ländern von Israel bis Zentralasien. In ihrem ersten Jahr an der Spitze hat die frühere IBM-Österreich-Chefin fast alle dieser Länder besucht. Sie stellt fest, dass die Slowakei, Bulgarien oder Rumänien stark Produktionen ansiedeln, während anderswo die schleichende Deindustrialisierung fortgesetzt zu werden droht.
Clean Industrial Deal zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
Immerhin: Der von der alten neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgerufene Clean Industrial Deal signalisiert, dass „Industrie positiver gesehen wird als noch vor einigen Jahren. Die Awareness ist gestiegen.“ Ob solche Ankündigungen auch eingelöst werden, wie etwa auch im Bereich Abbau der Bürokratie, sei die „Stunde der Wahrheit“ auf der europäisch-politischen Ebene. Denn: „Ich könnte Ihnen noch kein Beispiel nennen, wo mir so eine Reduktion bereits aufgefallen wäre.“
Doch auch die Industrie selbst, die dieser Tage oft kräftig gegen Brüssel schimpft oder Subventionen fordert, will Neumann in die Pflicht nehmen. „Die Unternehmen sollten wir nicht aus der Eigenverantwortung entlassen. Auch sie sollten sich fragen, was sie zur Wende beitragen können.“