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Herbert Eibensteiner: Österreich verabäumt es, bei den großen Vorhaben der neuen EU-Kommission mitzumischen, etwa dem Clean Industrial Deal.
Mit politischen Kommentaren hält sich Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner üblicherweise zurück. Doch bei einem Journalistengespräch am Dienstagabend war er überraschend deutlich: „Wenn wir eine Regierung hätten, könnte das jetzt jemand in Brüssel beeinflussen“, so der CEO des Stahl- und Technologieunternehmens. „Das" bezieht sich auf die großen Reformprojekte, an denen das neue Team rund um EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den ersten 100 Tagen arbeitet. Dazu gehört der „Clean Industrial Deal", der den „Green Deal" industriefreundlicher machen soll. Die Kritik an mangelnder österreichischer Präsenz ist auf die Übergangsregierung gemünzt, die jetzt von Alexander Schallenberg geführt wird. Eibensteiner: „Wir hören nichts mehr vom Clean Industrial Deal."
Für ein Unternehmen wie die Voestalpine ist die Überarbeitung des Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Cross Border Adjustment Mechanism) oder der Lieferkettenrichtlinie essenziell, um global erfolgreich wirtschaften zu können.
An der bisherigen EU-Spitze bemängelt Eibensteiner mangelnde Selbstkritik. Aussagen von EX-EU-Kommissar Johannes Hahn im trend, wonach die EU lediglich das Image eines Bürokratiemonsters habe, aber „vor zehn Jahren 1.000 Regelungen ersatzlos gestrichen wurden, darunter die berühmte Gurkenkrümmung", nannte der Voestalpine-CEO „entrückt".
Eibensteiner wünscht sich die rasche Bildung einer neuen Bundesregierung, von der er sich Maßnahmen zur Reduktion der Arbeits- und Energiekosten und eine „Eindämmung der Regulierungs- und Berichtsflut" erwartet. In Richtung der „Festung Österreich" - Ideen der FPÖ hält er klar fest: „Ohne Zuwanderung wird es nicht gehen." Ebenso erwarte sich die Voestalpine als exportorientiertes Unternehmen von der neuen Regierung ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union, so Eibensteiner.
Die Klimaschutzziele generell zu kappen, hält er jedoch nicht für notwendig: „Die Klimaschutzziele haben nach wie vor Bestand“. Die Voestalpine investiert in Linz und Donawitz derzeit 1,5 Milliarden Euro in seinen Greentec-Steel-Plan zur Dekarbonisierung, 310 Millionen Euro sind schon ausgegeben. Er rechnet auch damit, dass sich für grünen Stahl ein höherer Preis erzielen lässt: Für einen 5er-BMW würden das Mehrkosten in Höhe von lediglich 150 Euro bedeuten: „Es wird sich ein Markt für grünen Stahl entwickeln, vielleicht etwas langsamer als gedacht.“
Gelingt der EU unter von der Leyen die versprochene Neuausrichtung, ist Eibensteiner für Europa mit Blick auf die Bevölkerungsgröße und Sparguthaben durchaus optimistisch: „Wir sind mehr, und wir haben mehr Geld auf der Seite“. Wenn die Investitions- und Konsumlaune, auch durch niedrigere Zinsen, wieder ansteigt, werde das auch die Wirtschaft beflügeln.
Die drohenden höheren US-Zölle bereiten Eibensteiner kein allzu großes Kopfzerbrechen. Etwas mehr als die Hälfte der Produktion in den USA sei lokale Wertschöpfung. „Es geht auch keine Schiene aus Donawitz in die USA. Wir liefern Produkte in die USA, die es dort nicht gibt. Wenn die wer haben will, muss er den Zoll zahlen."