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Alexis Nasard (links), CEO des Swarovski-Konzerns, am Wiener Opernball 2024 mit der Künstlerin Kaleen.
©Andreas Tischler / picturedesk.comIn einem Brief an die Gesellschafter des Kristallkonzerns warnen die Betriebsräte vor Ausdünnung und kritisieren die hohen Managementgehälter. Am 5. März wird es in Wattens einen Trauermarsch geben.
Wenn auf den Häuptern der Debütantinnen am Opernball wieder die Swarovski-Tiaras funkeln und die Vertreter des schweizerisch-Tiroler Kristallkonzerns in ihrer Loge Hof halten, wird wieder einmal alles von Glanz und Glamour überstrahlt – der Kernkompetenz von Swarovski.
Doch im Hintergrund brodelt es. Zwar hat das Unternehmen 2024 nach schweren Krisenjahren den Sprung in die Gewinnzone geschafft. Doch insbesondere am Gründungsstandort Wattens in Tirol wird nach wie vor reduziert – sowohl das Personal als auch die Betriebsfläche. Der gesamte Betriebsrat hat deshalb an die fast 80 Gesellschafter des Konzerns Ende vergangener Woche einen Brief geschrieben, der sich wie ein Hilferuf liest.
In dem 4-seitigen Schreiben, das dem trend vorliegt, wird eingangs darauf hingewiesen, dass seit 2007 4.000 Mitarbeiter:innen in Wattens ihre Jobs verloren haben. Dagegen zahle sich „das externe Management Boni aus, reist permanent in der Weltgeschichte herum, feiert am Opernball und lässt sich dort sogar mit der Stretchlimo vorfahren und nächtigt im Hotel Sacher“, heißt es klassenkämpferisch.
Aus 12 weiteren angehängten Seiten Dokumentation geht hervor, dass das 11-köpfige zentrale Führungsgremium von Swarovski, der Executive Board, 2023 elf Millionen Euro verdient hat. CEO des Konzerns ist seit 2022 Alexis Nasard.
Außerdem wird von Plänen berichtet, am Werksareal in Wattens Flächen, die künftig nicht mehr für die Produktion benötigt werden, zu entwickeln. Es soll sich um zunächst 82.000 Quadratmeter handeln. Der Konzern nimmt auf trend-Anfrage dazu extrem knapp Stellung: „Es werden viele Möglichkeiten geprüft, um die Nutzung des Standorts Wattens zu optimieren.“
Ein PR-Berater im Auftrag von Swarovski fügt an, dass „die kommunizierten Zahlen entweder aus dem Kontext gerissen oder zum Teil überhaupt falsch" seien; eine rechtliche Prüfung sei beauftragt worden. Der Kontext wird in dieser schriftlichen Stellungnahme allerdings nicht hergestellt. Das Unternehmen bestreitet „kategorisch jegliche Absicht, den Standort Wattens zu verkaufen" und verurteilt „jegliche Falschinformationen in dieser Hinsicht aufs Schärfste."
Die Belegschaftsvertreter fordern, statt Wattens auszudünnen, am Stammsitz für Auslastung zu sorgen und die Umsätze nach oben zu treiben. Während das Headquarter im Schweizer Männedorf im letzten Jahrzehnt die De-facto-Entscheidungszentrale geworden ist, wird vorgeschlagen, „den großartigen Standort Männedorf zu verkaufen und in der Schweiz nur einen kleinen Firmensitz zuzumieten.“ Damit, so die Argumentation, sei das Management wieder näher an der Entwicklung und der Produktion.
Dass der Betriebsrat an den Dividendeninstinkt der Eigentümer appelliert, ist jedenfalls originell: „Es geht um Ihr Kapital, Ihr Anlagevermögen, das hier vernichtet wird.“ 2025 wird zum Schicksalsjahr erklärt: „Heuer ist das Jahr der Entscheidung, ob Swarovski als Vorzeigeunternehmen weiter existiert oder ob es weiterhin in den Ruin getrieben wird.“
Im Brief kündigen die Betriebsräte Maßnahmen an, die „in den nächsten Tagen und Wochen“ ergriffen werden, „um auf die Missstände in der Führung hinzuweisen." Darunter wird auch ein „Trauermarsch" am Aschermittwoch, 5. März, vor dem Werk in Wattens sein.