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Standort Österreich: Wachstum findet im Ausland statt

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Stefan Bergsmann, CEO Horváth Österreich

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Warum uns die aktuelle Konjunkturdelle weniger Sorgen machen sollte als der erwartete Aufschwung. Gastbeitrag von Dr. Stefan Bergsmann, CEO Horváth Österreich.

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Die Zeiten aktuell sind dynamisch und herausfordernd, daran ist kein Zweifel. Bei genauer Betrachtung gibt es jedoch große Unterschiede zwischen den Branchen, wie die aktuelle HORVÁTH CxO Priorities Studie zeigt, bei der jährlich weltweit 770 C-Level Führungskräfte befragt werden. Davon mehr als 80 Top-Manager:innen aus Österreich. Während die Geschäftserwartungen in der produzierenden Industrie, und hier insbesondere in der Automobil-, Metall- und in der Bauindustrie vielfach negativ sind, rechnen Manager in den Dienstleistungsbranchen auch in 2024 mit einer guten Geschäftsentwicklung, wenn auch nicht überall so exzellent wie im Vorjahr. Hier stechen insbesondere Energieversorger, Finanzdienstleister und Versicherungen hervor. Defense erlebt gerade ein Revival, ist aber ein ganz eigenes Thema.

Dies schlägt sich auch in den Prioritäten der Top-Manager für das Jahr 2024 nieder: in der produzierenden Industrie ist die Verbesserung der Kosten- und Profitabilität klar der wichtigste Punkt auf der Managementagenda. Dahinter folgen Cybersecurity und die digitale Transformation. Der Kampf um gute Mitarbeiter:innen und damit verbundenen Personalthemen haben demgegenüber etwas an Priorität eingebüßt. Ebenso das Thema Nachhaltigkeit, das aber aufgrund der regulatorischen Themen mittel- und langfristig weiterhin wichtig bleibt.

Digitale Herausforderungen

In den Dienstleistungsbranchen ist hingegen weiterhin die Digitale Transformation das Top-Thema auf der Prioritätenliste, befeuert insbesondere natürlich vom Hype um Künstliche Intelligenz und die Nutzung der Daten für neue Geschäftsmodelle. Auch hier folgt auf Platz zwei das Thema Cybersecurity. Platz drei belegen bei Dienstleistern die Personalthemen, die mit Cybersecurity gegenüber dem Vorjahr den Platz getauscht haben. Kosten- und Ergebnisoptimierung, das Top-Thema in der Industrie, rangiert hier nur auf Platz 4.

Für 2025 sind die Aussichten durchwegs wieder positiv – alle Branchen rechnen für das nächste Jahr wieder mit relevanten Umsatzsteigerungen. Damit verlagert sich der Fokus dann wieder mehr hin zu Wachstumsthemen. Abweichend von den beiden letzten Jahren mit höherer Inflation wird das Wachstum auch wieder primär aus Mengensteigerungen erwartet und nur zu einem Drittel aus Preissteigerungen.

Wachstum findet im Ausland statt

Anders als früher wird das Wachstum aber vor allem in anderen Regionen der Welt erfolgen. Insofern werden auch Investitionen und Personalaufbau vor allem dort und nicht in Österreich geplant. Rund die Hälfte der Investitionen größerer Unternehmen erfolgen bereits im Ausland. Neben den USA sind dabei vor allem Südostasien und Indien im Fokus, ebenso die CEE-Region. Auch der Personalaufbau erfolgt in diesen Regionen. Dabei kommt es vereinzelt zu einem Abbau hierzulande, wie wir das aktuell in den Medien sehen. Viel wichtiger aber ist, dass neue Stellen eben vielfach nicht mehr bei uns sondern in diesen anderen Wirtschaftsregionen entstehen.

Das Exportmodell weicht damit mehr und mehr einem Modell global agierender Unternehmen, in denen die verschiedenen Weltregionen durch regionale Niederlassungen und Produktionen bedient werden. Mit anderen Worten: das Wachstum findet im Ausland statt. Die Treiber dafür sind insbesondere Kostengründe, aber auch die Wichtigkeit der Kundennähe und zunehmende oder potentielle Handelshemmnisse. Auch wenn die Zentralen und wichtige Stabs- und Supportfunktionen weiterhin in Österreich sind und auch die Unternehmensgewinne hier zusammenlaufen, so erfolgt doch mehr und mehr Wertschöpfung dezentral und außerhalb Österreichs.

Bedenklicher Optimismus

Daraus folgen natürlich auch Herausforderungen für die Organisation und die Steuerung der Unternehmen. Insofern verwundert es nicht, dass die Anpassung der Organisationsstrukturen und der Steuerungssysteme in der Prioritätenliste der Top-Manager jeweils etwas vorgerückt sind.

Die aktuell schlechte Stimmung in der Wirtschaft sollte uns daher weniger Sorgen machen. Hier sind die Themen adressiert und es gibt eben auch einige Branchen, in denen die Geschäfte gut laufen, auch wenn man das medial weniger wahrnimmt. Viel mehr Sorgen sollte uns der Optimismus für 2025 und darüber hinaus machen, denn dieser basiert vor allem auf dem Wachstum in anderen Ländern und Regionen. Solange zumindest die Zentralen im Land bleiben, ist das ev. noch zum Teil verschmerzbar. Sollten diese aber durch Eigentümerwechsel einmal auch verlagert werden, dann kann es in unseren Industriehallen rasch dunkel werden. Genau hier muss gute Standortpolitik ansetzen.

Management Commentary

Über die Autoren

Stefan Bergsmann ist Österreich-Geschäftsführer der Managementberatung Horváth und gefragter Gesprächspartner und Redner bei Top-Konzernen und Konferenzen.

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