Die 15 WESTbahn-Garnituren sind im Dauereinsatz – trotz Einschränkungen durch Hochwasserschäden.
©Schedl/WESTbahn Management GmbHFür 2023 schüttete das Bahnunternehmen 25 Millionen Euro an die Eigentümer aus – unter ihnen befindet sich neben der Haselsteiner-Privatstiftung und SNCF nun auch Marco Ramsbacher, der per Anfang September außerdem in die Geschäftsführung eingezogen ist.
Trotz hochwasserbedingter Infrastrukturschäden in dreistelliger Millionenhöhe auf der neuen Weststrecke zwischen Wien und Sankt Pölten machen die betrieblichen Einschränkungen Thomas Posch wenig Sorgen. Natürlich sei die Situation „kein Honiglecken“, sagt der Geschäftsführer der privaten WESTbahn. Doch weil viele der nun im Stunden- statt im Halbstundentakt fahrenden WESTbahn-Züge als Doppelgarnitur geführt werden, sei „die Kapazität annähernd dieselbe wie davor.“ Durch die wechselseitige Anerkennung der Tickets erhält der ÖBB-Mitbewerber zudem neue Passagiere von der Konkurrenz. Und wenn am 10. Oktober das zweite Gleis auf der Ausweichroute, der alten Weststrecke, in Betrieb genommen wird, würden sich auch die derzeitigen Verzögerungen von 30 Minuten verringern – dann fährt die WESTbahn auch wieder im Halbstundentakt. Die neue Weststrecke ist laut letzten ÖBB-Angaben wohl bis nach Weihnachten gesperrt, Experten erwarten Beeinträchtigungen bis Mitte 2025.
Während früher auch vor Gericht die Hackeln tief flogen, verliert Posch über die ÖBB heute nur gute Worte. Wie schon in der Coronakrise halten der staatliche und der private Anbieter gut zusammen: „Wir ziehen an einem Strang.“ Ein Regress wegen der eingeschränkten Möglichkeit, die ÖBB-Infrastruktur zu nutzen, sei kein Thema, überdies auch nicht vorgesehen: In diesem Fall handle es sich ohnehin um höhere Gewalt, so der Bahnchef.
Nach einem Rekordjahr 2023 mit einem um 38 Prozent auf 117 Millionen Euro gesteigerten Umsatz und 7,3 Millionen abgespulten Zugkilometern ist das Unternehmen zuversichtlich, trotz der Naturkatastrophe auch dieses Jahr die Budgetziele zu erreichen. Sehr zur Freude der Eigentümer – 49,9 Prozent der Muttergesellschaft Rail Holding AG hält die Haselsteiner-Familien-Privatstiftung, 32,7 Prozent Marco Ramsbacher, Sohn der Hotelière Helena Ramsbacher, 17,4 Prozent die französische SNCF. Nach 25 Millionen Euro im Jahr davor wurde auch für 2023 eine Ausschüttung in dieser Höhe an die Rail Holding AG beschlossen. Mit der Summe konnten Gesellschafterdarlehen "teilweise rückgeführt" werden, verlautet aus dem Unternehmen.
Nach riesigen Anfangsverlusten von kumuliert fast 100 Millionen Euro macht sich für Hans Peter Haselsteiner & Co. das Investment in das Ende 2011 gestartete Bahnunternehmen nun also bezahlt. Neu ist, dass Ramsbacher, davor Aufsichtsrat, mit Anfang September 2024 in die Geschäftsführung gewechselt ist, wo er Florian Kazalek abgelöst hat.
Mit dieser unternehmerischen Verstärkung im Führerstand werden im Herbst neue Destinationen angegangen: Ab 15. Dezember wird Stuttgart mit den neuen Halten Augsburg, Günzburg und Ulm angesteuert, von Wien in die baden-württembergische Landeshauptstadt soll es dann zwei Mal täglich ohne Umsteigen in sechseinhalb Stunden hin und her gehen. Die Vorarlberg-Frequenz wird verdoppelt. Und für 2025 sind je eine Erweiterung Richtung Westen oder Richtung Osten – konkret Frankfurt oder Budapest – denkbar. „Wir werden uns überlegen, ob es sinnvoller ist, in die eine oder in die andere Richtung zu fahren“, sagt Posch. Nadelöhr ist derzeit die Verfügbarkeit von rollendem Material. Überzeugt ist er jedenfalls, dass Bahnfahren weiterhin boomen wird – und die WESTbahn gute Chancen hat, davon zu profitieren.