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WM-Sponsoring, Vier-Tage-Woche, Flugblätter: Wie sich der kleine österreichische Werkzeugspezialist Zgonc mit unkonventioneller Nischenstrategie seit Jahrzehnten seinen Fixplatz im Handel zimmert.
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Während auf den Pisten des Zwölferkogels in Saalbach noch die Stockerlplätze verteilt werden, steht der kleine österreichische Werkzeugspezialist Zgonc als Gewinner der Ski-WM in Saalbach schon fest: Dank Hauptsponsorvertrag sind die markanten schwarz-gelben Logos des Erfinders von Marketingklassikern wie „Kopfstandpreis“ oder: „Raunz´ nicht, kauf´“ nicht zu übersehen - und lassen weit größere Werberiesen wie Vredestein oder A1 daneben fast blass aussehen.
Bereits vor zwei Jahren war man bei der Ski-WM in Frankreich für einen ausgefallenen Sponsor eingesprungen. Der Erfolg damals ließ das kleine Familienunternehmen heuer wieder tief in die Tasche greifen, um auch bei der Heim-WM Flagge zu zeigen, zusammen mit Skilegende Hans Knauß als Testimonial. Erstaunlich: Es sind die zeitlos-analogen Basics des Marketings, mit denen sich das Unternehmen einen Fixplatz am Heimwerkermarkt sichern konnte - gegen alle Handelstheorien des Internetzeitalters. Oder, wie es Knauß formuliert: „Ski Alpin ist hierzulande die Sportart Nummer eins. Und Saalbach immer das Tüpferl am i. Das ändert sich nie.“
Begonnen hatte für Zgonc alles 1957, als der Vater von Peter Zgonc mit einer kleinen „Werkzeugschwemme“ für Gebrauchtwaren den Grundstein für die spätere Filialkette legte. Sein Sohn baute sie ab 1967 dann stückweise auf. Langsam, immer eigene Immobilien, kein Fremdkapital – ein Grundsatz, der auch nach seinem Tod 2017 weiter galt und das Unternehmen resilient macht, etwa gegenüber Zinsänderungen, die so manch andere Handelskonstruktion zum Einsturz brachten.
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Begonnen hatte alles 1957, als der Vater von Peter Zgonc mit einer kleinen „Werkzeugschwemme“, für Gebrauchtwaren den Grundstein für die spätere Filialkette legte, anfangs noch „Werkzeugarsenal“ getauft.
© Zgonc, beigestellt16 Monatsgehälter
Auch sonst ignoriert man allgemein übliche Retail-Empfehlungen. Statt Personal als Kostenfaktor zu sehen, versucht Zonc-Chef Dockal Mitarbeiter an sich zu binden, 15 Monatsgehälter gibt es für alle, die länger als fünf Jahre dabei sind, ab zehn Jahren sind es sogar 16. Teuer, aber effektiv: Die Beratungskompetenz steigt mit den Berufsjahren – und das ist auch einer der USPs im Markt, der sonst vom Kampf gegen die KV-Erhöhung bestimmt wird.
Wer will, kann die Arbeitszeit in vier Tagen abwickeln. Statt grenzenloser Öffnungszeiten sperrt man ohnehin Freitags um 13 Uhr zu, eine gut gelernte Übung für die Stammkundschaft, die den Fachleuten hinter dem Tresen genug Zeit für die praktische Erprobung ihrer Skills in Nachbarschaft und Freundeskreis lässt. Dockal: „Unsere Verkäufer haben erlernte Berufe, Schlosser, Zimmerleute, die in den Verkauf gewechselt sind. Warum, glauben Sie, kriegen wir die?“
Im Onlinewettbewerb zwischen Amazon, Temu & Co will und kann man nicht mithalten. Der Webshop ist professionell, aber mit gerade mal vier bis fünf Prozent vom Umsatz nicht mehr als eine Ergänzung zum Filialbetrieb (mit zuletzt gesamt 123 Millionen Euro Umsatz).
Man setzt im Marketing auf herkömmliche Flugblätter mit den seit Jahrzehnten gültigen Mechanismen von Schwellenpreisen, Aktionen und Sortimentsparaden. Eigenmarken, sonst ein absolutes Musthave der reinen Handelslehre, haben keine Chance im weltweiten Massenmarkt zwischen den Premiumnamen von Bosch, Stihl und Makita. Lieber setzt man auf 100 Prozent Warenverfügbarkeit. Dockal: „Wir holen die Kunden mit guten Angeboten im Prospekt in die Filialen, und sie gehen mit einem noch besseren Produkt nach Hause. So etwas schafft niemand in der Onlinewelt.“
Expansion ins Ausland – wozu?
Dass die Sponsoringausgaben für die WM in Saalbach eigentlich globale Sichtbarkeit bringen, wird links liegen gelassen. Man macht sich lieber das unmittelbare Umfeld zugute, profitiert von der Teilnahme am Jö!-Bonusklub, dem Multipartner-Loyaltyprogramm von Rewe, und bietet für 500 Jö!-Punkte im Gegenwert von fünf Euro bis zu 10 Prozent Rabatt an. Das bedeutet bei größeren Anschaffungen mehrere hundert Euro Preisvorteil. Und bringt dem Unternehmen die sonst unzugänglichen Daten seiner Kunden.
Corona brachte – anders als bei anderen Unternehmen – einen Schub auf einen neuen Umsatzlevel. Die halbe Nation behübschte in den Lockdowns das Umfeld mit neuen Kästen, Gartenzäunen oder Pergolas. Schwächen des DIY-Booms bläst der parallel laufende Akku-Boom weg wie ein Laubbläser die Herbstblätter. Die dank Elektroautoindustrie mehrfachen Technologiesprünge bei Lithium-Ionen-Batterien kommen auch dem kabellosen Betrieb von Elektrokleingeräten zugute, ließen Heerscharen von Handwerkern von der Leine und ihre alten Werkzeuge verschrotten.
Zgonc hatte frühzeitig erkannt, dass das Um und Auf dabei die Bindung an eine Akku-Plattform bestimmter Hersteller ist, sie garantiert dem Händler weitere Umsätze: Kunden, die sich einmal entschieden haben, werden die gesamte Produktpalette Stück für Stück ergänzen.
Befriedigt schaut man nun auch auf die jüngsten Analysen von Marktforscher IMAS, der bisher schon an die 60 Studien über Zgonc durchgeführt hat. Die Bekanntheit ist in den Jahren des Ski-Sponsorings von 60 auf 76 Prozent gestiegen, man liegt nur knapp hinter den ganz großen wie Obi oder Hornbach. Die Imagewerte stiegen im selben Zeitraum im zweistelligen Bereich, erklärt Senior Research Director Paul Eiselsberg: „Zgonc hat sich in der Wahrnehmung als Marktführer im Bereich Akkugeräte etabliert. Dies ist das Ergebnis konsequenter strategischer Entscheidungen”.
Kurze Ladeschwäche
Freilich, die Energie ist auch bei Zgonc nicht wirklich unendlich. Das Jahr 2023 brachte das erste kleine Negativergebnis in der Unternehmensgeschichte jemals, der harte Wettbewerb hinterließ doch seine Spuren. Mittlerweile freilich dürfte der Akku wieder geladen sein. Dockal: „2023 war besonders herausfordernd durch steuerrechtliche Rückstellung für Währungsgeschäfte und immense Mehrkosten im Personal und Marketing, auch wegen der Ski-WM in Frankreich. 2024 schaut deutlich besser aus und wir erzielen wieder einen sehr guten Gewinn“.
Letztlich kann man auf die mehr als stabile Bilanzstruktur vertrauen, schiebt das Unternehmen doch Gewinnvorträge in hoher zweistelliger Millionenhöhe vor sich her. Eigentümer ist eine Stiftung, die das Unternehmen losgelöst vom direkten Einfluss der Gründerfamilie und allzugroßer Dividendenbegehrlichkeit agieren lässt. Stattdessen wacht Dockal, schon seit Schulzeiten Freund des Hauses, nun in einer Doppelrolle in Stiftung und Geschäftsführung über das Erbe: „Wir sind in einer Nische so gut aufgestellt, dass wir noch für lange Zeit den eigentlichen Willen von Zgonc umsetzen können: Das Unternehmen muss für die Menschen rundherum da sein, nicht umgekehrt“.
Die nächste Ski-WM in der Schweiz kann kommen, Hans Knauß wird ziemlich sicher wieder dabeisein.