Rechtsanwalt Martin Schiefer zu aktuellen Themen im Vergaberecht.
Work-Life-Balance, Workaholic oder einfach der richtige Job?
Arbeitszeit, Work-Life-Balance, Benefits, Sabbatical – das sind die Themen, die Bewerber mit mir in der Kanzlei, in allen anderen Büros und bei Headhuntern bei einem Bewerbungsgespräch diskutieren möchten. Auch wenn sie unumstritten wichtig sind und meine Generation auf diese vielleicht lange vergessen hat, sollte es doch um Aufgaben, Erfüllung, Arbeitsstil, Entwicklungschancen und das Team gehen. Egal, ob als Vergaberechtsexperte, als Anwalt oder in jedem anderen Beruf, geht es meines Erachtens darum, den richtigen Job zu finden, den man mit Leidenschaft und Begeisterung macht, bei dem man nicht auf die Uhr schaut, weil er zum Anliegen und zur Motivation wird. Der Erfolg ist – auch – eine Belohnung – nicht nur der Lohn und die Work-Life-Balance. Das ist nicht Old-School-Workaholic-Denke, sondern zeitlos.
Lieferketten, Lebenszyklus & Kreislaufwirtschaft
Wie schaffen wir den Wandel zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Wirtschaft, die den Wohlstand sicherstellt? Das ist die Gretchenfrage der heutigen Zeit, der sich Manager, Politiker und Entscheider tagtäglich stellen. Die Antwort ist sicherlich unglaublich komplex.
Aber drei Elemente können einen entscheidenden Beitrag leisten: zuverlässige Lieferketten, die nicht nur international, sondern auch regional aufgestellt sind, der Blick auf den Lebenszyklus eines Produkts und nicht allein auf den Preis und eine neue Sichtweise auf Reststoffe, die als Teil der Kreislaufwirtschaft und damit als Wertstoff gesehen werden. Die öffentliche Hand muss hier mit ihren Aufträgen und Ausschreibungen vorangehen, eine Entwicklung treiben und eine Vorreiter- und Vorbildrolle einnehmen.
Die Dopingsünder der öffentlichen Verwaltung
Sie werden nicht des Dopings, sondern der Absprache überführt – die Kartellrechtssünder. Die Fragestellung ist ganz ähnlich: Was macht man mit den Doping- bzw. Kartellrechtssündern, nachdem sie überführt wurden? Kann, darf und soll der Kartellrechtssünder bei der nächsten Ausschreibung berücksichtigt werden? Klar ist: Der Markt braucht Anbieter. Würde man etwa Marktführer nach Absprachen dauerhaft von künftigen Verfahren ausschließen, könnte man keinen fairen Wettbewerb ermöglichen und würde nicht ausreichend Angebote erhalten.
Langfristig würde dies den Wettbewerb wieder verzerren und die Preise erst recht wieder treiben. Das bedeutet, dass nichts anderes übrig bleibt, als diese Unternehmen – selbstverständlich nach entsprechender Läuterung – künftig wieder zu Ausschreibungen zuzulassen. Dazu braucht es Vergaberechtsexperten, die Verfahren so aufsetzen, dass Absprachen vermieden werden. Dazu muss man vernetzt und vor allem neu denken.
Neue Ideen für eine neue Zeit
Ein Abo für Kinderkleidung, eine Waschmaschine mieten – die Rekordinflationsrate, die dramatisch steigenden Preise und der Klimawandel zwingen uns, vieles zu überdenken. Muss ich alles wirklich kaufen, oder kann ich es etwa nutzen und teilen?
Welche Rolle spielt Eigentum im 21. Jahrhundert in einem Zeitalter der Veränderung? Die Frage ist nicht so simpel zu beantworten. Was allerdings klar ist: Es braucht neue Modelle, unkonventionelle Modelle,
die unsere gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Routinen der letzten Jahrzehnte auf den Kopf stellen. Der Handlungsdruck, den wir spüren, ist groß. Aber das kann durchaus etwas Positives bewirken. Krisen fördern die Kreativität. Denn neue Zeiten fordern neue Ideen!
Zusammenarbeit neu denken
Der Auftraggeber schafft an, der Auftragnehmer muss liefern. Tut er es nicht, riskiert er seine Zahlung, seinen Vertrag und seine Glaubwürdigkeit. In Zeiten von Lieferengpässen, Supply-Chain-Schwierigkeiten und hoher Inflation ist diese Risikoaufteilung nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen ein neues Selbstverständnis über die Rollen in Geschäftsbeziehungen. Das Risiko ist enorm gewachsen, es kann nicht mehr von einem Partner allein getragen werden – insbesondere nicht zu den bislang üblichen Konditionen. Es braucht neue Vertragsmodelle und echte Kooperation mit Partnern auf Augenhöhe. Das Fundament dafür muss gegenseitiges Vertrauen sein, Vertrauen in den Partner und in die Leistung. Das bedingt weit mehr Transparenz. Das heißt: Wir müssen Zusammenarbeit neu denken.