„Unbeherrschbare Umstände“, zurückzuführen auf die Corona-Pandemie, haben in Österreich immer häufiger zum Finanzkollaps von Unternehmen geführt. Laut KSV1870 war 2021 fast ein Viertel aller Pleiten Corona-bedingt.
Wie hart haben die Corona-Pandemie und die mit ihr einher gegangenen Beschränkungen im Wirtschaftsleben die heimische Wirtschaft wirklich getroffen? Eine finale Bilanz wird man vermutlich erst in einiger Zeit ziehen können. Die nun vom Kreditschutzverband KSV1870 veröffentlichten Zahlen für das Jahr 2021 lassen allerdings vermuten, dass die Unternehmen mit Fortdauer der Pandemie immer mehr mit deren Folgen zu kämpfen hatten. Trotz der durchaus großzügigen und bereitwilligen Hilfsmaßnahmen von Bund, Ländern und auch Gemeinden.
Der KSV1870-Analyse von rund 2.000 im Jahr 2021 eröffneten Firmenpleiten zufolge war der Faktor „Unbeherrschbare Umstände“, zu dem ganz prominent auch die Corona-Pandemie zählt, besonders markant. 27 Prozent aller Firmenpleiten waren im Kalenderjahr 2021 darauf zurückzuführen. Davon wurden 22 Prozent direkt der Corona-Pandemie zugeschrieben. Was auch gegenüber dem Jahr 2020 eine deutliche Zunahme bedeutet. Damals wurden nur 14 Prozent aller Insolvenzen als "Corona-Pleiten" gewertet.
Long Covid der Wirtschaft
Während im Jahr 2020 die weltweite Pandemie als primäre Insolvenzursache von Unternehmen also in Österreich noch eher gering ausfiel, war das im Vorjahr bereits deutlich häufiger der Fall.
"Je länger die Pandemie dauert, desto häufiger hat die Corona-Krise das Fass zum Überlaufen gebracht, wodurch Unternehmen in die Insolvenz geschlittert sind. Viele Betriebe wurden aufgrund staatlicher Hilfsgelder zu lange künstlich am Leben erhalten und durch die Pandemie getragen. Das führt jetzt zum Finanzkollaps zahlreicher Unternehmen“, zieht Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz, daraus den Schluss.
Am häufigsten war die Pandemie in Vorarlberg (39 %), Salzburg (36 %), dem Burgenland (35 %) und Niederösterreich (33 %) für Firmenpleiten verantwortlich – am seltensten in Tirol mit zwölf Prozent. Neben der Pandemie fallen auch Naturkatastrophen, Kriegshandlungen, Krankheit oder Unglücksfälle im persönlichen Umfeld in die Kategorie "Unbeherrschbare Umstände".
Götze sieht dennoch in Österreich keine Corona-bedingte Insolvenzwelle: "Weder im Vorjahr noch in den ersten Monaten des laufenden Jahres. Die aktuelle Entwicklung geht klar in Richtung ‚Vor-Krisen-Niveau‘."
Management-Fehler als Hauptursache
Obwohl die Corona-Krise nach wie vor zahlreichen Betrieben Sorgen bereitet war auch im Pandemie-Jahr 2021 der Großteil der heimischen Unternehmensinsolvenzen hausgemacht. Operative Ursachen - eine schlechte Kostenstruktur durch Organisationsmängel, Schwächen bei der Finanzierung, mangelndes Controlling oder Absatzschwächen - waren der KSV1870-Analyse zufolge mit 31 Prozent auch im zweiten Corona-Jahr der häufigste Grund für Firmenpleiten. „Klassische Managementaufgaben als Hauptfaktor haben zuletzt etwas seltener eine Insolvenz verursacht als früher. Dieser Rückgang hat sich quasi eins zu eins in ein Plus bei den Corona-bedingten Firmenpleiten entwickelt“, sagt Götze.
Gründungsfehler sorgen für finanziellen Ruin
Die dritthäufigste Ursache (19 %), warum heimische Unternehmen in die Insolvenz schlittern, sind klassische Gründungsfehler. Fehlendes betriebswirtschaftliches Know-how oder nicht ausreichend vorhandene Branchenkenntnisse zählen hierbei zu den gängigsten Aspekten.
Ebenso fehlt es vielen Unternehmern an jeglicher Eignung, einen Betrieb nach professionellen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu gründen bzw. zu führen. Oder es ist schlichtweg nicht ausreichend Eigenkapital vorhanden. Fast ebenso regelmäßig führt persönliches Verschulden bzw. Fahrlässigkeit (15 %) die Betriebe ins Verderben. "Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass hierzulande strafbare Handlungen in sieben Prozent der Fälle zum wirtschaftlichen Ende führen", merkt Insolvenz-Experte Götze an. Am häufigsten war das im Burgenland (12 %) und in Wien (10 %) der Fall. Am seltensten in Tirol (1 %) und Salzburg (2 %).
Selten aber doch: strategische Fehler
Wie schon in den Jahren zuvor verursachen sowohl strategische Fehler (6 %) als auch externe Vorkommnisse (3 %) eher selten eine Firmenpleite in Österreich. Während strategische Gründe vor allem in einer mangelhaften oder zu späten Reaktion auf Marktveränderungen liegen, zählt die Insolvenz eines Geschäftspartners zu den häufigsten Faktoren in der Kategorie „Externe Vorkommnisse“.