Im Fall einer drohenden Pleite sollten Unternehmen rasch handeln, um eine Insolvenz zu vermeiden. Ist diese unvermeidlich gilt es, rasch einen Plan für eine Sanierung zu erstellen, um den andernfalls drohenden Konkurs abzuwenden.
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Die Zahlungsunfähigkeit
„Es fühlt sich an wie eine Niederlage im Sport, nur schlimmer“ – so umschreibt ein Pleitier die Situation, wenn einem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit droht oder gar schon eingetreten ist. Die Eigentümer, Geschäftsführer oder Manager sind mit der Situation oft überfordert. Obwohl es genau in dieser Situation gilt, kühlen Kopf zu bewahren, um präzise die nächsten Schritte zu gehen.
Zahlungsunfähigkeit liegt per Definition vor, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, alle seine fälligen Schulden zu bezahlen, und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann. Der Mangel bereiter Zahlungsmittel liegt vor, wenn liquide Zahlungsmittel (Bargeld, Buchgeld, offene Kreditlinien) nicht ausreichend vorhanden sind und auch kein leicht oder kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung steht.
Dabei besteht ein Spielraum bis zu 5 %. Das heißt wenn 95 % der fälligen Schulden bezahlt werden können, liegt noch keine Zahlungsunfähigkeit vor.
Es ist auch nur die Fälligkeit der Forderungen entscheidend. Künftig fällige Schulden werden bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigt. Wurde mit einem Gläubiger eine Stundung vereinbart, gilt die Forderung auch als nicht fällig.
Eine im Geschäftsleben mitunter auftretende Zahlungsstockung, bei der binnen einer Maximalfrist von drei Monaten fällige Schulden zur Gänze bezahlt werden können, gilt noch nicht als Zahlungsunfähigkeit.
Schritte bei Zahlungsunfähigkeit
Wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig (= insolvent) ist, geht es darum, vielleicht doch noch das Überleben und den Fortbestand zu ermöglichen. Und freilich darum, Arbeitsplätze zu retten.
Und zu allem kommt noch dazu, dass der Zahlungsunfähigkeit unmittelbar gesetzliche Konsequenzen folgen, die es zu berücksichtigen gilt. So ist etwa der Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung oft Gegenstand juristischer Auseinandersetzung, etwa wegen drohender Klagen aufgrund von Insolvenzverschleppung.
1. Insolvenzanmeldung
Jeder Einzelunternehmer bzw. jedes vertretungsbefugte Organ bei Gesellschaften ist gesetzlich verpflichtet, ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim örtlich zuständigen Landesgericht (in Wien beim Handelsgericht) zu stellen. Versäumen die Unternehmer oder die vertretungsbefugten Organe des Unternehmens die Frist für die Insolvenzanmeldung, dann haften sie persönlich unmittelbar den Gläubigern für jenen zusätzlichen Schaden, der durch die Verzögerung entstanden ist. Sie können also diesbezüglich unmittelbar geklagt werden.
2. Fristen für die Insolvenzanmeldung
Die Insolvenz muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens binnen 60 Tagen nach Eintritt der Voraussetzungen beantragt werden. Schuldhaft verzögert ist der Antrag dann nicht, wenn die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung sorgfältig betrieben worden ist.
Die Frist von 60 Tagen darf nur dann ausgenutzt werden, wenn und solange eine Sanierung nicht aussichtslos ist. Nur bei einer durch eine Naturkatastrophe eingetretenen Zahlungsunfähigkeit verlängert sich die Anmeldefrist auf maximal 120 Tage.
3. Sanierung oder Konkurs
Der Schuldner, das ist das Unternehmen mit seinen handelnden Geschäftsführern oder Eigentümern, ist in der Folge am Zug. Soll das Unternehmen aus der Insolvenz fortgeführt werden, muss der Schuldner einen Antrag auf Sanierungsverfahren stellen.
Die Insolvenz mit nachfolgender Sanierung muss auf ausdrücklichen Wunsch des Schuldners beantragt werden, der bei der Insolvenzeröffnung einen Sanierungsplan vorlegen muss.
Andernfalls wird ein Konkursverfahren eröffnet, das am Ende die Verwertung und Schließung des Unternehmens zur Folge hat.
Die Gläubiger können lediglich einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.
Der Masseverwalter entscheidet letztendlich mit der Mehrheit der Insolvenzgläubiger, über die Fortführung des Unternehmens. Zwei Jahre hat der Schuldner dann Zeit, das Unternehmen zu sanieren. Die Gläubiger verzichten dabei auf einen Teil der Schulden.
Die Insolvenzordnung
Rechtliche Grundlage für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Insolvenzordnung (IO). Das österreichische Insolvenzrecht ist sehr umfangreich. Die Insolvenzordnung umfasst 284 Paragraphen.
Die Insolvenzeröffnung mit der Insolvenzanmeldung bedeutet gleichzeitig, das dem Schuldner das der Exekution unterworfene Vermögen gemäß Insolvenzordnung (IO) entzogen wird. Das heißt: Der Schuldner kann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr frei entscheiden. Er bekommt vom Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter (auch Masseverwalter) beiseite gestellt. Voraussetzung für die Insolvenz ist, dass noch genügend verwertbare Vermögensmasse vorhanden ist, um das Insolvenzverfahren überhaupt in die Wege zu leiten.
Die Deckung der Anlaufkosten (für Veröffentlichung, Kosten des Insolvenzverwalters, Kosten für die Verwertung), muss gesichert sein. Nur dann kommt es zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. 4.000 Euro sind dabei vorab als Kostenvorschuss zu kalkulieren.
Am Gerichtshof erster Instanz, auch Insolvenzgericht genannt, ist das Insolvenzverfahren zu beantragen. Das ist das Gericht, in dessen Bezirk das Unternehmen seine Geschäfte betreibt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Sanierung, Konkurs und Privatkonkurs
Beim Insolvenzverfahren werden in Österreich vier Varianten unterschieden:
1. Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
Die Sanierung ist der günstigste Fall, wenn eine Zahlungsunfähigkeit eintritt. Sie hat den Vorteil, dass das Unternehmen auf Betreiben des Schuldners fortgeführt werden kann.
Der Schuldner muss dafür einen detaillierten Sanierungsplan erstellen und darin erklären, wie er seinen Gläubigern eine Schuldenquote zurückzahlen wird. Über eine Unternehmensanalyse (SWOT), Kapitalbedarf, Finanzplan und Neuausrichtung des Unternehmens muss der Schuldner zudem seinen beabsichtigten Neustart darstellen.
Der Sanierungsplan dient grundsätzlich zur Vorbereitung des gerichtlichen Sanierungsverfahrens. Zugleich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat das zuständige Gericht eine Sanierungsplantagsatzung auf 60 bis 90 Tage anzuberaumen.
Es folgt nun die Prüfphase. Der Masseverwalter (oder Sanierungsverwalter im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung) ermittelt, ob
das Unternehmen saniert und fortgeführt oder
wie das Vermögen am sinnvollsten liquidiert werden kann.
Beim Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beläuft sich die Quote auf 30 Prozent. Binnen zwei Jahren ist diese Restschuld zu begleichen. Der Unternehmer bleibt in Verantwortung. Er hat weiter Zugriff auf das Vermögen. Es gibt keine Konto- oder Postsperre.
Die Mehrheit der bei der Sanierungsplantagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger (Kopfmehrheit) sowie über die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden Insolvenzgläubiger ist für die Zustimmung zur Sanierung mit Eigenverwaltung notwendig.
2. Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung
Die zweite Variante der Sanierung unterscheidet vor allem hinsichtlich der Mitsprache der Gläubiger und der Schuldenquote. Das Unternehmen wird dabei von einem Treuhänder oder bestellten Sanierungsmanager verwaltet. Der Schuldner hat keinen Zugriff auf das Vermögen (es gibt eine Konto- und Postsperre).
Die Quote, die an die Gläubiger zu leisten ist, reduziert sich auf 20 Prozent. Die Rückzahlungsdauer der Restschuld beträgt ebenso zwei Jahre. Die Hälfte der Gläubiger (nach Kopf und Forderungssumme) muss dem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung zustimmen.
3. Konkursverfahren
Das Konkursverfahren wird dann eingeleitet, wenn der Masseverwalter nach der Insolvenzanmeldung feststellt, dass eine Fortführung und Sanierung des Unternehmens nicht möglich ist. Der Masseverwalter prüft das Vermögen und wie dieses zu Geld gemacht werden kann, um Schulden noch zu tilgen. Danach folgt die Liquidation des Unternehmens.
Die Entscheidung fällt die Berichtstagsatzung, die auch den Zweck der ersten Gläubigerversammlung erfüllen kann. Beide Termine können zusammengelegt werden. Die Gläubiger melden ihre Forderungen an. In der sogenannten allgemeinen Prüfungstagsatzung wird über die Forderungen entschieden.
Das Konkursverfahren endet mit der Verteilungstagsatzung. Zum Abschluss des Konkursverfahrens wird hier wird die Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse beschlossen. Gleichzeitig wird mit der Rechnungslegungs- oder Schlussrechnungstagsatzung das Verfahren abgeschlossen.
4. Schuldenregulierungsverfahren (“Privatinsolvenz”)
Die Privatinsolvenz kommt besonders häufig bei zahlungsunfähigen Einzelunternehmern vor. Aber auch im Zuge der Insolvenz eines Unternehmens können die Gesellschafter zahlungsunfähig werden, weil für einen Teil der Schulden persönlich Bürgschaften übernommen wurden, die nun in der Insolvenz schlagend wurden.
Details und weitere Informationen zum Schuldenregulierungsverfahren und Privatinsolvenzen finden Sie im Artikel "Privatkonkurs anmelden: So gelingt der Weg aus der Schuldenfalle".