Im Falle einer Unternehmensinsolvenz wird vom Gericht ein Masse- oder Insolvenzverwalter bestellt. Der sondiert das vorhandene Vermögen und entscheidet anhand dessen unter anderem, ob der Betrieb fortgeführt werden kann oder aufgelöst werden muss.
Wenn die Geschäfte schlecht laufen, erwartete Einnahmen wegbrechen und weiter hohe Ausgaben zu bedienen sind oder schlichtweg die Kosten überhand nehmen, dann häufen sich in Unternehmen schnell Schulden an. Hält der Zustand an, dann ist bald Feuer am Dach. Ohne Zuschuss von Eigenmitteln oder anderem frischen Kapital, etwa durch Bankkredite, über neue Investoren oder Teilhaber kann es sein, dass die Außenstände und laufende Zahlungen nicht mehr bedient werden können und die Zahlungsunfähigkeit eintritt.
Die Corona-Hilfsbestimmungen haben dazu beigetragen, dass die Zahl der Firmenpleiten in Österreich während der Pandemie deutlich zurückgegangen ist, doch in normalen Jahren müssen hierzulande rund 3.000 Unternehmen bei Gericht Insolvenz anmelden, und an dieser Stelle kommt der Masseverwalter, auch Insolvenzverwalter genannt, ins Spiel.
Der Masseverwalter
Bei einem Masseverwalter handelt es sich um eine sachkundige Person, die vom Konkursgericht zur Abwicklung und Vermögensverwaltung eingesetzt wird. Dem Gesetz folgend ist die Bestellung verpflichtend sobald ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Das heißt, es wird in jedem Fall ein Masseverwalter bestellt - unerheblich, ob sich in der Folge ein Insolvenzverfahren, ein Konkursverfahren oder ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung ergibt.
Die "Masse", das ist nichts anderes als das verwertbare Vermögen eines Unternehmens, also alle Aktivposten. Darunter fallen Immobilien ebenso wie Anlagegüter, Firmenwägen oder das geistige Eigentum, etwa in der Form von Patenten.
Zumeist handelt es sich bei einem Masseverwalter um einen Rechtsanwalt mit einem wirtschaftlichen Background. Die juristische Ausbildung ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Auch Wirtschaftsprüfer können etwa diese Rolle übernehmen. Wer Interesse hat, als Masseverwalter zu arbeiten sollte jedoch betriebswirtschaftliche Erfahrung haben, firm im Wirtschafts- und im Steuerrecht sein und Kenntnisse in der Insolvenzabwicklung mitbringen. In der Folge ist eine Anmeldung bei der Justiz erforderlich, die nach erfolgter Prüfung die Eintragung in die Insolvenzverwalterliste vornimmt. Zu Beginn des Jahres 2022 umfasste diese Liste 1.265 Einträge.
Erfahrung zählt dabei, denn mit seiner Bestellung übernimmt ein Masseverwalter auch die Rolle des Geschäftsführers oder Vorstand des Unternehmens. "Er ist dann mit sofortiger Wirkung derjenige, der alle wichtigen Entscheidungen trifft. Der Verhandlungen führt, Verträge unterschreibt oder Zahlungen freigibt", weiß Karl-Heinz Götze, Leiter der Insolvenzabteilung des Gläubigerschutzverbands KSV1870. Götze: "Der Masseverwalter ist in einer schwierigen Situation, denn er muss sich binnen kürzester Zeit ein möglichst vollständiges Bild von der Situation des Unternehmens machen: Was ist vorhanden, welche Verbindlichkeiten gibt es, welche Außenstände oder Lohnforderungen sind offen? Und er muss entscheiden, ob eine Fortführung des Unternehmens möglich ist, ob eine Sanierung in Frage kommt oder ob es ein Konkurs und die Geschäftsauflösung unausweichlich sind."
Ein Profi mit Verantwortung
Bei dieser Unternehmensanalyse ist besondere Sorgfalt angesagt, denn der Masseverwalter ist in dieser Phase für seine Entscheidungen auch persönlich haftbar. Er ist dem Gericht und den Gläubigern verantwortlich. Und eine Grundbedingung ist, dass die Masse unter der Ägide des Verwalters nicht geschmälert wird. "Das ist sehr eine heikle Situation, zumal die Schuldner oft im letzten Bemühen, das Ruder noch herumzureißen noch einige Entscheidungen getroffen haben, die sich auf die Masse auswirken - etwa noch Waren bestellt, um noch Produkte herstellen zu können", weiß Götze.
Je größer das Unternehmen ist und je komplexer seine wirtschaftlichen Verflechtungen sind, desto aufwändiger wird die Unternehmensanalyse, doch die Zeit drängt. Binnen 90 Tagen muss eine Berichtstagsatzung bei Gericht stattfinden, in der der Masse- oder Insolvenzverwalter berichten muss, ob die Voraussetzungen für eine sofortige Schließung des Unternehmens bzw. einzelner Unternehmensteile oder für eine Fortführung gegeben sind.
In der Prüfphase - der Zeit zwischen der Insolvenzeröffnung und der Berichtstagsatzung - muss sich der Masseverwalter mit der Situation des Unternehmens vertraut machen und die Chancen einer erfolgreichen Weiterführung des Unternehmens und die Erfolgsaussichten einer Sanierung einschätzen. Sofern es nicht offenkundig ist, dass keine Masse vorhanden ist und eine Fortführung nur zu einer weiteren Erhöhung der Ausfälle der Gläubiger führen wird, führt der Masseverwalter das Unternehmen bis zur Berichtstagsatzung.
Pflichten der Schuldner
Schuldner sind verpflichtet, mit dem Masseverwalter zusammenzuarbeiten und alle zur Prüfung des Unternehmens notwendigen Dokumente und Informationen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören:
Die aktuelle Buchhaltung und der letzte Jahresabschluss
Eine vollständige Gläubigerliste und ihrer offenen Forderungen
Ein umfassendes Betriebsvermögensverzeichnis
Die Bekanntgabe aller Bankverbindungen, Konten und Zahlungswege
Sämtliche relevanten bestehenden Verträge
Informationen zu allfälligen anhängigen Gerichtsverfahren
Eine Aufstellung der monatlichen Fixkosten inklusive der laufenden Personalkosten
Der Kassensturz
Der Masseverwalter führt in der Folge anhand der vorliegenden Dokumente sowie unter Berücksichtigung der Auftragslage und der liquiden Mittel eine Fortführungserfolgsrechnung durch. Götze: "Es ist die Aufgabe des Masseverwalters, die Geldflüsse im Unternehmen zu analysieren. Herauszufinden, ob es vielleicht einen verlustreichen Teil eines Unternehmens gibt, der durch einen anderen Teil subventioniert wird. Und zu bestimmen, wo vielleicht noch ein gesunder Kern vorhanden ist, der es dem Schuldner ermöglicht, wieder Umsätze zu erwirtschaften.
1. Das positive Rechenergebnis
Ist das Ergebnis der Rechnung positiv wird vor Gericht verhandelt. Und dabei geht es oft hoch her. Der Knackpunkt ist, ob es glaubhaft darstellbar ist, dass der Schuldner binnen der Frist von zwei Jahren die erforderliche Mindestquote von 20 Prozent an die Gläubiger zurückzahlen kann und ob die Gläubiger dem Zahlungsplan auch zustimmen, denn letztlich läuft eine Insolvenz mit anschließender Sanierung bei einer Quote von 20 Prozent darauf hinaus, dass die Gläubiger auf 80 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Üblicherweise erfolgen diese Zahlungen in drei Schritten, einer sofortigen Anzahlung, gefolgt von einer Zahlung nach einem Jahr und einer weiteren nach Ablauf der Zweijahresfrist.
Wird ein Insolvenz- oder Sanierungsplan angenommen übernimmt wieder der ursprüngliche Geschäftsführer die Verantwortung im Unternehmen, der Masseverwalter bleibt aber weiterhin im Spiel. Er überwacht etwa in der Folge, ob das Verfahren einen geordneten Verlauf nimmt und die Quote erfüllt wird oder dass kein Gläubiger begünstigt wird. "Das wäre ein Krida-Delikt, das der Staatsanwaltschaft gemeldet werden muss", weiß KSV-Mann Götze.
2. Das negative Rechenergebnis
Noch weniger Aussicht auf eine zumindest teilweise Begleichung der offenen Forderungen gibt es allerdings, wenn das Ergebnis der Fortführungserfolgsrechnung negativ ist. Dann muss der Masseverwalter den Schließungsantrag für das Unternehmen stellen.
Der Schuldner hat in dem Fall noch eine letzte Möglichkeit, die Unternehmensschließung zu verhindern, indem er eine Fortführungskaution hinterlegt. Die Kaution muss von dritter Seite gestellt werden und mindestens so hoch sein mus wie ein allfälliger negativer Fortführungserfolg. Dadurch soll verhindert werden, dass die Gläubiger bei einer Fortführung des Unternehmens einen weiteren finanziellen Ausfall erleiden.
Gelingt es nicht, eine solche Kaution aufzustellen und liegen die Voraussetzungen für die Fortführung des Unternehmens nicht vor, ordnet das Gericht im Zuge der Berichtstagsatzung die sofortige Schließung der Firma an. Die vorhandenen Aktiva werden in dem Fall verwertet und die Erlöse den Gläubigern anteilig ihrer Forderungen zugesprochen.
Die Entlohnung des Masseverwalters
Der Masse- oder Insolvenzverwalter wird für seinen Aufwand entsprechend fixer Sätze entlohnt.
Die Basis-Entlohnung beträgt in der Regel 3.000 Euro, zusätzlich der Barauslagen.
Bei einer Fortführung des Unternehmens kann eine zusätzliche Entlohnung beantragt werden, für die in der Berichtstagsatzung ein Kostenvoranschlag vorgelegt werden muss, in dem die voraussichtlichen erforderlichen Tätigkeiten und die monatliche Entlohnung dafür aufgeschlüsselt sind.
Bei einer Schließung wird der Masseverwalter nach einem fixen Schlüssel an dem bei der Verwertung erzielten Bruttoerlös beteiligt. Von 20 Prozent für die ersten 22.000 Euro abgestuft bis zu 1% - für den über 6 Millionen Euro hinausgehenden Betrag (siehe Tabelle).
Beteiligung des Masseverwalters am Verwertungserlös
Betrag (von bis in €) | Prozentsatz |
---|---|
0 - 22.0000 | 20% |
22.001 - 100.000 | 15% |
100.001 - 500.000 | 10% |
500.001 - 1.000.000 | 8% |
1.000.001 - 2.000.000 | 6% |
2.000.001 - 3.000.000 | 4% |
3.000.001 - 6.000.000 | 2% |
über 6.000.000 | 1% |
Take Aways
Masseverwalter werden im Fall einer Zahlungsunfähigkeit vom Gericht bestellt.
In der Prüfphase übernimmt der Masseverwalter die Rolle des Geschäftsführers und ist in der Zeit persönlich haftbar.
Der Schuldner ist verpflichtet, mit dem Masseverwalter zusammenzuarbeiten und ihm alle relevanten Unterlagen zur Verfügung zu stelllen.
Die Berichtstagsatzung muss binnen 90 Tagen anberaumt werden. Bis dahin muss die Unternehmensprüfung abgeschlossen sein.
Anhand der Fortführungserfolgsrechnung des Masseverwalters wird entschieden, ob ein Unternehmen geschlossen werden muss oder fortgeführt werden kann.
Die Entlohnung des Masseverwalters erfolgt nach fix festgelegten Sätzen.