Statt Pleite und Untergang, nun doch eine Sanierung – ein Motto für Unternehmen, die in Schieflage sind. Wird eine Sanierung rechtzeitig eingeleitet, kann sie für ein Unternehmen zum Rettungsanker werden und zum Neustart verhelfen – statt den Weg in den Konkurs einschlagen zu müssen.
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"Viele Unternehmen warten einfach zu lange, und dann ist es oft schon zu spät, der Gang zum Insolvenzgericht unvermeidlich", sagt KSV1870-Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze. Das müsste nicht sein, denn wenn sich Unternehmer rechtzeitig die bedrohliche Lage eingestehen und gegensteuern, gibt es Alternativen zur Pleite und dem daraus folgenden Untergang des Unternehmens. Wenn die Firmenchefs rechtzeitig eine Sanierung ins Auge fassen, können sie eine Trendwende herbeiführen. "Sehr häufig stellt sich heraus, dass Unternehmen bei rechtzeitiger Kommunikation mit Geschäftspartnern nicht in die Insolvenz gehen müssten", weißKarl-Heinz Götze, Leider der Insolvenzabteilung des Kreditschutzverbands KSV1870.
Sollte dennoch die Zahlungsunfähigkeit eintreten, kann der Unternehmensleiter über das Konkursgericht eine Sanierung beantragen. Wenn diese angenommen wird hat das vielfältige Vorteile: Das Unternehmen kann weiterbestehen, das Kapital des Unternehmens wird nicht vernichtet, bestehendes, durchaus nützliches Know-how geht nicht verloren. Die Arbeitsplätze werden erhalten. Und - was für die Gläubiger besonders relevant ist: wenn eine Sanierung gelingt und so der Fortbestand eines Unternehmens gesichert werden kann, dann können sie auch in Zukunft weiterhin mit diesem Geschäfte machen und Umsätze generieren.
Der Sanierungsplan
Der Sanierungsplan ist das Um und auf, wenn eine Sanierung bei Gericht beantragt wird. Er sollte so schnell wie möglich erstellt werden. Üblicherweise werden dafür Steuerberater und Berater hinzugezogen, die eine externe Expertise auf das bevorstehende Sanierungsvorhaben abgeben. Dabei ist höchste Sorgfalt angesagt, denn das Insolvenzgericht bzw. der vom Gericht bestimmte Insolvenzverwalter prüft diesen Plan auf seine Werthaltigkeit. Ist diese gegeben, geht der Sanierungsplan an die Gläubiger, die diesen Plan annehmen müssen. Denn im Grunde geht es darum, dass sie auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten - sie erhalten lediglich die Sanierungsplanquote.
Im Fall der Sanierung mit Eigenverwaltung (siehe auch unten) wird eine Rückzahlung der Schulden in Höhe von 30 Prozent Sanierungsplanquote über die kommenden zwei Geschäftsjahre vereinbart. Der Unternehmer führt dabei die Geschäfte selbständig fort. Bei der Sanierung ohne Eigenverwaltung beläuft sich die Quote der zurückzahlenden Schulden auf 20 Prozent.
Die Gläubiger müssen sich dann in den nach der Insolvenzordnung (IO) vorgegebenen Prüfungstagssatzungen auf eine Sanierung einigen. Dabei ist die mehrheitliche Zustimmung der Schuldner nach Kopfzahl und Höhe der Schulden erforderlich, um Sanierung und Quote zu beschließen.
In beiden Fällen ist das Unternehmen nach zwei Jahren nach befreit, wenn die vereinbarte Quote der zurückzuzahlenden Schulden bedient wurde. Das Unternehmen ist dann sozusagen gesetzlich rehabilitiert und wird aus der Sanierung „entlassen“ und gilt dann auch gegenüber dem Insolvenzgericht als schuldenfrei.
Aber viele Unternehmer würden zu lange warten, um eine Sanierung anzugehen. „Und dann ist es oft zu spät, die letzten sind Assets aufgezehrt und eine Sanierung ist nicht mehr möglich“, sagt KSV-Insolvenzexperte Goetze.
Ablauf der Sanierungsverfahren
1. Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
Die Sanierung hat den Vorteil, dass das Unternehmen auf Betreiben des Schuldners fortgeführt werden kann. Das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung läuft grundsätzlich nach dem Schema des Konkursverfahrens ab. Der Schuldner muss einen zulässigen Sanierungsplan vorlegen. Zugleich mit der Eröffnung hat das zuständige Gericht eine Sanierungsplantagsatzung auf 60 bis 90 Tage anzuberaumen.
Es folgt nun die Prüfphase. Der Masseverwalter (oder Sanierungsverwalter im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung) ermittelt, ob
Es folgt nun die Prüfphase. Der Masseverwalter (oder Sanierungsverwalter im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung) ermittelt, ob
das Unternehmen saniert und fortgeführt oder
wie das Vermögen am sinnvollsten liquidiert werden kann.
Der Sanierungsplan dient grundsätzlich Vorbereitung des gerichtlichen Sanierungsverfahrens. Der Schuldner muss in einem detaillierten Sanierungsplan erklären, wie er seinen Gläubigern die Restschulden zurückzahlen wird. Über eine Unternehmensanalyse (SWOT), Kapitalbedarf, Finanzplan und Neuausrichtung des Unternehmens muss der Schuldner seinen beabsichtigten Neustart darstellen.
Beim Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beläuft sich die Quote auf 30 Prozent. Binnen zwei Jahren ist diese Restschuld zu begleichen. Der Unternehmer bleibt dabei in voller Verantwortung. Er hat auch Zugriff auf das Vermögen, es gibt also keine Post- und Kontosperre.
Die Mehrheit der bei der Sanierungsplantagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger (Kopfmehrheit) sowie die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden Insolvenzgläubiger ist für die Zustimmung notwendig.
2. Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung
Die zweite Variante der Sanierung unterscheidet sich vor allem hinsichtlich des Mitspracherechts der Gläubiger. Das Unternehmen wird unter Kuratel, also Fremdverwaltung gestellt. Für die Dauer der Sanierung wird ein externer Geschäftsführer eingesetzt. Gleichzeitig wird auch die Schuldenquote reduziert. Statt 30 Prozent beläuft sich die Quote auf 20 Prozent.
Der Schuldner hat für die Dauer der laufenden Sanierung auch keinen Zugriff auf das Firmenvermögen. Die Rückzahlungsdauer der Restschuld beläuft sich ebenso auf zwei Jahre. Wiederum sind Kopfzahl sowie die Hälfte der Forderungssumme der anwesenden Insolvenzgläubiger entscheidend für die Zustimmung zu einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung.
Gläubiger im Fall einer Sanierung
Auch für die Gläubiger ist eine Sanierung eine besondere Herausforderung. Und das nicht nur aus finanziellen Gründen - sie müssen bei einer Sanierung ohne Eigenverwaltung 80 Prozent ihrer offenen Forderungen anschreiben. Der Aufwand für Unternehmen, sich als Insolvenzgläubiger die Rechte zu sichern und zumindest die Gläubigerquote zu erhalten sollte nicht unterschätzt werden. Alleine an der Dauer der Insolvenzverfahren lässt sie dieser Mehraufwand ablesen. Ein Insolvenzverfahren dauert laut KSV1870 durchschnittlich drei Jahre.
Viele Gläubiger übertragen daher die Eintreibung ihrer offenen Forderungen oder die Vertretung im Fall einer Insolvenz und einer folgenden Sanierung bzw. eines Konkurses einem Gläubigerschutzverband. Eine besondere Rolle nehmen dabei die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände, der Kreditschutzverband von 1870 (KSV), der Alpenländische Kreditorenverband (AKV), der Österreichische Verband Creditreform (ÖVC) und der Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer:innen (ISA) ein.
„Das Insolvenzrecht ist komplex, sich um die Einbringung der Forderung zu kümmern, stellt für Unternehmer einen unangenehmen Mehraufwand dar“, meint Roman Tahbaz, Insolvenzexperte beim KSV1870. Als Gläubigervertreter übernehmen die Verbände für die jeweiligen Unternehmen die Forderungseinbringung, klären die Rechtmäßigkeit der Forderungen ab und treten für deren Anerkennung beim Masseverwalter ein.
8 Punkte im Kampf gegen die Pleite
Damit eine Sanierung Erfolg haben kann muss die Insolvenz, die Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig bekämpft werden. 8 Punkte, die dabei besonders beachtet werden sollten.
Businessplan analysieren überarbeiten. Das Um und Auf von Unternehmen besonders in der Krise. Viele Unternehmen steuern ziellos weiter. Daher gilt: den bestehenden Businessplan prüfen, überarbeiten und unterschiedliche Szenarien aufstellen.
Kassensturz durchführen. Geht es um das "nackte Überleben", heißt es zu schauen, woher kommen die Erlöse. Aber auch: Wo sind Fixzahlungen zu leisten. Die Cash-Flow-Berechnung informiert über die finanzielle Lage. Die Rechnung soll differenziert nach Woche, Monat oder Quartal Informationen über die jeweiligen Zahlungsflüsse bringen.
Der Blick von außen. Sofort in Krisenmodus schalten, um die Situation mit einem Rechtsanwalt und/oder Steuerberater oder einem Berater zu besprechen.
Der Blick von außen ist notwendig, um auch mentale Sperren zu lösen und einen offenen Umgang mit der prekären Situation zu bekommen. Der vermeintliche "Versager-Modus" verstellt oft den Blick und bremst insofern, dass die Realität nicht mehr wahrgenommen wird.Einen Zeitplan aufstellen. Geht die Rechnung trotz allem nicht mehr auf, werden die Berater den Gang zum Insolvenzrichter empfehlen und die entsprechenden Kosten dafür auflisten. Und es muss ein Zeitplan für die Anmeldung der Insolvenz erstellt werden. Entscheidend dabei ist, den Antrag rechtzeitig zu stellen, denn Geschäftsführer machen sich wegen Konkursverschleppung strafbar.
Achtung bei Privatkonkurs. Kommt es bei einem Gesellschafter oder Ein-Personen-Unternehmer zudem zu einem Privatkonkurs, dann darf mit der Anmeldung desselben keinesfalls gewartet und verzögert werden. Auch wenn die Insolvenzreform bei Privatkonkurs eine Verkürzung bei der Entschuldungsdauer von bisher für auf drei Jahre bringen sollte, werden die Pleitiers nach der bisher geltenden Rechtslage behandelt.
Die Kommunikation suchen. Entscheidend ist, die Lage rechtzeitig mit Eigentümern, Banken und Geschäftspartnern wie Lieferanten und Abnehmern zu besprechen. Oft stellt sich heraus, dass sich Geschäftspartner aktiv einsetzen wollen, Zahlungsziele verlängern oder gar eine Minderheitsbeteiligung und aktive Mitarbeit anstreben, um - auch aus Eigennutz - einen wichtigen Partner nicht zu verlieren. Und so kann oft eine Sanierung rasch eingeleitet werden, ohne unnötig weitere Zeit und Geld zu verlieren. Regelmäßige Medienarbeit für die Außendarstellung ist ebenso wichtig.
Kapital einholen. Unternehmer in Finanznöten sollten aktiv nach neuen Geldquellen – etwa Unternehmensförderungen – suchen. Dazu zählen lokale, kommunale Förderungen, Start-up-Förderung oder EU-Programme. Der Förderpilot von aws und FFG bietet eine gute Übersicht über österreichische Forschungs- und Wirtschaftsförderungen.
Sanierung Besteht die Aussicht auf einen Turnaround, kann eine Sanierung folgen. Offiziell wird dabei beim Insolvenzgericht ein Insolvenzantrag mit Sanierung beantragt. Das Unternehmen erhält mit dem Neustart einen Schuldenerlass und muss lediglich 20 bzw. 30 Prozent der Schulden binnen zwei Jahren an seine Schuldner zurückzahlen. Danach gilt die Schuld getilgt, das Insolvenzverfahren als abgeschlossen.