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Der große Goldrausch

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Der Preis für das EDELMETALL steigt von Rekord zu Rekord. Ein Ende scheint noch lange nicht in Sicht. Der trend. sagt, warum das so ist und ob sich Investments für Private noch lohnen.

"Apple hat den Preis für seine iPhones schon wieder deutlich gesenkt!“ – so würde Ronald-Peter Stöferle für das neue iPhone werben. Stöferle ist aber nicht der Marketingchef des Computerkonzerns, er ist einer der führenden Goldexperten Europas (siehe auch Interview). Er beschreibt anhand des Beispiels, ein iPhone mit Gold zu bezahlen, wie der Wert des Edelmetalls durch die Rekordrallye viel stärker zugenommen hat, als die Preise bei iPhones gestiegen sind. Konkret: So kostet aktuell das iPhone 16 Pro mit einem TB Speicher nur noch 0,6 Unzen Gold und damit um gut 23 Prozent weniger, als es im Vorjahr in Euro gekostet hat.

Und um das Beispiel auf die Spitze zu treiben: Mit Gold als Zahlungsmittel muss man für das aktuelle Topmodell sogar deutlich weniger ausgeben als für das allererste iPhone vor 17 Jahren. Damals musste man für das begehrte Gerät nämlich immerhin 0,92 Unzen Gold auf den Tisch legen.

Stöferle relativiert den Inflationsschutz, den die Gold-iPhone-Preisrelation vor Augen führt, aber auch mit einem Augenzwinkern: „Für dieses weniger an Gold erhält man heute allerdings viel mehr an iPhone. Die Leistungsverbesserungen in den vergangenen 17 Jahren waren in der Tat gewaltig.“

Kosten iPhone-Modelle in Feinunzen Gold

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Kosten iPhone-Modelle in Feinunzen Gold

IPHONE/GOLD-RATIO. Die Grafik zeigt, wie viel die jeweils neuesten iPhone-Modelle bei ihrem Erscheinen in Gold gekostet hätten.

 © venturebeat.com, Reuters Eikon, lncrementum AG

GOLD - REKORDE.

Das Beispiel zeigt aber auch, dass gerade das Jahr 2024 für Gold aus Anlegersicht das Maß aller Dinge zu sein scheint. Denn allein in den ersten drei Quartalen kletterten die Gold-Notierungen um mehr als 30 Prozent in US-Dollar nach oben. Die globalen Aktienmärkte legten im Schnitt hingegen nur um elf Prozent zu. Das heißt, dass sie durch Gold um das Zweieinhalbfache outperformt wurden. Dabei stellte Gold auch einen historischen Rekord nach dem anderen auf. Insgesamt markierte das gelbe Edelmetall in den ersten neun Monaten dieses Jahres 35-mal neue All-Time-Highs. In den vergangenen 50 Jahren verzeichnete Gold nur zwei Mal, nämlich 1979 und 2008, einen ähnlich starken Anstieg. Damit steht nun die Frage im Raum: Kann die Gold-Rallye in einem derartigen Tempo weitergehen?

Dazu zunächst ein Blick in die Historie des Goldpreises: Ab 1979 schoss Gold um 76 Prozent nach oben. Doch damit war das Ende der Fahnenstange nicht erreicht, bis 1981 kletterten die Gold-Notierungen um weitere 32 Prozent auf 600 US-Dollar nach oben (siehe Abbildung Goldpreis von 1970 bis 2024 in USD). Denn es herrschten geradezu ideale Voraussetzungen für einen steigenden Goldpreis. Der Umsturz im Iran führte zu einer geopolitischen Krise. Der zweite Ölpreisschock trieb die Energiekosten in enorme Höhen. Die Staatsausgaben in den USA explodierten, und die Inflationsraten lagen im zweistelligen Prozentbereich. Damals wurde der Höhenflug des gelben Edelmetalls durch eine extreme Anhebung der Leitzinsen durch die US-Notenbank auf über 20 Prozent Anfang der 80er-Jahre gestoppt.

Goldpreis von 1970 bis 2024 in USD

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Goldpreis von 1970 bis 2024 in USD

GOLD. Zwei Ereignisse brachten den Goldpreis vor dem heurigen All-Time High in den vergangenen 50 Jahren zum Steigen: 1979 der Ölpreisschock und 2008 die Null-Zinsen-Politik nach der Lehman-Pleite.

Abb.: Goldpreis von Jänner 1970 bis Oktober 2024 in USD

 © Reuters Eikon, Incrementum AG

Den zweiten vergleichbaren Aufstieg erlebte der Goldpreis durch die Lehman-Pleite. Die weltweite Finanzwirtschaft stand am Rande des Zusammenbruchs. Zu ihrer Rettung und zur Unterstützung der globalen Wirtschaft wurde der Leitzins auf null gesetzt. Gold galt als sicherer Hafen und der sagenhafte Aufstieg des Preises für das Edelmetall begann. Bis Anfang 2013 erreichte er die damalige Rekordmarke von 1.420 US-Dollar je Feinunze. Doch dann erholte sich die Wirtschaft, vor allem die Aktienmärkte begannen zu boomen. Die Kurse stiegen und brachten deutlich mehr als das Edelmetall – und Gold gab daraufhin wieder nach.

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RUDOLF BRENNER. Der philoro-Gründer registriert in Europa zunehmend Verkäufe von privaten Goldanlegern. In den USA und Asien wird hingegen auch von Privaten Gold weiterhin gehalten.

 © philoro

Derzeit gibt es drei starke Faktoren, die den Goldpreis stützen.

Rudolf Brennerphiloro-Gründer

GOLD - AKTUELLE LAGE.

Auch aktuell herrschen geopolitische Unsicherheiten in Nahost sowie im Russland-Ukraine-Konflikt. Und die Staatsschuldenproblematik hat noch nie da gewesene Dimensionen erreicht. Die Zinsaufwendungen der USA für ihre massive und weiter steigende Verschuldung in Höhe von mittlerweile über einer Billion US-Dollar pro Jahr übersteigen bereits die Ausgaben für den Militärhaushalt in Höhe von 916 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr.

Die US-Verschuldung wird sich voraussichtlich weiter erhöhen, denn von beiden Präsidentschaftskandidaten wird erwartet, dass sie das US-Defizit weiter aufblasen. Rudolf Brenner, Gründer und Geschäftsführer des im deutschsprachigen Raum führenden Edelmetallhändlers philoro: „Derzeit gibt es drei starke Faktoren, die den Goldpreis stützen: der Nahostkonflikt, der mittlerweile ein bedrohliches Ausmaß erreicht hat. Dann die Phase der beginnenden Zinssenkungen nicht nur in Europa, sondern auch in den USA zur Entlastung der Wirtschaft und der hohen Staatsverschuldung. Und nicht zuletzt ist jetzt die Saison, in der vor allem in Indien viel Goldschmuck gekauft wird.“

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CARSTEN FRITSCH. Für den Rohstoffexperten der deutschen Commerzbank ist die Preisstärke von Gold bemerkenswert, da kurzfristig die Zinssenkungen in den USA wieder nach hinten geschoben worden sind.

 © commerzbank

Die Preisstärke von Gold ist erstaunlich.

Carsten FritschRohstoffexperten der deutschen Commerzbank

Gold setzt seinen Höhenflug sogar fort, obwohl es kurzfristig auch Gegenwind gibt: So legten unter anderem die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen seit der Veröffentlichung des jüngsten US-Arbeitsmarktberichts für September wieder zu. Hohe Renditen für US-Staatsanleihen und ein starker US-Dollar sprechen aber gegen einen steigenden Goldpreis. „Die Preisstärke von Gold ist erstaunlich, da die Zinssenkungserwartungen in den USA seit den überraschend starken US-Arbeitsmarktdaten und anderen wichtigen Konjunkturindikatoren leicht zurückgeschraubt wurden“, kommentiert Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank die aktuelle Lage bei Gold.

Nicht zuletzt sind auch die institutionellen Termininvestoren zumindest derzeit für einen Anstieg skeptischer geworden. Der „Commitments of Traders“-Report der US Aufsichtsbehörde CFTC zeigt einen Rückgang der Long-Positionen, die eine optimistische Markterwartung dokumentieren. Kurzum: In den kommenden Wochen könnte daher der Goldpreis eine Verschnaufpause einlegen. Denn auch private Goldanleger machen derzeit zunehmend Kasse. philoro-Boss Brenner berichtet: „Derzeit gibt es in Europa die Tendenz bei privaten Goldanlegern, einen Teil ihrer Bestände zu verkaufen. In den USA und Asien halten private Anleger aber weiterhin an Gold fest.“ Doch die Inflationsraten werden weiter zurückgehen und die Notenbanken haben freie Bahn, die begonnenen Zinssenkungen fortzusetzen. Und niedrige Zinsen werden Gold wieder steigen lassen.

GOLD - AUSBLICK.

Doch die wesentlichen Faktoren für die Goldpreis-Hausse dürften auf machtpolitischen Entwicklungen beruhen. „China und einige andere asiatische Länder wollen sich zunehmend vom US-Dollar abkoppeln. Und dazu stocken sie ihre Goldreserven auf,“ weiß philoro-Boss Brenner. So haben allein die Zentralbanken von China und Indien zwischen 2018 und 2023 mehr als 650 Tonnen Gold gekauft. Und wie ein Blick auf die Goldbestände zeigt, dürfte der Goldhunger dieser Länder weiter anhalten. Während die USA laut Statistiken des World Gold Council aktuell 73,4 Prozent der Währungsreserven in Gold halten, hat China gerade einmal einen Goldanteil von 5,2 Prozent und Indien 9,9 Prozent an seinen Währungsreserven in Gold.

Die von China angeführten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) wollen die Vorherrschaft des US-Dollars als weltweites Zahlungsmittel zumindest in ihrer Region gezielt eindämmen. So kündigte das Bündnis 2023 an, ein eigenes Zahlungssystem zu entwickeln, um sich von den USA und dem US-Dollar zu lösen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe zu stärken. Dazu müssen die Länder aber ihre Goldbestände noch weiter aufstocken, um so eine neue gemeinsame Währung mit genügend Vertrauen und Souveränität auszustatten. Auch wenn das Ziel der BRICS-Staaten, eine eigene Währung zu schaffen, schwer realisierbar ist, bleibt die Bestrebung, sich vom US-Dollar abzukoppeln, aufrecht. Dazu werden die Goldbestände weiter aufgestockt. China hat heuer bereits die Rekordmenge von US-Staatsanleihen im Wert von 80 Milliarden USDollar verkauft. Und zum Teil damit Gold gekauft. Doch selbst wenn China aufgrund des hohen Preises einmal eine Pause beim Goldkauf einlegt, wird er weiter steigen. Brenner: „Es sprechen derzeit wirklich viele Faktoren für Gold. Wenn das so bleibt, kann der Weg schon in Richtung 3.000 US-Dollar gehen.“

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RONALD-PETER STÖFERLE. Der Österreicher ist ein international anerkannter Goldexperte.

 © Incrementum

„4.800 US-Dollar am Ende der Dekade sind realistisch“

trend.

Wie sind Sie auf die Idee mit dem iPhone/Gold-Preisindex gekommen?

Ronald-Peter Stöferle

Wir weisen seit Jahren darauf hin, dass Gold nicht dazu dient, Anleger großartig reich zu machen, sondern die Kaufkraft zu erhalten. Und das iPhone ist ein modernes, gutes Beispiel dafür. Man bekommt fast jährlich ein technologisch besseres und teureres Produkt, aber in Gold muss man für das neueste Modell sogar weniger bezahlen als für das erste iPhone.

trend.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung beim Goldpreis ein?

Ronald-Peter Stöferle

Ein gewisses Durchschnaufen in den nächsten Monaten würde mich nicht wundern. Gold hat

ja mit mehr als 30 Prozent in USDollar heuer bereits eine beachtliche Performance gezeigt.

trend.

Konkret: Soll man jetzt noch kaufen oder ist es bereits zu spät?

Ronald-Peter Stöferle

Wir sehen Gold am Ende der Dekade bei 4.800 US-Dollar. Da sind wir also noch ein Stück entfernt. Man muss sich daher die Frage stellen, wie langfristig man investieren möchte. Bei einem Horizont von zwei, drei Monaten wäre ich vorsichtig. Aber wenn man vier, fünf Jahre Zeit hat, ist jetzt immer noch ein guter Einstiegszeitpunkt.

trend.

Sie sagen selber, von Ihrem Prognosewert von 4.800 US-Dollar ist der Goldpreis noch weit entfernt. Was macht Sie so sicher, dass Gold weiter steigt?

Ronald-Peter Stöferle

Ich weiß, Eigenlob stinkt. Aber wir haben bereits im vergangenen Jahr gesagt, dass Ende 2024 der Goldpreis bei 2.600 US-Dollar stehen wird. Da haben uns viele für verrückt gehalten. Und jetzt stehen wir bei dem Wert. Das Ziel von 4.800 US-Dollar haben wir schon 2020 definiert. Dazu stehen wir weiterhin, denn das ist absolut realistisch. Es bedeutet einen jährlichen durchschnittlichen Anstieg des Goldpreises um elf Prozent. Das ist gar nicht so viel. Das Momentum für Gold ist im Augenblick sehr stark.

trend.

Wo sehen Sie die Haupttreiber für den Goldpreis?

Ronald-Peter Stöferle

Das ist die enorme Nachfrage der Notenbanken in den Emerging Markets. Rund 30 Prozent der jährlichen Fördermenge werden von Notenbanken in den Schwellenländern gekauft. Auch die private Nachfrage ist stabil.

trend.

Und wie sieht es bei institutionellen Investoren aus?

Ronald-Peter Stöferle

Die sehen, dass es ein starkes Momentum bei Gold gibt. Da wird jeder Rückgang für einen Nachkauf genutzt.

trend.

Goldminenaktien haben noch nicht auf den Goldpreis reagiert. Warum nicht?

Ronald-Peter Stöferle

Der Fokus am Aktienmarkt liegt stark auf dem Technologiebereich. Im Augenblick gibt es aber sehr viele Übernahmen im Bergbausektor. Das zeigt, es tut sich hier schön langsam etwas. Die Unternehmen haben ihre Kosten in den Griff bekommen und sind für Value-Investoren interessant. Das wurde aber alles noch nicht kommuniziert. Ich bin mir sicher, dass Goldminenaktien Anlegern in nächster Zeit viel Freude machen werden.

GOLDMINENAKTIEN.

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GOLDMINENAKTIEN.

GOLDMINENAKTIEN. Titel wie Barrick Gold oder Newmont Mining profitieren vom Anstieg des Goldpreises. Ihre Kurse haben aber noch Potenzial.

 © shutterstock
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