„Der Prozess der Desinflationierung ist auf Schiene“, sagt EZB-Chefin Christine Lagarde
©APA/dpa/Arne DedertZum vierten Mal im heurigen Jahr senkt die Europäische Zentralbank ihren Leitzins – um einen Viertelpunkt von 3,25 auf 3,00 Prozent. Der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, sinkt von 3,40 auf 3,15 Prozent.
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Angesichts trüber Konjunkturaussichten und abnehmender Inflationssorgen hält die Zentralbank mit dem heute verkündeten Beschluss an ihrem Ansatz der vorsichtigen kleinen Zinsschritte nach unten fest. Die Währungshüter haben am Donnerstag in Frankfurt beschlossen, den Einlagensatz, zu dem Geldhäuser bei der Notenbank überschüssiges Geld parken können, um einen Viertelpunkt von 3,25 auf 3,00 Prozent nach unten zu setzen. Der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, sinkt von 3,40 auf 3,15 Prozent. Der Einlagensatz gilt mittlerweile als Leitzins für die Eurozone.
Die Euro-Wächter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde hatten im Juni die Zinswende eingeleitet und dann im September und im Oktober weitere Lockerungsschritte folgen lassen. Zum weiteren Vorgehen im nächsten Jahr erklärte die Zentralbank, der EZB-Rat sei entschlossen, für eine nachhaltige Stabilisierung der Inflation beim mittelfristigen Zielwert von zwei Prozent zu sorgen. Die Festlegung des angemessenen geldpolitischen Kurses werde von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung entschieden. Die EZB lege sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist für den 30. Jänner geplant.
Inflationsprognose für 2025 auf 2,1 Prozent gesenkt
Die EZB bewegt sich derzeit in einer zunehmend unsicheren Gemengelage. Zwar könnte die Inflation nach Einschätzung der Währungshüter nächstes Jahr die Notenbank-Zielmarke von 2,00 Prozent erreichen. Im November lag die Teuerung in der 20-Ländergemeinschaft bei 2,3 Prozent, weit entfernt von Raten über zehn Prozent wie noch im Herbst 2022. Aber die zuletzt eher schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone sorgen im EZB-Rat zunehmend für Sorgenfalten.
Die Notenbank-Volkswirte senkten daher ihren Ausblick für den Anstieg der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr auf 0,7 Prozent. Im September waren sie noch von 0,8 Prozent ausgegangen. Für 2025 wird jetzt mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 1,1 Prozent gerechnet.
Die EZB aktualisierte auch ihre Inflationsprognosen für die 20 Länder zählende Gemeinschaft. Sie erwarten für das laufende Jahr jetzt eine Teuerungsrate von 2,4 (bisher: 2,5) Prozent. Für 2025 gehen sie von 2,1 (bisher: 2,2) Prozent Inflation aus.
Die Volkswirte der Notenbank erwarten nun eine langsamere konjunkturelle Erholung als noch in ihren September-Projektionen. Das Wachstum habe im dritten Quartal angezogen, doch Umfrageindikatoren ließen auf eine Verlangsamung im laufenden Quartal schließen, hieß es. Stimmungsbarometer für die Wirtschaft im Euroraum fielen zuletzt trübe aus. So sank das monatliche Sentix-Barometer, das auf einer Umfrage unter mehr als 1.000 Investoren basiert, im Dezember auf minus 17,5 Zähler – der schlechteste Wert seit November 2023. Die aktuelle Konjunkturlage wurde sogar so negativ bewertet wie seit über zwei Jahren nicht mehr.
Dazu haben die politischen Unsicherheiten angesichts der Regierungskrisen in Deutschland und Frankreich, den beiden größten Volkswirtschaften im Euroraum, zugenommen. Überdies drohen in der zweiten Amtszeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump neue Zölle, was Handelskonflikte auslösen und die Wirtschaft in der Eurozone zusätzlich belasten würde.