Wann ist eine Karriere erfolgreich? WU-Forscher haben 7 Faktoren herausgefunden, die dafür maßgeblich entscheidend sind.
©iStockphotoDie WU-Professoren Johannes Steyrer und Wolfgang Mayrhofer haben in Langzeitstudien erforscht, was eine erfolgreiche Karriere ausmacht und welche Faktoren dafür ausschlaggebend sind. Ihre Erkenntnisse haben sie im Buch "Karriereachterbahn" zusammengefasst.
Jeder Mensch macht eine Karriere - doch welche? Und welche Faktoren sind maßgeblich dafür entscheidend, ob eine Karriere ein "Erfolg" oder ein "Misserfolg" wird? Im Rahmen einer Metaanalyse haben Johannes Steyrer und Wolfgang Mayrhofer an der WU Wien mehr als 500 Studien aus mehreren Jahrzehnten analysiert, um die Faktoren, die eine Karriere bestimmen herauszufinden. Insgesamt nahmen sie dafür die beruflichen Laufbahnen von mehr als 600.000 Menschen weltweit unter die Lupe. Außerdem wurden Arbeiten zu interkulturellen Unterschieden in 35 Ländern einbezogen.
Bei der Metaanalyse standen drei Erfolgsvariablen im Fokus:
hierarchischer Aufstieg
Einkommen und
Karrierezufriedenheit.
Insgesamt wurden 26 Einflussgrößen untersucht, wie z. B. Faktoren des individuellen Potentials (z. B. Persönlichkeit oder IQ), des Leistungsverhaltens (z. B. Motivation und Einsatz), Unterschiede in den Karrierefeldern (z. B. organisationale Unterstützung), gesellschaftlichen Faktoren (z. B. soziale Herkunft) und Interaktionsaspekte (z. B. Mentoring, Netzwerke, taktisches Verhalten, etc.).
Wann ist ein Erfolg ein Erfolg? Die 7 Karrierefaktoren
Über die Grenzen hinweg konnten die Forscher sieben Faktoren identifizieren, die von Menschen zur Einschätzung ihrer eigenen Karrieren herangezogen werden. Je nach dem Grad, wie sie erfüllt sind, wird eine Karriere persönlich als "Erfolg" bewertet.
Lernen und Entwicklung. Bezieht sich auf Aspekte unseres persönlichen Wachstums. Dazu gehören zum Beispiel die Stärkung des eigenen Qualifikationsportfolios oder der Aufstieg in der formellen und informellen Hierarchie.
Entrepreneurship. Meint das eigenverantwortliche Gründen und Führen von Unternehmen.
Work-Life-Balance. Spricht an, wie sehr wir in der Lage sind, die verschiedenen Bereiche unseres Lebens befriedigend zu integrieren. Balance meint dabei die Möglichkeit, auf Basis eigener Leitvorstellungen unsere verschiedenen Lebensbereiche jeweils anlass- und entwicklungsbezogen zu bedienen, also etwa in bestimmten Lebensphasen weniger oder mehr Gewicht auf berufliches Engagement zu legen.
Positive Impacts. Umfasst die Auswirkungen unseres beruflichen Tuns jenseits der unmittelbaren Aufgabenerfüllung in Richtung eines darüberhinausgehenden Beitrags, etwa zum Gemeinwohl.
Positive Arbeitsbeziehungen. Spricht unser Grundbedürfnis nach menschlicher Nähe, Freundschaft am Arbeitsplatz, Freude in Beziehungen und ähnliches an.
Finanzielle Sicherheit. Reflektiert das Basisbedürfnis, in Sicherheit zu leben. Dazu braucht es in modernen Gesellschaften ganz wesentlich einen Grundstock an finanziellen Mitteln, in der Regel aus Erwerbsarbeit.
Finanzieller Erfolg. Geht über die finanzielle Sicherheit hinaus. Ist finanzielle Sicherheit das Brot zum Überleben, so bezieht sich diese Dimension auf Butter plus Belag. Beispiel ist etwa finanzieller Wohlstand.
Analyse: Geld ist nicht alles
Geld ist also wahrlich nicht alles: „Karrierevorstellungen sind nicht eindimensional auf Geld und Aufstieg fixiert“, betont Steyrer. Im Trendverlauf geht es immer stärker um Lernen, Entwicklung und Entrepreneurship. „Die drei für mich erstaunlichsten Ergebnisse waren“, so Steyrer,
„dass für den hierarchischen Aufstieg vor allem die sogenannte „Leader-Member-Exchange“ (LMX)-Beziehung ganz vorne lag. Der Schlüssel für den Aufstiegserfolg scheint also insbesondere eine vertrauensvolle, loyale Beziehung zwischen Vorgesetzen und Mitarbeitenden zu sein. Letztere müssen in der Ingroup ihres Vorgesetzten sein, das ist entscheidend.
Beim Einkommen lag, nicht erstaunlich, die geleistete Arbeitszeit vorne, dem folgte fast gleichauf der IQ (Intelligenz).
Und was die Karrierezufriedenheit anbelangt, lag der Person-Umwelt-Fit ganz vorne - habe ich also einen Job, der zu mir passt - aber gleich danach folgte wiederum die LMX-Beziehung.“
Gender Pay Gap: Familie als Karriere-Bremse
Die Analyse der WU-Forscher zeigte zudem, dass beim Einkommen Frauen gegenüber Männern stärker benachteiligt sind als beim Aufstiegserfolg.
Laut WIFO beträgt der bereinigte Gender Pay Gap in Österreich, bei dem u. a. der Beschäftigungsumfang, die Branche, Bildung oder Führungspositionen berücksichtigt werden, auf Stundenlohnbasis 6,2 %.
Das Team im Johannes Steyrer ging einen Schritt weiter. Sie haben in der Wirtschaftsakademiker-Studie Männer und Frauen ausgesucht, die sich bei den Persönlichkeits- und Jobmerkmalen sowie ihrer sozialen und familiären Situation (z. B. Ehe, Partnerschaft, Kinderobsorge) am ähnlichsten sind. So haben sie virtuelle Zwillinge gesucht. Wenn man alle drei Kohorten zusammenfasst, dann beträgt der Einkommensnachteil von Frauen gegenüber Männern in den ersten 10 Jahren 24 %.
Bildet man Zwillingspaare, dann sinkt der Einkommensnachteil der Frauen auf 13 %. „Unser Kohorten-Vergleich zeigt, dass es in der jüngsten 2010-Kohorte nach der Parallelisierung kaum mehr Einkommensunterschiede zu den Männern gibt. Wichtig ist noch eins: Personen- oder Jobmerkmale reduzierten den Gap kaum. Entscheidend ist die Familiensituation. "Frauen müssen also auf Familie und Kinder verzichten, sonst schlägt der Pay Gap in der genannten Größe voll zu“, resümiert Steyrer.
Buchtipp
Das Buch „Karriereachterbahn“ von Wolfgang Mayrhofer und Johannes Steyrer (Hrsg.) beschreibt die Ergebnisse der Langzeitstudie über Management-Karrieren. Es beleuchtet, was sich in puncto Einflussfaktoren auf den Karriereerfolg im Zeitverlauf von drei Kohorten verändert hat, und vergleicht Alumni aus den 1990er Jahren mit den 2000er und 2010er Jahren. In einer Metaanalyse zeigt es zudem weltweiten Forschungsstand zu den Einflussfaktoren auf Karrieren im Allgemeinen auf, wobei über 500 Studien einbezogen wurden, die die Karrieren von mehr als 600 000 Personen untersuchten.
Steckbrief
Johannes Steyrer
Johannes Steyrer ist Professor am Interdisziplinären Institut für verhaltenswissenschaftlich orientiertes Management an der Wirtschaftsuniversität Wien und leitet an der WU Executive Academy den MBA für Health Care Management. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Personalführung, Karriereentwicklung von Managern und Auswirkungen der Patientensicherheitskultur auf Fehler in Medizin und Pflege. Er hat den Staatspreis für exzellente Lehre an Österreichs öffentlichen Universitäten (Ars Docendi) erhalten.
WU Executive Academy
Die WU Wien, eine der weltweit führenden Business-Hochschulen, bündelt in der WU Executive Academy ihr Programmportfolio im Bereich „Executive Education“. Zu diesen zählen MBA, Master of Laws und Professional Master Programme, das Universitätsstudium Diplom BetriebswirtIn, Universitätslehrgänge, kompakte Weiterbildungsprogramme und Custom Programs. KI ist an der WU Executive Academy bereits in vielen Lehrangeboten ein wichtiger Teil der Digitalökonomie, der auch konkret angewandt wird. Mit durchschnittlich 750 Graduate Students und ca. 900 Führungskräften, Fachleuten und High-Potentials aus über 75 Ländern, die jährlich an den Programmen teilnehmen, gehört die WU Executive Academy zu den führenden Weiterbildungsanbietern in Zentral- und Osteuropa.