MYTHOS Auf Seminaren für Marketing, Verkauf oder PR hört man oft die Frage: "Wer von Ihnen hat schon einmal ein Entenei gegessen?" Wenige melden sich, alle hören dann diese Story: Enteneier sind deutlich größer, schmackhafter und gesünder als Hühnereier. Trotzdem haben sich Hühnereier durchgesetzt.
Warum wohl? Na klar: Legt die Ente ein Ei, gibt sie keinen Ton von sich. Hat die Henne ein Ei gelegt, gackert sie so laut, dass es jeder mitbekommt.
Die Botschaft ist klar: Ob du ein Produkt verkaufst oder dich selbst vermarkten willst - du musst dazu jedenfalls laut gackern!
FAKTEN Die Essenz der Story ist falsch: Enteneier sind etwas größer, der Dotteranteil ist höher. In Asien sind sie, Gackern hin oder her, noch immer beliebter als in Europa. Hierzulande waren Enteneier früher verbreiteter.
Weil Enten aber mit mehr Krankheitserregern in Verbindung kommen, gab es den Hinweis, sie zehn Minuten zu kochen. Und gackern tun, das hat tatsächlich ein Forscher der Uni Oxford untersucht, nur ein Drittel aller Hühner nach der Eiablage. Dass sich Hühner gegenüber Enten am Eiermarkt durchgesetzt haben, liegt in Wahrheit nicht an ihrem Marketing, sondern an ihrer Produktivität: Eine Ente legt rund 130 Eier pro Jahr, ein Haushuhn bringt es auf bis zu 300 Eier.
FAZITHühnereier haben sich aus anderen Gründen durchgesetzt als behauptet wird. Und auch als Marketingbeispiel ist die Geschichte zumindest zweifelhaft "Wer gackern in Sinne lauter Reklame predigt, hinkt in seinem Marketingverständnis circa 50 Jahre hinterher", urteilen die Faktenchecker Christoph Wirl, Betriebswirt und Herausgeber des Magazins "TRAiNiNG", und der als Trainer tätige Diplompsychologe Axel Ebert.
Laute Reklame war also einmal. Heute geht es um die Kommunikation von Kundennutzen und vor allem um Glaubwürdigkeit. Wer besonders laut und aggressiv kommuniziert, kann sogar am damit selbst aufgebauten Erwartungsruck scheitern. Der Spruch "Good Advertising kills a bad Product faster" ist nämlich eher kein Mythos.
13 Coaching Mythen
Die Serie "13 Coaching Mythen" ist der trend-Ausgabe 43/2017 vom 27.10.2017 entnommen.