
Der Gründer und Chefredakteur des Satiremagazins „Die Tagespresse“ Fritz Jergitsch spricht in der trend-Serie „Sprechen Sie Wirtschaft?" über seine finanzielle Prägung und Humor als krisenbeständiges Asset.
Sie sind studierter Volkswirt und haben mit „Die Tagespresse“ nicht nur Österreichs erfolgreichstes Satiremagazin aufgebaut, sondern auch ein nachhaltiges Finanzierungsmodell dazu etabliert. Haben Sie auch privat eine gute Hand fürs Geld? Wissen Sie am Monatsende immer, wo es geblieben ist?
Als gelernter Volkswirt weiß ich natürlich, wo mein Geld am Monatsende ist – im Umlauf. Es stärkt die regionale Wirtschaft, hauptsächlich Gastronomie, Weinbauern und Brauereien.
Sind Sie ein harter Verhandler in eigener Sache?
Ich bin ein furchtbarer Verhandler. Ich bin schon zufrieden, wenn ich nach einer Verhandlung nicht mehr zahlen muss als das Einstiegsgebot meines Gegenübers.
Wo versagt selbst dem Satiriker angesichts der Wirtschaftslage der Humor?
Humor ist zum Glück das einzige Asset, das sich vermehrt, wenn man es gebraucht. Insofern ist es äußerst krisenbeständig und hilft durch schwierige Phasen.
FPÖ versus „Die Tagespresse“
Im April 2023 hat „Die Tagespresse“ satirische Fake-Briefe an 500 niederösterreichische Wirtshäuser, die eine von der FPÖ geförderte „Wirtshausprämie“ parodierten, verschickt. Adressiert waren die gefälschten Briefe von der „Ladengeschäftsstelle Niederösterreich, Abteilung zur Förderung der patriotischen Esskultur“.
Der Oberste Gerichtshof hat nun im Rechtsstreit zwischen dem Satiremedium und der FPÖ Niederösterreich zugunsten der Freiheitlichen entschieden. Die „Tagespresse“ habe durch die bewusste Täuschung mit FPÖ-Logo und Namen eine rechtswidrige Veröffentlichung begangen, so das Gericht. Während die „Tagespresse“ in den ersten beiden Instanzen gewann, gab der OGH der FPÖ in letzter Instanz Recht. Dadurch entstehen der Satireplattform Kosten von etwa 103.000 Euro, einschließlich Prozess- und Veröffentlichungskosten.
Laut Jergitsch prüft die „Tagespresse“ nun mit der Causa vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen.
Was hat Sie in Sachen Geld geprägt?
Mein wichtigster Lehrer in finanziellen Themen war die SVS. Wenn die erste Nachzahlung kommt, lernst du wirklich den Wert von Geld kennen. Das prägt.
Ist für Sie als freiberuflicher Künstler finanzielle Vorsorge Thema bzw. die Angst, dass es auch wieder anders sein kann?
Wie der Name schon sagt, ist man als Selbstständiger ständig auf sich selbst gestellt. Das muss man mögen und kann sehr stressig sein, wenn es mal nicht gut läuft. Aber ich persönlich schätze die Freiheit mehr, als mich der Stress belastet.
Was halten Sie heute noch für ein gutes Investment?
Ich habe kürzlich Aktien der Post gekauft und möchte sie allen Leser:innen des trend zum Kauf empfehlen, damit der Preis steigt. Wir bei der „Tagespresse“ zahlen der Post jährlich so viel für den Versand der Jahresbücher an unsere Abonnenten. Da möchte ich mir einen Teil davon als Dividende zurückholen. Und ja, es macht stolz, in der Schlange im Postamt die Hansi-Hinterseer-CDs und Handyhüllen zu sehen und zu denken: Das gehört auch ein bisschen mir.
Alles ist teuer geworden. Wo sparen Sie derzeit?
Ich spare dort, wo ich die Preiserhöhungen für dreist halte. Wenn die Salatgurke im Spar plötzlich 30 Cent mehr kostet als in der Vorwoche, dann esse ich halt keine mehr. Ich fühle mich dann immer so, als hätte ich die Handelsriesen ausgetrickst.
Was halten Sie für Ihren ganz persönlichen kleinen Reichtum? Was macht Ihr Leben besser?
ChatGPT hat unsere Buchhaltung automatisiert und mir ein kleines Programm geschrieben, das automatisch berechnet, wie viel Mehrwertsteuer wir von unseren Aboeinnahmen zahlen müssen. Die Zahlen reiche ich dann einfach an unseren Steuerberater weiter. So bleibt mir mehr Zeit für meine Leidenschaft, Fake News.
Wofür geben Sie leichten Herzens viel Geld aus? Und wofür sind Sie sich zu neidig?
Bücher für meinen E-Reader. Zu neidig bin ich mir für neue Socken, wenn meine alten ein Loch haben.
Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Einen Dry-Age-Schrank zum Trockenreifen von Fleisch. Nach einiger Zeit habe ich festgestellt, dass die Steaks aus dem Schrank weder günstiger noch besser sind als die von meinem Fleischer. Nach wochenlanger Willhaben-Suche habe ich schließlich einen Steirer gefunden, der mir für den Schrank zwei Drittel des Anschaffungspreises plus einen großen Sack voll Trockenwürste und Kernöl zahlte.
Was würden Sie auch für viel Geld nicht machen?
Testimonial für Kaffee Hag, wo ich einen Schluck Kaffee nehme, die Tasse hochhebe, und dann überrascht ausrufe: „Was – Kaffee Hag? Jetzt habt ihr mich aber erwischt.“
Karte oder Bargeldtyp?
Karte. Speziell im Sommer gibt es nichts Schlimmeres als eine schwere Geldbörse voller Münzen in der verschwitzen Hosentasche, die beim Gehen am Bein reibt.
Was empfinden Sie als Luxus?
Freizeit, einen Tag lang mal nichts machen müssen.
Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbst verdientes Geld ausgegeben haben?
Da muss ich 16 gewesen sein. Also wahrscheinlich für Tequila-Shots im Bermudadreieck.
Und wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Es soll enden, wie es angefangen hat: mit Tequila-Shots im Bermudadreieck.
Zur Person
Fritz Jergitsch, 34. Der Wiener gründete nach seinem Studium der Volkswirtschaft 2013 das Satireportal „Die Tagespresse“ und verfasst seither als Chefredakteur neben seinem Team „jeden Werktag einen Artikel, der nicht stimmt“. 2016 ging der mehrfach ausgezeichnete satirische News-Blog auch erstmals als Nachrichtenshow auf die Bühne. Aktuell im Rabenhof zu sehen: „Die Tagespresse History“. Zudem präsentiert Jergitsch ebenda mit dem Abend „Planet Tagespresse“, was „backstage der relevantesten News-Redaktion“ so abläuft.
Alle Termine: dietagespresse.com und fritzjergitsch.at