©AKOS STILLER / Wiener Börse
Seit über 600 Jahren gibt es Börsen als Marktplätze für den kontrollierten Handel mit Wertpapieren. Den Preis und den Wert der dort gehandelten Aktien bestimmen Angebot und Nachfrage. Heute läuft der Handel nur noch elektronisch ab.
Was ist eine Börse? Die Geschichte der Börsen
Die älteste Börse der Welt wurde um 1409 in Brügge gegründet - obwohl auch Antwerpen den Anspruch anmeldet, die erste richtige Börse gewesen zu sein, da dort 1460 das erste Börsengebäude der Welt eröffnet wurde. Sicher ist jedenfalls, dass die Bezeichnung "Börse" auf die aus Brügge stammende Kaufmannsfamilie Van Der Beurse zurückgeht, in deren Haus sich regelmäßig Geschäftsleute trafen.
Damals wie heute waren die Börsen Orte, an denen mit Gütern gehandelt wurde - um die Sache einfacher zu machen allerdings nicht mit echten, physischen Gütern, sondern mit Wertpapieren, die diese Güter repräsentierten und an keine bestimmte Person gebunden, also übertragbar waren. Der Wert dieser Papiere stieg oder fiel mit der Nachfrage nach den Gütern.
Aktien - Anteilsscheine an einem Unternehmen, einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft - an die man heute zuerst denkt, wenn von Börsen die Rede ist, kamen erst etwas später ins Spiel. Um 1600 begannen Unternehmen mit dem Verkauf von Anteilsscheinen. Die East India Company und die Vereinigte Ostindische Kompanie gelten als erste Unternehmen, die Anteile an Aktionäre außerhalb des Unternehmens ausgegeben haben. Und 1612 entstand mit der Amsterdam beurs schließlich die erste Börse, die einen regelmäßigen Handel mit diesen Papieren ermöglichte.
Am grundlegenden Prinzip wie der Handel abgewickelt wurde hat sich seither eigentlich wenig geändert: Käufer und Verkäufer waren nicht persönlich anwesend sondern wurden durch Makler vertreten, die den Wert der Aktien - die Börsenkurse - untereinander aushandelten.
Die Geschichte der Wiener Börse
Seit 1771 wird auch in Wien mit Aktien gehandelt, das Gründungspatent von Kaiserin Maria Theresia datiert zurück auf das Jahr 1761. Im historischen Börsengebäude an der Wiener Ringstraße wird jedoch schon seit langem nicht mehr mit Wertpapieren gehandelt. Die heutige Wiener Börse AG hat ihre Büros in der Wiener Wallnerstraße, auch ein Börsenparkett gibt es dort nicht mehr.
Den österreichischen Leitindex ATX (AT0000999982), der sich aus den 20 wichtigsten heimischen Aktien zusammensetzt, gibt es seit 1991.Der größte Börsengang in der Geschichte der Wiener Börse war der der BAWAG Group im Jahr 2017, bei dem ein Emissionserlös von 1,93 Milliarden Euro erzielt wurde, gefolgt von dem des Baukonzerns STRABAG und der Raiffeisen Bank International (siehe Grafik).
Wie Börsen funktionieren - einfach erklärt
Im Grunde erfüllen Börsen heute immer noch die Funktion, die sie schon vor mehr als 600 Jahren hatten - sie sind Marktplätze für den Handel Waren aller Art. Neben Aktien wird an Börsen auch mit Anleihen, ETFs, Fonds, Optionsscheinen, Zertifikaten und etlichem mehr gehandelt. Es gibt etwa auch Warenbörsen - Rohstoffbörsen, wo in großem Stil mit Erzen, Agrarprodukten oder auch mit Strom gehandelt wird, Terminbörsen für Termingeschäfte oder Devisenbörsen für den Handel von Devisen in Fremdwährungen.
Aktien sind Anteilsscheine an Unternehmen, die Investoren quasi zu Teilhabern und Mitbesitzern der jeweiligen Unternehmen machen.
Anleihen sind hingegen Wertpapiere mit einer fixen Laufzeit und festgelegten Verzinsung, die am Finanzmarkt gehandelt werden. Anleger und Ausgeber stehen sich bei einer Anleihe als Gläubiger und Schuldner gegenüber, inklusive rechtlicher Verpflichtungen zur Rückzahlung des Kapitals plus Zinsen. Auch Anleihen steigen und fallen im Kurs, doch im Vergleich zu volatileren Aktien sind sowohl Risiken als auch Erträge niedriger. Nicht nur Firmen, auch Regierungen geben Anleihen aus; diese Staatsanleihen gelten als besonders sicher, allerdings sind die Renditen für solche sicheren Anlagen seit der Finanzkrise 2007 tendenziell gegen Null gerutscht.
ETFs sind Indexgebundene Fonds, die zum Beispiel einen Aktienindex wie den österreichischen ATX, den Deutschen Dax oder den US-Leitindex Dow Jones nachbilden und den Entwicklungen dieser Indizes folgen.
Fonds sind Finanzprodukte, die verschiedene Wertpapiere bündeln. Es gibt reine Aktienfonds ebenso wie reine Anleihenfonds und Mischfonds mit unterschiedlichen Anteilen an Aktien und Anleihen.
Optionen sind Garantien, ein bestimmtes Asset (ein Wertpapier, einen Sachwert, Rohstoffe etc.) zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Fixpreis zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option).
Rohstoffe werden an den Börsen wie Aktien gehandelt. Es gibt dafür auch spezielle Rohstoffbörsen.
Zertifikate sind Schuldverschreibungen, deren Wertentwicklungen von der Entwicklung anderer Finanzprodukte abhängen. Sie üblicherweise von Banken an Privatkunden verkauft und bieten Privatanlegern eine Möglichkeit, in verschiedenste komplexe Anlageprodukte und Strategien zu investieren, die ihnen andernfalls nicht zugänglich wären.
Echte, bedruckte Papiere werden an den Börsen schon lange nicht mehr getauscht. Der Handel läuft weltweit rein elektronisch ab, in Wien seit 1999. Der Wertpapierhandel ist auch nicht mehr den klassischen Wertpapierhändlern vorbehalten. Heutzutage kann jeder Aktionär werden und - wenn auch über einen kleinen Umweg - auch selbst mit Wertpapieren handeln - sie kaufen oder verkaufen.
Der Handel an den internationalen Börsen läuft dabei unter strenger Aufsicht ab. Zum Schutz aller Anteilsinhaber und zur Wahrung eines fairen Handels unterliegt der Handel strengen Regeln, die im Börsengesetz festgelegt sind. Für das Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen ist zudem das Kapitalmarktgesetz relevant.
Die Börsen-Aufsicht, in Österreich die Finanzmarktaufsicht FMA, überwacht in jedem Land der Welt die Rechtmäßigkeit des Handels. So müssen etwa Unternehmen vorab über relevante Ereignisse oder Aktivitäten, die in der Folge den Kurs einer Aktie im positiven oder negativen Sinn beeinflussen könnten, informieren. Derartiges Wissen darf von Insidern auch nicht ausgenutzt werden. Insiderhandel ist strafbar. Die Unternehmen müssen zudem Jahres- und Zwischenberichte veröffentlichen oder wenn Beteiligungen von einzelnen Teilhabern bestimmte Prozentsätze überschreiten, entsprechende Meldungen veröffentlichen.
Wie der Aktienhandel abläuft - leicht erklärt
Der Preis der Wertpapiere wird – etwa im Falle von Aktien – vom Wert eines Unternehmens, der Zahl der Anteilsscheine und dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach diesen Anteilscheinen bestimmt, und zwar so:
Vor dem Börsengang eines Unternehmens, also bevor Aktien eines Unternehmens an der Börse gehandelt werden, wird das Unternehmen von Wirtschaftsprüfern eingehend geprüft und bewertet. Dabei werden alle materiellen und immateriellen Vermögenswerte in der Bilanz des Unternehmens wie Immobilien, Rohstoffe, Lagerware, Produkte, Patente, Reserven usw. addiert und diesen die Verbindlichkeiten etwa offene Rechnungen an Lieferanten gegenüber gestellt. Aus dem sich ergebenden Unternehmenswert und der Zahl der Anteilsscheine, also der Aktien, die an der Börse ausgegeben werden, ergibt sich ein vorläufiger Preis für eine Aktie.
BEISPIEL:
Die Bewertung eines Unternehmens ergibt einen Unternehmenswert von 500 Millionen Euro.
Das Unternehmen will die Hälfte seiner Anteile an der Börse handeln, also Aktien im Wert von 250 Millionen Euro.
Das Unternehmen beschließt, diesen Anteil in eine Million Anteilsscheine aufzuteilen. Jeder dieser Einzel-Anteile, also Aktien, die dann an der Börse gehandelt werden sollen, hätte demnach bei der Erstausgabe einen Buchwert von 250 Euro.
Nun beginnt das Spiel von Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage nach den Aktien groß, beginnen diese im Wert zu steigen. Ist die Nachfrage gering fällt ihr Wert, Aktien können dann also zu einem günstigeren Preis gekauft werden.
Wenn ein Unternehmen in der Folge gut wirtschaftet und erfolgreiche Produkte oder Dienstleistungen anbietet und Gewinne erwirtschaftet, dann steigt das Interesse an den Aktien und somit auch der Wert der Anteilsscheine.
Bei der folgenden Preisbestimmung von Aktien der an der Börse gelisteten Unternehmen und anderen an der Börse gehandelten Produkten gilt grundsätzlich das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Die zentrale Rolle nimmt dabei das Orderbuch des elektronischen Handelssystems – in Wien und in Frankfurt ist das etwa Xetra – ein, in dem alle Kauf- und Verkaufsangebote für die Wertpapiere vermerkt sind.
Jemand, der Interesse hat, Aktien zu erwerben kann Dafür einen Auftrag deponieren und dabei Volumen – also die Stückzahl der Aktien, die gekauft werden sollen – und ein entsprechendes Limit dafür festzulegen. Eine solche Order wird Limit-Order genannt.
Wie man Aktien und Wertpapiere kaufen kann
Um am Aktienhandel teilhaben zu können braucht man zunächst ein Depot, entweder bei der Hausbank oder bei einem lizensierten Online-Broker. Über diesen Broker kann ein Wertpapier-Depot angelegt werden.
Das Depot ist eine Art digitaler Safe für die eigenen Wertpapiere, die man in der Folge kauft oder auch wieder verkauft. Die Aktien werden nach einer entsprechenden Order nur noch elektronisch aus einem Depot ausgebucht und einem anderen gutgeschrieben. Das Geld dafür wird ebenfalls elektronisch verschoben.
Die Banken und die Broker, die den Handel abwickeln, heben dafür Depotgebühren für die Führung der Depots und Transaktionsgebühren ein. Diese können recht unterschiedlich sein. Es lohnt sich daher, die Konditionen mehrerer Broker zu vergleichen. Sämtliche anfallenden Gebühren müssen schließlich erst wieder durch Kurssteigerungen verdient werden, damit am Ende unter dem Strich auch ein Gewinn übrig bleibt.
Trotz der dabei anfallenden Gebühren sind Aktien-Investments auf lange Sicht gesehen die Geldanlageform mit der höchsten zu erwartenden Rendite und eine der wenigen Möglichkeiten, Geld wertsteigernd zu investieren.
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