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Klimaschutz: die EU auf der Kriechspur

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Klimaschutz: die EU auf der Kriechspur
k.A©Elke Mayr
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Der European Green Deal hätte als Klimaschutzprogramm international Vorbild werden können. Leider häufen sich Fehlentscheidungen, die Kluft zwischen Anspruch und Akzeptanz wird größer.

Die Europäische Union nimmt für sich in Anspruch, im weltweiten Klimaschutz der Vorreiter zu sein. Leider ist sie das immer weniger. Sie bremst Investoren, die auf Entscheidungen warten, überlässt Kernstücke der Transformation den Mitgliedstaaten, die damit überfordert sind, und verliert viel Zeit, bevor sie sich in Bewegung setzt.

Lange schon rief die Wirtschaft nach Verfahrensbeschleunigung. Projekte, die die Energiewende umsetzen, stecken zehn Jahre oder länger in Verfahren fest. Nun gesteht die Europäische Union ein, dass endlose Genehmigungsverfahren die Ziele des Pariser Klimaabkommens 2015 sabotieren.

Die Renaissance des Kohlestroms in Mitteleuropa hat selbst verschuldete Ursachen. Europas wirtschaftliche Stärke basiert auf seiner Industrie. Um stark zu bleiben und Vorbild zu sein, muss Europa Alternativen zu fossilen Energieträgern finden. Doch es fehlt der Schwung, es fehlt die Infrastruktur, es fehlt die regulatorische Klarheit. So könnte man arbeiten, wenn man unendlich viel Zeit hat. Während Europa auf der Kriechspur verharrt, sind die USA mit ihrem Inflation Reduction Act auf der Überholspur als Wasserstoffnation Nummer eins.

Technologieverbote, eine Sackgasse

Mit Volldampf in die Sackgasse rast die EU mit Technologieverboten. Die EU schreibt ab 2035 vor, dass Pkw-Neuwagen elektrisch betrieben werden müssen. Beim Pkw ist der fossile Treibstoff das Problem, nicht die Antriebstechnologie. E-Autos verursachen mehr CO2-Emissionen, wenn sie mit aus Deutschland importiertem Kohlestrom fahren, als Pkw, die mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen fahren. In Österreich nennt man das Ökoschmäh.

China hat bei den Rohstoffen eine ähnlich starke Position wie Russland bei Erdöl und Erdgas bisher. Man soll einen Fehler nur einmal machen. Mit ihrem E-Auto-Zwang schließt die EU andere Technologien aus, die gute Dienste leisten können, zum Beispiel wenn Europa eines Tages nicht an die Rohstoffe herankommt, um selbst Elektrobatterien ausreichend und zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren.

Wichtig für den Klimaschutz sind die weltweit bald 1,5 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Wer darauf wartet, bis alle elektrisch fahren, hat den Ernst der Lage verkannt. Mit alternativen Treibstoffen können wir dem Weltklima einige Milliarden Tonnen Treibhausgase pro Jahr ersparen, die EU darf diesen Elfmeter nicht über das Tor schießen.

Beim Klimaschutz fehlt der Zusammenhalt

Der renommierte Klimaexperte Robert Schlögl hat in seinem Vortrag in Wien erklärt, dass es viel schneller ist, den Treibstoff auszutauschen als das ganze System. Schnelligkeit zählt ganz besonders, das emittierte CO2 bleibt rund 70 Jahre klimawirksam. Und der Vordenker Franz Josef Radermacher hat Ökostrom, Wasserstoff und E-Fuels als die drei Säulen der Energiewende bezeichnet, keine darf ausgeschlossen werden.

Auf schwachen Beinen steht der European Green Deal auch wegen seiner isolationistischen Ausrichtung. Europa muss der ganzen Welt zeigen, welche Chancen im Klimaschutz stecken. Die reichen und die armen Länder müssen zusammenfinden. Mit Energiepartnerschaften ist beiden geholfen. 100 Länder verfügen über derart große Wind-und Solarpotenziale, dass sie Ökostrom mit den halben Kosten oder noch günstiger produzieren können.

In der Union fehlt es auch beim Klimaschutz am Zusammenhalt: Jedes Land muss selbst schauen, wie es zum Wasserstoff kommt. Die Industrien, die den Wasserstoff als Ersatz für Erdgas brauchen, können ihn nicht auf eigene Faust zu ihren Standorten bringen. Solange der Wasserstoff als Ersatz für Erdgas ausbleibt, hat die CO2-intensive Industrie nur die Möglichkeit, das CO2 aus dem Abgas abzuscheiden, zu speichern und zu rezyklieren. CO2 wird schon heute in einigen Industrien als Rohstoff nachgefragt. Der EU-Rechtsrahmen für diesen CO2-Kreislauf fehlt.

Fazit: Um ihren Green Deal Investoren und anderen Regierungen schmackhaft zu machen, müsste die EU rasch eine Wasserstofflogistik aufbauen, Wasserstoffproduktionen ankurbeln und der Wirtschaft grünes Licht für die CO2-Verwertung geben. Mit einem weltumspannenden Netz von Energiepartnerschaften kann die EU global viel mehr bewirken. Technologieverbote sollte sie schleunigst entsorgen.

ZUR PERSON

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Stephan Schwarzer © beigestellt

STEPHAN SCHWARZER ist Universitätsdozent für österreichisches und europäisches öffentliches Recht an der WU Wien.

Den Gastkommentar von Stephan Schwarzer finden Sie auch in der trend. PREMIUM Ausgabe vom 10.2.2023

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