Wirtschaftsminister Martin Kocher über EU-Mercosur, Rüstungsgeschäfte und seine berufliche Zukunft.
Warum bringt die EU ein Mercosur-Abkommen nicht zustande, während uns die EFTA in diesem Bereich vermutlich sogar überholt?
Die EU-Kommission führt die Verhandlungen. Wo im Detail der Haken liegt, ist nicht immer klar. Beide Seiten haben gewisse Forderungen. Aus Sicht der EU sollten die Vorbehalte in der Landwirtschaft und der Schutz des Regenwalds noch besser berücksichtigt werden, darüber gibt es noch keine Einigung.
Sie gelten als Befürworter. Nehmen Sie sich Ihren Regierungskollegen Totschnig, der die Bauern vertritt, manchmal zur Brust?
Es gibt ein Koalitionsabkommen, und ich bin an den ablehnenden Parlamentsbeschluss von 2019 gebunden.
Ein Treffen mit Argentiniens Präsidenten Milei ist nicht zustande gekommen. Was hätten Sie ihn denn – von Ökonom zu Ökonom – gefragt?
Als Ökonom kann man von Milei nicht viel lernen. Rosskuren, wie er sie kolportiert beabsichtigt, haben meist nicht Erfolg. Man braucht einen breiten Konsens in der Bevölkerung, wenn man große Reformen machen will.
Im Windschatten Ihres Besuchs reisten Luftfahrt- und Rüstungsfirmen. Gibt es Berührungsängste, weil formell Ministerin Tanner zuständig ist?
Es ist klar, dass es Zuständigkeiten bei Beschaffungen gibt. Da will und kann ich mich nicht einmischen. Bei wirtschaftlichen und technologischen Kooperationen gibt es Berührungspunkte, aber das ist ein ganz anderes Thema, das ist unabhängig von Beschaffungen im Militärbereich.
Sie setzen starke außenwirtschaftliche Akzente. Fast hat es den Eindruck, als wollten Sie der Enge oder gar Engstirnigkeit der österreichischen Innenpolitik entfliehen.
Da muss ich strikt widersprechen. Es ist klar, dass sich aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine Probleme in gewissen Regionen ergeben. Manche Märkte fallen weg. Deshalb wollen wir unseren Unternehmen auch im Rahmen von Wirtschaftsmissionen helfen, in anderen Teilen der Welt erfolgreich zu sein.
Wer garantiert, dass diese Stoßrichtung auch von einer FPÖ-geführten Regierung weitergeführt wird?
Es gibt Abteilungen im Ressort, gemischte Wirtschaftskommissionen, die Botschaften, die sich darum kümmern.
Sie selbst haben ausgeschlossen, einer Regierung mit FPÖ-Chef Herbert Kickl angehören zu wollen.
Dieses Nein gilt für die gesamte FPÖ. Für einen Wissenschaftler ist es sehr schwierig, mit einer Partei zusammenzuarbeiten, die viele grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse nicht anerkennt. Ich will Dinge umsetzen können, die aufgrund von Evidenz und Fakten aus meiner Sicht richtig für Österreich sind.
Reden wir über den Herbst. a) Rückkehr in die Wissenschaft, b) Verbleib in einer neuen Regierung oder c) Nationalbank-Gouverneur – was ist die bevorzugte Option?
Ich habe mir dazu noch keine Gedanken gemacht. Für mich war es immer wichtig, etwas zu tun, also etwas Sinnvolles umsetzen zu können, und nicht etwas zu sein.
Interview aus trend. EDITION vom April 2024
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