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Robin Lumsden: Mehr als nur Trumpisten

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Robin Lumsden ist Wirtschaftsanwalt in Wien, New York und Washington.

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Derzeit geben die Verehrer Donald Trumps bei den Republikanern den Ton an. Aber es gibt auch andere, positive Kräfte, die eher den Traditionen der Partei entsprechen.

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Bei meinen Aufenthalten in den USA lerne ich sie immer wieder kennen, natürlich auch in meiner Klientel: Unternehmer, Manager, Anwälte, oft wohlbetucht, skeptisch gegenüber Maßnahmen aus Washington. Diese sind auch skeptisch gegenüber jenen radikalen, reaktionären und evangelikalen Elementen, die im Windschatten Trumps, der von ihnen inzwischen trotz seiner so gar nicht fromm anmutenden Biografie wie ein Messias verehrt wird, die Macht in der Partei und jetzt auch im ganzen Lande an sich gerissen haben.

Anders als in Österreich, wo eine inzwischen breite Parteienlandschaft existiert, sind die beiden großen US-Parteien weiterhin fast ausschließlich dominant – und kulturell höchst unterschiedlich geprägt. Aber beide US-Parteien sind konservativer als viele europäische Parteien, Themen wie Eigenverantwortung, Individualismus und wirtschaftliche Freiheit spielen in beiden eine zentrale Rolle, wenn auch in verschiedenen Nuancen. Auch wenn wir in Europa das nicht verstehen möchten oder nicht gutheißen, ist diese Art der Dominanz von Freiheitsgedanken berechtigt und muss respektiert werden. Die Demokraten, oft als „liberal“ bezeichnet, wären in Europa als eher konservativ einzustufen. Die Republikaner, die in Europa als rechtskonservativ gelten würden, vertreten aber einen „amerikanischen Konservatismus“, der noch tiefer in der Ablehnung staatlicher Eingriffe verankert ist. Amerikaner lieben ihren Bundesstaat, aber an den USA primär nur die Flagge und das Militär.

In den USA gibt es kaum eine Partei, die über die Jahrzehnte hinweg so sehr polarisiert hat wie die Republikaner. Ihre Werte basieren auf Freiheit, Individualität und Verantwortung – Prinzipien, die Politiker wie John McCain beispielhaft verkörpert haben.

Das Erbe von John McCain

John McCain ist auch heute noch für viele ein Symbol republikanischer Tugenden und Standhaftigkeit. Der Senator und einstige Präsidentschaftskandidat ist für viele ein Vorbild. Seine Haltung war geprägt von der Überzeugung, dass Freiheit, Selbstbestimmung und Verantwortung für die Gemeinschaft die Fundamente der amerikanischen Gesellschaft sind. 

Die Beziehung der Republikaner John McCain und Donald Trump war stets von gegenseitiger Verachtung geprägt. Auch verlor McCain 2008 die Präsidentschaftswahl gegen Barack Obama. Als McCain zehn Jahre später starb, war der damalige Präsident Trump nicht zur Trauerfeier geladen. Er hatte McCain wiederholt ­abgesprochen, ein Kriegsheld zu sein, weil er in Vietnam in Kriegsgefangenschaft geraten war.

Im Wahlkampf hatte sich nun auch McCains jüngster Sohn kritisch über ihn geäußert, vor allem über Trumps Besuch auf dem Nationalfriedhof Arlington. Trump hatte auf dem Friedhof Washington bei einer Kranzniederlegung der vor drei Jahren bei einem Selbstmord­anschlag in Afghanistan getöteten US-Soldaten gedacht. Im Anschluss gab es Berichte von einer Auseinandersetzung zwischen Trumps Team und Friedhofsangestellten, Trump wurde vorgeworfen, den Friedhofsbesuch zu Wahlkampfzwecken zu missbrauchen. Jimmy McCain, der danach erklärte, Kamala Harris zu unterstützen: „Soldatinnen und Soldaten, die auf dem Nationalfriedhof begraben sind, könnten nicht selbst darüber entscheiden, ob sie als Kulisse für einen Wahlkampf dienen wollen.“ 

Jene Werte, die John McCain beispielhaft vertrat, sind weiterhin programmatischer Kernbestandteil der Republikanischen Partei. Sie stehen für wirtschaftliche Freiheit, einen kleineren Staat und die Idee, dass der Einzelne am besten wisse, was für ihn richtig sei. Dies ist in Österreich viel weniger verbreitet: Der Staat wird, historisch berechtigt, oft als Garant für Stabilität und soziale Absicherung gesehen.

Kulturelle Unterschiede und die amerikanische Identität

Über die Jahre hinweg habe ich viele Republikaner kennen- und schätzen gelernt. Von Condoleezza Rice, die mich an der Stanford University betreute, bis hin zu ehemaligen Generälen und langjährigen Mandanten haben mir viele geholfen, die republikanische Kultur besser zu verstehen, teilweise zu schätzen, aber mir insbesondere deren Unterschiede bewusst zu machen. Für uns Europäer mag die amerikanische Denkweise oft fremd wirken, aber wenn man die Geschichte der USA kennt, wird sie nachvollziehbarer.

Die USA wurden von Menschen aufgebaut, die Europa verließen, um Freiheit zu finden – Freigeister, Abenteurer und oft Querdenker. Diese frühen Siedler wollten ein Leben ohne die Obrigkeit, die sie in Europa kontrolliert hatte. In dieser Tradition wurzelt die republikanische Ablehnung gegenüber einem starken Zentralstaat. Der Republikaner liebt seine Umgebung, seine Gemeinde, seine Stadt und seinen Bundesstaat. Amerika selbst bedeutet für ihn primär der Zusammenhalt nach außen, mehr aber auch nicht.

Viele junge, aufstrebende Republikaner verbinden traditionelle Werte mit modernen Ansätzen. 

Robin LumsdenWirtschaftsanwalt

Eine neue Generation von Republikanern

Es wäre falsch, die Republikanische Partei als statisch zu sehen. Viele junge, aufstrebende Republikaner verbinden traditionelle Werte mit modernen Ansätzen. Sie sehen die Herausforderungen der globalisierten Welt und wollen ihnen mit konservativen, aber pragma­tischen Lösungen begegnen. Auch wenn Trump die Partei dominiert, gibt es eine Bewegung innerhalb der Partei, die sich darauf konzentriert, wieder zu einer ­ausgewogenen konservativen Politik zurückzufinden.

Obwohl Trump weiterhin wachsenden Einfluss haben wird, ist davon auszugehen, dass die Partei nicht dauerhaft unter seiner Führung bleibt. Die Republikanische Partei ist zu vielseitig und in ihren Werten zu tief verwurzelt, um sich langfristig auf eine Person zu fixieren. Stattdessen wird sie auf eine breitere Basis zurückkehren und die Werte vertreten, die John McCain so klar formulierte: Freiheit, Verantwortung, Dienst an der Gesellschaft.

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