©© J. Atti Gili / beigestellt
Dem Meisteruhrmacher Michel Navas sind schon viele Kunststücke gelungen – darunter der beeindruckende Transfer der unverkennbaren Louis-Vuitton-DNA in die Welt der Zeitmessung.
Als einer der großen Uhrmachermeister unserer Zeit konstruieren und fertigen Sie seit Jahrzehnten ganz besondere Zeitmesser, welche die Herzen leidenschaftlicher Uhrensammler in aller Welt höherschlagen lassen. Gibt es Meilensteine, an die Sie sich besonders gern erinnern?
1980 begann ich meine Karriere bei Audemars Piguet, wo ich die erste Armbanduhr mit Tourbillon fertigte – ein unvergesslicher Moment. Danach ging ich zu Patek Philippe und zu Gerald Genta. Anders als heute musste damals jedes Teilchen für jede Konstruktion selbst gefertigt werden. Das war sehr lehrreich. Später entwickelte ich für Franck Muller das Werk der „Crazy Hours“. Es gibt viele Meilensteine – nicht zu vergessen die „Spin Time“, die ich gemeinsam mit meinem Partner Enrico Barbasini für Louis Vuitton entwickelt habe.
Unter all den Spezialitäten, die Sie schon am Werktisch hatten: Welcher Zeitmesser war bislang der herausforderndste?
Zum einen die „Spin Time“, damals und auch heute, denn aktuell arbeiten wir an einer technologischen Umstellung, was den Antrieb der Würfel betrifft. Unbedingt zu erwähnen wäre auch der „Tambour Twin Chrono“, den wir speziell für den Louis Vuitton Cup entwickelt haben. Es gibt keinen vergleichbaren Regatta- Chronographen, der die Zeitdifferenz zwischen den beiden konkurrenzierenden Booten misst und anzeigt. Die Entwicklung dieser Konstruktion, bestehend aus vier zusammenwirkenden Uhrwerken, war in der Tat sehr herausfordernd.
Gibt es unter all den genialen Entwicklungen einen persönlichen Favoriten, bei dem Sie ins Schwärmen geraten?
Ich liebe einfach die Minutenrepetition! Die erste Version war schon großartig, aber die letzte Version ist sensationell – diese Konstruktion, das Gehäuse sehr flach und wasserdicht, der Klang einzigartig dank Kathedralen-Gong …
2011 übernahm Louis Vuitton die 2007 von Ihnen und Enrico Barbasini gegründete La Fabrique du Temps. Was hat sich seither verändert?
Eigentlich hat sich seither nicht allzu viel verändert. Als wir 2007 mit unserem Workshop begannen, war Louis Vuitton einer der ersten Auftraggeber. In diesem innovativen und kreativen Umfeld entstand die „Spin Time“. Es war aufregend, die Kollektion in diesem für Louis Vuitton neuen Produktsegment von Anfang an mitzugestalten. Der Spirit ist unverändert, wir, also unser Team in Meyrin, sind lediglich gewachsen – auf 200 Personen.
Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit Paris vorstellen? Wie gelingt es, stets eine Brücke zwischen Markenphilosophie und LV-Designsprache einerseits und der Uhrmacherperspektive andererseits zu bauen und das Beste aus beiden Welten zu vereinen?
Von Anfang an standen wir in regem Austausch mit der Designabteilung von Louis Vuitton. Das funktioniert ganz hervorragend. Nahezu jede Woche finden Meetings bei uns statt. Der Ideentransfer geht in beide Richtungen, und wir suchen gemeinsam nach Wegen, die Identität der Marke in jeden Zeitmesser zu implementieren.
Wie würden Sie jemandem, der Louis Vuitton nur als Ledermanufaktur kennt, den Charakter der Louis-Vuitton-Uhren erklären? Was macht den Unterschied aus?
Das Besondere an Louis Vuitton ist grundsätzlich der hohe Anspruch auf allen Ebenen: feinstes Handwerk, Expertise, Savoir-faire, Streben nach Perfektion – unabhängig davon, um welches Produkt es sich handelt. Wir als Uhrmacher versuchen immer, den Kunden etwas zu bieten, das sie sonst nirgends finden. Wir streben danach, den Spirit von Louis Vuitton, vor allem die Leidenschaft zu Reisen, in unsere Zeitmesser zu implementieren. Die neue „Jacquemart Minute Repeater 200 Years“ verkörpert diese Philosophie zu hundert Prozent.
Der Artikel ist aus trend.PREMIUM vom 29. September 2023.