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Rewe-Österreich-Chef: „Massiv unverhältnismäßige" Kartellstrafe

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Rewe-Chef Marcel Haraszti©Lukas Ilgner
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Marcel Haraszti argumentiert, durch Nicht-Anmeldung einer Standortübernahme bei der BWB „keinerlei wirtschaftliche Vorteile" erzielt zu haben.

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Auf Emotionen setzt Marcel Haraszti, Vorstand der Rewe International AG, mit seinem Eintrag auf der Online-Plattform LinkedIn: „Wir wollten einfach einen normalen Supermarkt eröffnen – und haben dafür eine Strafe von 70 Mio. Euro bekommen".

Die Billa-Mutter Rewe kritisiert die jüngst vom Obersten Gerichtshof (OGH) als Kartellobergericht verhängte Rekordkartellstrafe scharf. Das „exorbitante Strafmaß" von 70 Mio. Euro für „einen Formalverstoß" sei „massiv unverhältnismäßig", kritisierte der Lebensmittelhändler nach Prüfung des Entscheids in einer Stellungnahme. „Das vorgeworfene Vergehen - die Nichtmeldung des Standortes - hat zu keinerlei wirtschaftlichen Vorteilen für die Rewe International AG geführt."

Haraszti sagt, dass mit dem Strafmaß weit übers Ziel hinaus geschossen werde. „Es ist, als würde jemand wegen eines falsch ausgefüllten Parkscheins zur Zahlung einer Strafe verpflichtet, die dem Gegenwert eines neuen Autos entspricht, um zu demonstrieren, dass Parkscheine richtig ausgefüllt werden müssen."

Die Supermarktkette will noch „alle eventuellen rechtlichen Möglichkeiten" prüfen, „um gegen das Urteil vorzugehen". Der Rewe-Fall liegt bereits mehrere Jahre zurück: Mitte 2018 übernahm die damalige Tochtergesellschaft Merkur Warenhandels AG (nun Billa Plus) Verkaufsflächen für einen Lebensmitteleinzelhandel im WELAS Park Einkaufszentrum in Wels, wo zuvor die Weiß Handels GmbH einen Lebensmitteleinzelhandel betrieben hatte. Dieser Vorgang wurde bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zuerst nicht als Zusammenschluss angemeldet. Zur deutschen Rewe-Gruppe gehören in Österreich Adeg, Billa, Billa Plus, Bipa und Penny.

Für den Kartellrechtsexperten Peter Stockenhuber von der Universität Wien ist der Kartellobergericht-Entscheid zu Rewe dagegen vollkommen nachvollziehbar. „Der OGH korrigiert nur ein krasses Fehlurteil des Kartellgerichts", sagte Stockenhuber am Donnerstag zur APA. Einen Zusammenschluss nicht bei der BWB anzumelden, sei „kein Kavaliersdelikt." Das Kartellobergericht sage seit längerem in Richtung des Kartellgerichts, „dass Kartellstrafen auf ein internationales Niveau angehoben werden sollen", so Stockenhuber. Der Kartellexperte verwies auch auf den Fall Spar im Jahr 2015, bei dem der OGH als Kartellobergericht die ursprünglich vom Kartellgericht verhängte Strafe von 3 Mio. Euro auf 30 Mio. Euro verzehnfacht hatte. Im Zusammenhang mit der Gründung des Coronamasken-Herstellers Hygiene Austria im Frühling 2020 durch Lenzing und Palmers hat das Kartellobergericht im Herbst 2024 die Strafe gegen Palmers von 5.000 Euro auf 100.000 Euro verzwanzigfacht.

Die Festsetzung der Rekordstrafe basiert auf dem Jahresumsatz der deutschen Rewe-Gruppe von über 92 Mrd. Euro im Jahr 2023. Die Kartell-Strafrahmenobergrenze beträgt bis zu 10 Prozent des Umsatzes, also bis zu 9 Mrd. Euro. „Geldbußen nach dem Kartellgesetz verfolgen präventive und repressive Zwecke, was eine angemessene Höhe erfordert, weil sonst keine abschreckende Wirkung erzielt wird", erklärte der Oberste Gerichtshof am Dienstag. Man habe als OGH „bereits mehrfach klargestellt, dass auch in Österreich zur wirksamen Bekämpfung von Kartellverstößen Geldbußen in einer Größenordnung zu verhängen sind, wie sie auf Unionsebene und in zahlreichen Mitgliedstaaten bereits seit langem üblich" seien.

Der OGH als Kartellobergericht erhöhte die vom Kartellgericht ursprünglich festgesetzte Geldstrafe für Rewe in Höhe von 1,5 Mio. Euro nach Rekursen der BWB und des Bundeskartellanwalts von 1,5 Mio. Euro auf 70 Mio. Euro.

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