Die mächtigsten Österreicher:innen in deutschen Aufsichtsräten

Als der Sportwagenbauer Porsche Anfang Oktober 2022 an die deutsche Börse ging, sorgte das für großen Jubel. Immerhin erhielt der DAX einen namhaften Neuzugang mit einem ebenso prominenten Eigentümer im Rücken. Die Autodynastie Porsche und Piëch, die über ihre Holding Porsche SE bereits größter Anteilseigner von Volkswagen ist, erwarb am Sportwagenbauer ein Aktienpaket, das ihr direkten Einfluss sichert. Und wenig verwunderlich: Im Aufsichtsrat der neu gelisteten Porsche AG sitzen die Vertreter des Autoclans, die bereits bei Volkswagen, dessen schon vor Jahren ausgegliedertem Nutzfahrzeughersteller Traton sowie bei der Porsche SE die Kontrolle ausüben.

Die deutsche Aufsichtsratsszene hat das ganz schön durcheinandergewirbelt. Zwar spielen Österreicher:innen seit Langem eine wichtige Rolle in den Kontrollgremien des Nachbarlandes. Aber heuer ist erstmals die Spitze des Machtrankings der DAX-Familie komplett in österreichischer Hand. Die ersten vier Plätze werden von der Familie Porsche und Piëch und Vertrauten belegt. Neben dem Manager Hans Pötsch sind das die Familienmitglieder Wolfgang Porsche, Hans Michel Piëch und Ferdinand Porsche. Siegfried Wolf, der aufgrund seiner Russland-Nähe umstrittene, aber stark in der deutschen Autobranche engagierte Unternehmer, folgt auf Rang fünf. Und selbst in den top 20 sind noch acht Österreicher vertreten. Mächtigster deutscher Aufsichtsrat ist Georg Schaeffler, ebenfalls ein Mann aus der Autobranche.

Dass so viele hierzulande geborene Manager und Unternehmer nun zu den mächtigsten Kontrolleuren in Deutschland gehören, ist ein Novum. Es ist aber auch eine Entwicklung, die im Nachbarland durchaus kritisch verfolgt wird. "Die Dominanz des Autoclans Porsche und Piëch im DAX ist ein zweischneidiges Schwert", sagt Michael Wolff, einer der profiliertesten Kenner der Aufsichtsratsszene und Professor an der Universität Göttingen: "Per se ist es nicht problematisch, wenn Unternehmerfamilien als Aufsichtsräte ihr Eigentum kontrollieren. Aber wenn man bedenkt, wie viele vor einer großen Transformation stehenden Autobauer und Zulieferer in diesen wichtigen Indices stecken, kann man schon nervös werden."

Für trend hat Wolff die österreichischen Vertreter im 970 Personen umfassenden Aufsichtsräteranking erneut exklusiv anhand der drei Kriterien Reputation, Netzwerk und Status erhoben. Im Jahresvergleich zeigt sich deutlich, dass der Einfluss der Österreicher nicht nur an der Spitze, sondern insgesamt weiter steigt. Mittlerweile sind 55 Personen mit österreichischen Wurzeln vertreten - um zehn mehr als 2022. Damit verringert sich der Abstand zu den Amerikanern, der größten Gruppe ausländischer Mandatsträger in der DAX-Familie.

Von echter Diversität kann im DAX aber noch keine Rede sein. Bis dato geht es vor allem um Geschlechtergerechtigkeit. Hier hat die 2016 in Deutschland eingeführte Frauenquote für bestimmte börsennotierte Unternehmen viel bewirkt. So wurden heuer erstmals mehr Frauen in die DAX-Aufsichtsräte berufen als Männer. Ihr Anteil liegt bei 38 Prozent. DerATX hinkt da noch etwas hinterher.

Von den 14 Österreicherinnen ist Marianne Heiß die bestplatzierte. Dass ihr der Satz in die top 20 gelungen ist, liegt an mehreren Faktoren: ihren zwei DAX- Mandaten und ihrem hochwertigen Netzwerk. Heiß: "Ich finde es großartig, über welche herausragenden und erfahrenen Unternehmerpersönlichkeiten die österreichische Wirtschaft verfügt, und erlebe es als Privileg, mit diesen Unternehmerpersönlichkeiten zu arbeiten."

Überraschender Neuzugang ist Sophie Piëch. Die Tochter von Hans Michel Piëch ist Biochemikerin. Mit 29 Jahren ist sie die jüngste Aufsichtsrätin. Dennoch hat die Porsche SE die Frauenquote als einziges DAX-Unternehmen noch nicht erreicht.