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Nachhaltigkeitsmanager: Manager des Klimawandels

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Nachhaltigkeitsmanager: Manager des Klimawandels
k.A©Getty Images/iStockphoto
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Die Europäische Union verschärft die Vorschriften und Investoren verlangen viel mehr Informationen: Nachhaltigkeitsmanager sind gefragt wie nie, um den Wandel in Unternehmen voranzutreiben.

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Als Alfred Stern Anfang September 2021 seinen Einstand als CEO der OMV gab, nannte er drei Säulen, auf denen er das Unternehmen aufbauen möchte: Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und ein Bekenntnis zu den Pariser Klimazielen. Der neue Chef des Öl-und Gaskonzerns, Österreichs zweitgrößtem Unternehmen, stellte also vorerst verbal in den Mittelpunkt, was längst nicht nur NGOs, sondern auch Investoren fordern: die Transformation des Unternehmens mit 25.000 Mitarbeitern.

Eine, die er davon nicht mehr überzeugen musste, ist Brigitte Bichler (siehe unten). An der Montanuni Leoben, wo seit Jahrzehnten Österreichs Erdölexperten ausgebildet werden, studierte sie schon in den 90er-Jahren Industriellen Umweltschutz. Eine in Österreich einzigartige Ausbildung. Seit 2007 ist sie bei der OMV, heute leitet sie die Abteilung Carbon, Energy and ESG Management, also jene Abteilung, die sich mit den großen Fragen zu Kohlenstoff, Energie und den Nachhaltigkeitszielen der UNO beschäftigt.

Als Stern im März 2022 die neue, deutlich klimafreundlichere Strategie der OMV präsentierte, war viel Input von ihr dabei. "Das heißt nicht, dass ich plötzlich mehr Macht habe", sagt Bichler, "aber das Thema hat mehr Macht. Es ist in der gesamten Organisation angekommen".

OMV: "Jetzt geht's um die Produkte"

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BRIGITTE BICHLER, 49, Leiterin Carbon, Energy and ESG Management, OMV © trend / Sebastian Reich

"ES IST EIN KOMPLETTER KULTURWANDEL", sagt Brigitte Bichler. Jeder OMV-Manager sei heute mit Nachhaltigkeitskriterien vertraut, das mache ihre Arbeit einfacher, aber auch komplizierter, weil noch mehr Ansprüche zu koordinieren seien. Beim Wandel hilft dem Unternehmen die Akquisition der Borealis: "Die Verwertungskette ist natürlich auf einen Schlag länger", sagt Bichler. Als die Montanuni in Leoben das Studium Industrieller Umweltschutz anbot, war sie im ersten Jahrgang dabei, es kamen ein MBA im Energy Management an der WU Wien und Erfahrungen im Umweltbundesamt, im Lobbying und in der EU-Kommission dazu. 2007 landete sie bei der OMV: "Mir war klar, dass ich hier viel bewirken kann", sagt die Managerin. Ihr technisches Verständnis helfe, Mitarbeiter von Nachhaltigkeitsthemen zu überzeugen. Viel Druck kommt nun von den Investoren und den Kunden, die Transparenz und klimarelevante Informationen in der Lieferkette einfordern. Bichler und ihr Team haben die neue Nachhaltigskeitsstrategie erarbeitet, die nun bei den Produkten selbst ansetzt: "Alles wird komplexer, aber es ist ein enormes Zukunftsfeld."

Irgendwas mit Umwelt

So wie in der OMV ist es gerade in vielen Unternehmen: Der Kampf gegen den Klimawandel stellt ganze Geschäftsbereiche in Frage. Investoren verlangen viel mehr Informationen, um einzuschätzen, wie sicher ihre Rendite ist. Konsumenten wollen mit gutem Gewissen einkaufen und die EU will bis 2050 klimaneutral sein und verschärft die CSR-Regeln.

Menschen, die sich vom CO2-Fußabdruck bis zum Impact-Investing, der sozialen Wirkung von Investitionen auskennen, sind plötzlich sehr gesucht, vor allem, seit die Boni von Vorständen teils auch von CO2-Einsparungen abhängen. In vielen Organisationen gibt es diese Leute aber längst. Sie waren in Stabsstellen oder beim Controlling geparkt, gern auch in der Kommunikation. Aus Sicht von Kernfunktionen wie der Produktion waren ihre Aufgaben aber darauf beschränkt, Projekte aufzustellen, um irgendwo Bäume zu pflanzen oder Kinder im globalen Süden zu unterstützen, weil Nachhaltigkeit auch das Soziale umfasst. Das war gut, aber nicht oft wirklich wichtig.

Jetzt steigt allerdings der Druck, etwa auf der regulatorischen Seite: Ab 2023 müssen in der EU alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern neben den geschäftlichen auch nicht finanzielle Ergebnisse wie CO2-Einsparungen berichten. Die Unternehmen werden in die Pflicht und Verantwortung genommen. "Für uns ist das ein Vorteil", sagt Andrea Edelmann (siehe unten). Die EVN erstelle längst freiwillig Nachhaltigkeitskennzahlen, da wäre die neue EU-Richtlinie kein Problem. Auch ein Carbon Accountant, der die Bilanzierung von Emissionen so gut beherrscht wie Buchhalter das Rechnungswesen, sei bereits im Team. Viele Unternehmen suchen gerade nach diesen Spezialisten.

EVN: "Es ist eine Win-Win-Situation"

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ANDREA EDELMANN, 47, Leitung Innovation, Nachhaltigkeit und Umweltschutz, EVN © beigestellt

"DIE NACHHALTIGKEIT IST SCHON IN DIE INNOVATIONEN INKLUDIERT", sagt Andrea Edelmann und ist überzeugt davon, dass das der richtige Weg ist, um Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft des Energieunternehmens EVN zu bringen. Das Team, das sie seit 2018 leitet, setzt sich aus elf Nachhaltigkeits-, Umwelt-und Innovationsmanagern zusammen. Es lieferte zuletzt auch viel Input zur Unternehmensstrategie 2030. Eine eigene Klimainitiative, um mehr nachhaltiges Energie-und Umweltgeschäft zu erschließen, ist gerade in Fertigstellung: "Wir haben die CO2-Emissionen in Österreich seit 2005 bereits um rund zwei Drittel reduziert, aber wir haben noch viel vor", sagt Edelmann. Nachhaltigkeit sei bei der EVN kein Randthema für Einzelkämpfer mehr, sondern die Grundlage für neue Geschäftsfelder: "Hier gibt es Win-Win- Situationen, wenn man sie mit den Geschäftsfeldern herausarbeitet."

Edelmann, die beim niederösterreichischen Energieversorger EVN Nachhaltigkeits- und Innovationsmanagement verantwortet, zählt wie Brigitte Bichler von der OMV zu den herausragenden Nachhaltigkeitsmanagerinnen des Landes. Beide sind über das eigene Unternehmen hinaus engagiert. Bichler etwa hat zur EU-Taxonomie beigetragen, die für Finanzprodukte vereinheitlicht, was als nachhaltig gilt und was nicht. Edelmann ist Vereinsvorstandsmitglied des Green Energy Lab, das Forschung zu Energielösungen vorantreibt.

Während börsennotierte Unternehmen und vor allem der Energiesektor seit Jahren klimarelevante Daten erheben, müssen andere sich das erst erarbeiten. Nastassja Cernko, die bei der Oesterreichischen-Kontrollbank-Gruppe für Nachhaltigkeit und Strategie zuständig ist, eruiert etwa gerade, welche ökologischen und sozialen Auswirkungen die Geschäfte haben, die das Unternehmen finanziert: "Es ist eine Herausforderung, die Daten zu erhalten und zu standardisieren", sagt Cernko. In Zukunft würden Banken solche Informationen öfter einfordern, was vielen kleinen und mittleren Unternehmen noch nicht klar sei.

OeKB: "Klare Kriterien für Investitionen"

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NASTASSJA CERNKO, 38, Gruppenleitung Nachhaltigkeit, Projektanalyse, Strategie, OeKB © trend / Sebastian Reich

"MAN MUSS LUST HABEN, SEHR VERSCHIEDENE THEMEN zu bearbeiten", beschreibt Nastassja Cernko ihren Beruf. Seit Juli leitet sie den Bereich Nachhaltigkeit, Projektanalyse und Strategie der OeKB-Gruppe, zu der neben der Kontrollbank auch die Entwicklungsbank und die Hotel-und Tourismusbank (ÖHT) gehören. "Für uns als Bank ist etwa relevant, wie wir Nachhaltigkeitsrisiken in die Risikobewertung integrieren, aber auch wie wir bis 2025 den Bankbetrieb klimaneutral machen", sagt Cernko. Ihr Kernteam besteht aus sechs Mitarbeitern, in den Tochterbanken gibt es klar definierte Ansprechpartner. Cernko begann nach dem Studium der Internationalen Entwicklung bei der OMV und sammelte Beratungserfahrung, bevor sie 2017 zur OeKB kam. Federführend entwickelte sie das Sustainable Finance Framework, das anhand von sieben ökologischen und vier sozialen Kriterien festlegt, was mit mittlerweile zwei Nachhaltigkeitsbonds der OeKB finanziert wird. "So kommt die Nachhaltigkeit direkt ins Kerngeschäft", sagt Cernko. Neue Regularien sieht sie nicht als bloße Bürokratie, sondern will sie sinnvoll in den Banken nutzen.

Zentral im Kerngeschäft

Mit guten Daten fängt das Nachhaltigkeitsmanagement aber erst an. "Es geht um Fragen, die über das Unternehmen hinausreichen und hochgradig wettbewerbsrelevant sind", sagt André Martinuzzi, der auf der Wirtschaftsuniversität Wien das Institut für Nachhaltigkeitsmanagement leitet. Das sei aber noch nicht in allen Unternehmen angekommen.

Wenn Nachhaltigkeitsmanager aber sowohl die Stakeholder als auch die technischen Prozesse, den Markt wie auch die Regularien verstehen, strategisch denken, einen guten Draht zum Vorstand haben und Change-Prozesse antreiben, dann können sie laut Martinuzzi wirklich etwas bewirken. "Man ist in dieser Rolle automatisch die, die immer Veränderung verlangt, was dann nicht immer gleich gewünscht wird", sagt Nastassja Cernko. Es hilft, gut vernetzt zu sein und zu kommunizieren.

Aufklärung und Trainings zählen nämlich zum Standardprogramm für Nachhaltigkeitsmanager, die ihr Thema in den Organisationen verankern sollen. Immer öfter geht es für Nachhaltigkeitsmanager aber auch um strategischen Input oder sogar um die konkrete Umsetzung.

Magna: "Kunden fordern Nachhaltigkeit ein"

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MARKUS BINDER, 39, Nachhaltigkeits- und Energiemanagement in Europa, MAGNA © Trend Lukas Ilgner NEU

"FÜR KUNDEN IST DER CO2-FUSSABDRUCK HEUTE GENAUSO EIN KRITERIUM wie das Gewicht eines Fahrzeugs oder eines Bauteils", sagt Markus Binder, der beim Zulieferer Magna europaweit für Nachhaltigkeits- und Energiemanagement zuständig ist. Eine neue Technologie, die den CO2-Verbrauch beim Fahren vermindert, hat Magna gerade auf der Automesse IAA präsentiert. Kunden, Investoren und die Öffentlichkeit haben das Thema auch bei Magna zentral ins Kerngeschäft gebracht. Für die rund 115 Standorte hat Binder zuletzt ein Playbook erstellt, wie sie das große Ziel erreichen können, europaweit bis 2025 klimaneutral zu produzieren. Die Maßnahmen setzen vor allem bei Energieeffizienz und grünem Strom an. "Ohne Emissionen wird es aber nicht gehen, weshalb auch zertifizierte Klimaschutzprojekte geplant sind", sagt Binder. Am Standort Graz wird das Ziel 2022 erreicht. "Im nächsten Schritt gehen wir die Lieferkette an", sagt Binder. Einer der zwei neuen Kollegen, die den Energiespezialisten ab Oktober unterstützen, soll sich ganz darauf fokussieren. Der Nachhaltigkeitsmanager betont aber: "Ökologische Themen stehen gerade im Vordergrund, doch soziale und wirtschaftliche Faktoren bleiben genauso wichtig."

Markus Binder, der das Nachhaltigkeits- und Energiemanagement für den Kfz-Zulieferer Magna in Europa leitet (siehe Beispiel oben), hat zum Beispiel ein Playbook erarbeitet, auf dessen Basis die 150 Magna- Standorte in Europa bis 2025 klimaneutral produzieren sollen. Große Investitionen in grüne Energie und Energieeffizienz sind unumgänglich. Als Nächstes geht er mit seinem Team gemäß der EU-Taxonomie die Lieferkette an, weil die Kunden des Automobilzulieferers die Nachhaltigkeit bis ins Detail verstehen möchten - und hier auch Verbesserungspotenzial liegt. Im Idealfall führt Nachhaltigkeitsmanagement schließlich genau dorthin: Die regulatorischen Vorgaben werden eingehalten und es entstehen nachhaltigere, aber auch wettbewerbsfähigere Produkte.

Das ist auch die erklärte Aufgabe von Thomas Kahl (siehe unten), der beim Papierspezialisten Mondi das Projekt EcoSolutions leitet. Die EU hat vorgegeben, dass sich die Recyclingquote bis 2035 verdoppelt, und das ist auch in der hoch optimierten Verpackungsbranche keine triviale Aufgabe. Mit einem ultraleichten und sehr gut zu recycelnden Beutel hat er Mondi aber zum Beispiel bereits einen neuen großen Kunden beschert. Nach fünf Jahren Entwicklung. Es gibt Druck, es gibt Rückenwind, aber es gibt laut Thomas Kahl auch nichts zu beschönigen: "Man braucht viel Leidenschaft in diesem Beruf, aber auch eine gewisse Ausdauer."

Mondi: "Weniger Material, mehr Recycling"

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THOMAS KAHL, 52, Projektmanager EcoSolutions, Mondi © trend Sebastian Reich

"ES GEHT DARUM, DIE DINGE ANDERS ZU MACHEN", sagt Thomas Kahl, der den Verkauf in der D-A-CH- Region leitete, bevor er diese neue zentrale Nachhaltigkeitsrolle übernahm. Seither arbeitet der gebürtige Deutsche daran, neue Trends am globalen Markt zu erkennen und in nachhaltige Produkte zu übersetzen, die weniger Emissionen als bisher haben. Für die Putzmittelmarke Frosch etwa wurde ein neuer Beutel entwickelt. Er spart 70 Prozent an Verpackungsmaterial und hat eine tatsächlich hohe Recyclingqualität. Einen einstelligen Millionenbetrag hat Mondi investiert: "Fünf Jahre dauerte diese Entwicklung, da braucht man auch eine gewisse Ausdauer", sagt Kahl. Im EcoSolutions-Projekt arbeiten sechs Personen und berichten direkt an den Vorstand. Der Innovationsdruck ist groß: Die EU hat die Recyclingziele verdoppelt. Kahl: "Ich bin davon überzeugt, dass das richtig ist, und dafür habe ich eine große Leidenschaft."

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