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VW-Krise: Der Deutsche Musterkonzern im Ausnahmezustand

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Dunkle Wolken über dem Volkswagen-Konzern: VW muss den Sparstift ansetzen.

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Die Krise im Volkswagen-Konzern spitzt sich zu. Konzernchef Oliver Blume will den Branchengiganten mit einem massivem Sparkurs wieder auf Schiene bringen. Nachdem die Tarifverträge mit den Mitarbeitern aufgekündigt wurden drohen der Verlust tausender Arbeitsplätze und Werksschließungen. Der Betriebsrat droht mit Streiks, von der Politik kommen bislang wenig Signale für eine mögliche Unterstützung.

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Der Volkswagen-Konzern steckt in einer der tiefsten Krisen seiner Geschichte. Auch wenn es das Bild auf Österreichs Straßen nicht vermuten lassen würde: Es ist genau die Kernmarke VW, die dem Automobilgiganten Probleme bereitet und bei der nun massive Einschnitte anstehen - mit äußerst unangenehmen Folgen wie Werksschließungen, Verlust tausender Arbeitsplätze und negativen Auswirkungen für die Zulieferindustrie.

Die Ursachen der Krise sind sowohl in der Transformation der Automobilindustrie zu suchen als auch in der generell schwierigen Lage des europäischen Automarkts und der schlechteren Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produktionsstandorte, die mit der generellen Standortproblematik der Deutschen Wirtschaft einhergeht. Dazu kommt die neue, starke Konkurrenz aus China, die den alteingesessenen europäischen Marken um die Ohren fährt. Das Unternehmen Volkswagen hat es jedoch auch bislang nicht geschafft, ein E-Modell in den Handel zu bringen, das dem im Markennamen enthaltenen Versprechen sinngemäß gerecht wird.

Das Wirtschaftswunderland, die europäische Konjunkturlokomotive, strauchelt und mit ihm eines seiner Vorzeigeunternehmen.

Eine Konzernsprecherin erklärte dem Manager Magazin gegenüber: "Klar ist: Volkswagen muss an seinen deutschen Standorten seine Kosten reduzieren." Nur so könne die Marke ausreichend Geld für Zukunftsinvestitionen verdienen. "Wie wir gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung dieses Ziel erreichen, ist Teil der anstehenden Gespräche", sagte sie. Die genannte Zahl könne VW nicht bestätigen. Das Magazin nennt jedoch die Zahl von "bis zu 30.000 Stellen" der aktuell noch rund 120.000 in Deutschland Beschäftigten, die reduziert werden müssten.

Gewerkschaft droht mit Streiks

Am 25. September starten die diesbezüglichen Verhandlungen mit der Gewerkschaft IG Metall, und die Fronten sind dabei von Anfang an verhärtet, die Weichen bereits Richtung Arbeitskampf gestellt.

Am 10. September hat Volkswagen hat die seit 1994 geltende Beschäftigungssicherung formal aufgekündigt. Das Kündigungsschreiben wurde der Gewerkschaft übermittelt. Der Vertrag läuft damit Ende 2024 aus. Von diesem Zeitpunkt gerechnet sechs Monate später sind dann betriebsbedingte Kündigungen möglich, also ab Juli 2025.

Personalvorstand Gunnar Kilian hat zwar angekündigt, dass der Konzern über einen neuen Vertrag verhandeln will, Betriebsratschefin Daniela Cavallo jedoch stante pede ihren Widerstand: "Wir werden uns gegen diesen historischen Angriff auf unsere Arbeitsplätze erbittert zur Wehr setzen. Es wird mit uns keine betriebsbedingten Kündigungen geben", erklärte sie und kündigte den Arbeitskampf an: "Wir werden uns gegen Werksschließungen und Massenkündigungen wehren mit allem, was wir haben - bis hin zum Arbeitskampf! Es geht jetzt wirklich um alles."

Cavallo sieht VW im "Ausnahmezustand". Die einseitige Kündigung des seit 30 Jahren bestehenden Tarifvertrags durch das Unternehmen und die damit wegfallende Job-Garantie ist für die Betriebsratschefin ein "historischer Tabubruch". "Und den lassen wir uns nicht gefallen", sagte Cavallo. "Wir machen keine Werke dicht. Wir wollen eine Verlängerung der Beschäftigungssicherung." Die Job-Garantie solle sogar weiter über das Jahr 2029 hinaus verlängert werden. Gleichzeitig forderte sie sieben Prozent mehr Lohn in der aktuellen Tarifrunde. Und stellt Arbeitsstreiks in den Raum. Die Friedenspflicht bei Volkswagen läuft Ende November aus. Ab Dezember wären dann auch Warnstreiks möglich.

Zeichen auf rot

Die Einschätzung, dass die Zeichen auf rot stehen und die Kernmarke einer Rosskur unterworfen werden muss, um im internationalen Wettbewerb wieder Schritt halten zu können, vertritt indessen nicht nur Konzernchef Blume. Auch namhafte Ex-Manger des Volkswagen-Imperiums halten massive Einschnitte für unvermeidlich.

Der frühere Porsche-Chef und VW-Aufsichtsratsmitglied Wendelin Wiedeking etwa meint, dass Blume keine andere Wahl als eine harte Sanierung habe. Auch zu seiner Zeit seien "immer schon zu viele Leute an Bord" gewesen. Aus seiner Sicht brauche VW neue Strukturen, müsse "anders arbeiten, effizienter werden", erklärte Wiedeking im Gespräch mit der Deutschen "Bild" Zeitung weiter. Alle Standorte müssten sich international dem Wettbewerb stellen, das gelte auch für den Standort Wolfsburg.

Der frühere VW-Chef Herbert Diess gibt seinem Nachfolger Oliver Blume Rückendeckung beim neuen Sparkurs in Wolfsburg. Die von VW angekündigten harten Einschnitte seien unvermeidlich, sagte er in zwei Interviews mit dem Magazin "Stern" und der "Wirtschaftswoche". Der Volkswagen-Betriebsrat forderte unterdessen nach der gestrigen Aufkündigen der seit 1994 geltende Job-Garantie rasche Gespräche zwischen Management und Arbeitnehmerseite.

In die selbe Kerbe schlägt auch Herbert Diess, der bis August 2022 Chef des Volkswagen-Konzerns war. Volkswagen müsse die Produktivität verbessern und die Effizienz steigern. Die Produktivität der meisten deutschen VW-Werke reiche nicht, um die hohen Lohnkosten auszugleichen, so Diess im "Stern".

Betriebsratschefin Cavallo stellt die Problematik auch gar nicht in Abrede. "Volkswagen geht es schlecht", räumt sie ein. Hier gebe es keinen Dissens. Die Belegschaft sei auch bereit, "weitere Schritte" zu gehen, um die Kosten zu senken. Das angekündigte Sparprogramm werde aber VW aber nicht zukunftsfest machen. "Wenn wir jetzt nicht auch über langfristige Konzepte sprechen, befeuern wir eine Abwärtsspirale", betont Cavallo.

Ruf nach politischer Unterstützung

Die VW-Betriebsratschefin ruft auch nach mehr Unterstützung von der Politik. Die jüngst verbesserte Förderung für Elektro-Dienstwagen sei unzureichend. Die im Dezember 2023 ausgelaufene E-Auto-Kaufprämie für private Haushalte sollte wieder eingeführt werden, um die Nachfrage anzukurbeln.

Bei der deutschen Bundesregierung und dem Land Niedersachsen, das mit einem Anteil von 20 Prozent zweitgrößter Aktionär der Volkswagen AG ist, ist man einer "Lex VW", die dem Autobauer helfen könnte auch gar nicht abgeneigt. Wirtschaftsminister Robert Habeck räumt ein, das das Unternehmen für Deutschland zentrale Bedeutung hat. Bund und Land dächten darüber nach, wie man den Sanierungskurs unterstützen könne. Konkrete staatliche Hilfen in Form von Geld dürfte es jedoch nicht geben. "Der Großteil der Aufgaben wird von Volkswagen selbst gelöst werden müssen", sagte Habeck bei einem Besuch im VW-Werk in Emden.

Die Politik müsse aber prüfen, "ob wir Marktsignale richtig setzen oder noch verstärken können". Konkrete Zusagen, etwa hinsichtlich einer neuen E-Mobilitätsförderung für private Haushalte, ließ sich Habeck jedoch bislang nicht entlocken. Er erklärte aber, dass mögliche neue Maßnahmen rückwirkend gelten würden. An E-Autos interessierte sollen sich - so die daraus lesbare Message - nicht zurückhalten.

Damit von einer indirekt angesprochenen Kaufprämie auch die Marke VW maßgeblich profitieren kann, sind jedoch auch die entsprechend-ansprechenden Modelle erforderlich. Angesichts der bisherigen Verkaufszahlen ist fraglich, ob Volkswagen hier schon den berühmten Stein der Weisen gefunden hat.

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